alte Postrutschen
APA/BARBARA GINDL
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Kultur

Ars Electronica zum letzten Mal in Post City

2015 eroberte sich die Ars Electronica das 100.000 Quadratmeter umfassende Postverteilzentrum am Linzer Hauptbahnhof zum ersten Mal mit der Festivalausgabe „Post City“. Heuer wird der Komplex unter dem Titel „Out of the Box“ zum letzten Mal bespielt.

Mit der riesigen Location explodierte das Festival, umfasste statt vorher etwa 200 nun im Laufe der fünf Jahre bis zu über 500 Einzelveranstaltungen. Nach und nach wurden die Räume des Logistik-Baus erschlossen.

Die große Rutschenhalle mit den blauen Postrutschenspiralen und die 250 Meter lange Gleishalle waren schon 2015 Magneten, während es im Keller noch bei einem Blick in den Bunker blieb. Ein Jahr später war der Keller mitsamt Atombunker und langen Gängen Heim der Themenausstellung „Radical Atoms – Alchemists of our Time“. Für heuer versprach Festivalleiter Martin Honzik eine denkwürdige Bespielung der Kellergänge.

Festivalleiter Martin Honzik und  Karl Schmidinger (technischer Leiter des Festivals) in der Rutschenhalle 2018
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Festivalleiter Martin Honzik und Karl Schmidinger (technischer Leiter des Festivals) in der Rutschenhalle bei einem Rundgang anlässlich des Ars Electronica Festivals „Error – the art of imperfection“

2017 kam der Gallery Space im Untergeschoß des Komplexes hinzu, der mittlerweile nicht nur Galeristen und (Medien-)Kunstschaffende sondern auch Sammler anlockt. Voriges Jahr wurde das Dach erobert und verwandelte sich zu „Himatsubushi“, einem Raum für Ruhe und Muße. Heuer wird ein ganzes Haus neu dazukommen, das Art Thinking House. Unter anderem wird das Animation Festival vom Central in der Landstraße dorthin wandern.

Die 100.000 Quadratmeter bespielt die Ars Electronica heuer im fünften Jahr „mit dem Quäntchen mehr an Erfahrung, somit ist eine weitere Qualitätssteigerung zu erwarten“, schickte Honzik voraus. Man lerne die Atmosphäre und die Textur des Raumes zu lesen. Dieses Jahr sei das Team bei der Auswahl und Positionierung der einzelnen Projekte besonders sorgfältig vorgegangen, habe sich extra viel Zeit genommen.

Neue Ideen für Zukunft

Wehmut kommt – zumindest bei Honzik – trotzdem nicht auf. Die zuvor jährlich wechselnden Standorte hätten Sinn gemacht, „dieses Sich-selbst-erfinden ist die DNA der Ars Electronica“. Jetzt habe man fünf Jahre Museum gespielt, indem man Programmpunkte am selben Platz wiederholen, evaluieren und verbessern konnte. Dass nun damit Schluss sei, „ist aber auch gut so“. „Ob wir wollen oder nicht, wir werden die Ars Electronica im nächsten Jahr in einem neuen Kleid sehen, an einem anderen Ort, es gibt schon ein paar Ideen“, so Honzik. Womöglich stehe schon im Herbst fest, wo das Festival 2020 stattfindet.

Es sei die Lust da, den Weg des Umfangreichen weiterzugehen. „Wir sind die, die jedes Jahr ein Stück weniger an Förderungen kriegen, haben das immer gut kompensiert und man wird sehen, wie die finanziellen Mittel für nächstes Jahr aussehen, danach wird sich das Ganze auch richten.“

Roboterarm als Kunstobjekt bei Ars Electronica
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Arbeiten an einer Installation in der Gleishalle der Post City beim Ars Electronica Festival 2018

Partnerschaften spielen eine große Rolle für die Dimension des Festivals, das sich in der PostCity zur großen Plattform entwickelte. Durch die erhöhte Strahlkraft wurden Partner außerhalb der Kunstwelt angelockt und regionalen wie internationalen Unternehmen, neuen Interessenten wie der Wirtschaftskammer, der HelferInnenkonferenz und dem Tourismus eine Bühne mit ganz neuen Perspektiven geboten. Es gehe darum, eine Landehilfe zu geben, eine Vertrauensebene zu schaffen, in der „Leute, die dich als exotisch sehen, mit dir dieses Abenteuer eingehen“, erklärte Honzik. Etliche Partner hätten aufgrund dieser befruchtenden Zusammenarbeit auf Vertrauensbasis die Eigenleistung und somit die Mittel erhöht. „Wir hoffen, dass es so weitergeht“.

Egal, wo das Festival sich örtlich hinentwickle, „es wird in derselben inhaltlichen Richtung bleiben und wir werden unsere Rolle in der Kulturpolitik, national und international, beibehalten und messen, was Technologie uns bringen wird und wovor wir uns schützen sollen“, so Honzik.

Aus Post City werden u.a. Wohnungen

Nach dem heurigen Festival „Out of the box – die Midlife-Crisis der Digitalen Revolution“ von 5. bis 9. September sollen aus dem ehemaligen Postverteilzentrum ein Hotel, Lokale, Büros, Geschäfte und auch Wohnungen werden, heißt es von der Post. Noch im Herbst soll die Entscheidung, wie das Areal neben dem Bahnhof künftig aussehen wird, im Architektur-Wettbewerb fallen, dann geht es an die Flächenwidmung und den Bebauungsplan. Ob alles abgerissen wird oder Teile der Gebäude erhalten bleiben, steht noch nicht fest – was entstehen soll jedoch schon. „Wir haben den Nutzungsmix mit der Stadt Linz ausgearbeitet“, so Post-Sprecher Michael Homola. Wegen dem Westring, der auch am Hauptbahnhof vorbeiführen wird, gebe es keine Bedenken, denn es seien Gutachten zu Verkehr, Schall und Luft vorhanden.

Post-Komplex beim Bahnhof von oben
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Bereits 2011 stand fest, dass das Postverteilzentrum am Bahnhof zu klein wird. Deshalb wurde ein neues, größeres in Allhaming (Bezirk Linz-Land) gebaut. Am Bahnhof wurden im November 2014 die letzten Sendungen bearbeitet; dann wurde sukzessive ausgeräumt und fast ein Jahr darauf zog das Ars Electronica Festival mit „Post City“ das erste Mal ein. Danach dienten die Hallen im Herbst 2015 als Flüchtlingsquartiere. Bis September 2016 wurden diese nicht mehr benötigt und abermals kam das Medienkunstfestival in den Genuss der Location.