Verschwommene Menschenmenge
ÖSAK/KU-Linz
ÖSAK/KU-Linz
Religion

Ökumenische Sommerakademie zur Spaltung

Links gegen rechts, Stadt gegen Land oder Muslime gegen Christen. Diese plakativen Konflikte bergen gewaltige Sprengkraft. Wie die Gesellschaft damit umgehen soll, darüber wird in den kommenden Tagen im Stift Kremsmünster diskutiert. Fest steht: Kirchen haben heute nicht mehr genug Kraft oder Einfluss, alleine Lösungsvorschläge zu präsentieren.

Hohe kirchliche Feste, wie Weihnachten, Ostern oder Fronleichnam scheinen bei den Katholiken noch zu funktionieren. So marschieren zum Beispiel rund zwei Millionen Menschen in Österreich jedes Jahr bei den Fronleichnamsprozessionen mit. Aber in erster Linie sind es die ländlichen Regionen, wo eine solche Veranstaltung noch ein echtes Volksfest ist.

Fronleichnam Königswiesen 2019, Prozession auf Blütenteppich
ORF
In Königswiesen (Bezirk Freistadt) ist die Fronleichnamsprozession noch ein Ereignis

Soziale Gegensätze über Jahre gewachsen

In den Städten sind es meist andere Events, die die Menschen anziehen. Religiöses Brauchtum ist zum Minderheitenprogramm geworden. Das liege vor allem daran, dass am Land und in den Städten soziale Gegensätze gewachsen seien, die wir so früher nicht gekannt hätten, sagt der Sozialwissenschafter Sighard Neckel von der Universität Hamburg. Dazu gehöre natürlich auch die Religiosität. Neckel stellt aber auch fest, dass auch in den Städten in den bürgerlichen Schichten gerade wieder ein Bedürfnis nach Werten entsteht.

Einigende Kraft der Religionen ging verloren

Im Stift Kremsmünster ist man im Rahmen der „Ökumenischen Sommerakademie“ noch bis Freitag auf der Suche nach Antworten auf diese Herausforderung. Denn die Zeiten, als eine Handvoll Religionsgemeinschaften und Parteien die Gesellschaft zusammenhalten konnten, sind vorbei.

Blick ins Publikum bei der Ökumenischen Sommerakadmie 2019
Diözese Linz/Kraml
In Kremsmünster diskutieren Vertreter verschiedener Religionen und Laien

„Verbuntung“ der Gesellschaft

Theologe Paul Zulehner sieht das Problem nicht so sehr in der Polarisierung, sondern zunächst in der „Verbuntung“ der Gesellschaft, wie er ganz salopp sagt: „Dass wir eine große Vielfalt haben, z.B. in der Religion. Leute, die zu keiner Kirche gehören. Leute, die sich anstrengen, Gott wegzuglauben. Leute, die sich anstrengen, Gott herzuglauben.“ Und Zulehner stellt auch fest, dass zur Kirche genauso Menschen gehören, die etwa gegen Migration sind. Es sei nun die Herausforderung für die Kirche, auch jenen Menschen inmitten ihrer Ängste wieder ein wenig Vertrauen zu vermitteln, so der Theologe und Philosoph.

Großes Thema Migration

Die Zuwanderung ist überhaupt auch innerhalb der Kirchen ein vieldiskutiertes Thema. So vertritt etwa der Theologe Christian Spieß von der Katholischen Privatuniversität Linz die Ansicht, dass die Kirche bei der Zuwanderung eigentlich keine Wahl habe, denn die Offenheit für Menschen in Notlagen gehöre einfach zur Genetik der Kirche und des Christentums. Das mache es de facto unmöglich eine rigoros Migranten-feindliche Politik durchzuziehen.

Die Diskussion um die Spaltung der Gesellschaft geht bei der Ökumenischen Sommerakademie im Stift Kremsmünster noch bis Freitag weiter.