Empörung über „Rattengedicht“ der FPÖ

Empörung gibt es über einen Artikel der FPÖ Braunau. Dort werden in einem langen Gedicht unter dem Titel „Die Stadtratte“ Flüchtlinge und Migranten mit Ratten verglichen, kritisiert die SPÖ. Sie fordert den Rücktritt von FPÖ-Chef Landeshauptmann Manfred Haimbuchner.

In dem FPÖ-Postwurf, der an alle Braunauer Haushalte ging, steht das lange Gedicht unter dem Titel „Die Stadtratte“. Darin finden sich holprig gereimte Passagen über Zuwanderung und einen dadurch angeblich entstehenden Verlust der eigenen Kultur. Weiters beklagt der Verfasser, dass es für Flüchtlinge sofort Geld gebe. Und zuletzt warnt er noch vor dem Durchmischen der Kulturen.

Zahlreiche Rücktrittsaufforderungen

In dem Gedicht des Braunauer Vizebürgermeisters Christian Schilcher seien Flüchtlinge und Migranten mit Ratten verglichen worden, kritisierte am Montag die SPÖ Oberösterreich. Daraufhin gab es auch von der ÖVP und von den Grünen empörte Reaktionen, Distanzierungs- und teils auch Rücktrittaufforderungen. Selbst Bundeskanzler Kurz meldete sich mit scharfer Kritik zu Wort.

Verfasser: „Wollte provozieren, nicht beleidigen“

Schilcher nahm am Montagnachmittag Stellung zu seinem viel kritisierten Werk. „Ich wollte mit meinem Text provozieren, aber keinesfalls beleidigen oder gar jemanden verletzen“, teilte er in einer Aussendung mit. „Dass der Vergleich von Mensch und Ratte historisch belastet und mehr als unglücklich ist, ist ein Faktum und es tut mir aufrichtig leid, das missachtet zu haben“, so Schilcher weiter. Er habe schlicht aus Sicht eines Tieres, das eine Stadt von unten beobachtet, Veränderungen beschrieben, die er und andere „durchaus zu Recht“ kritisieren würden. Dafür habe er sich selbst und seine Familie in die Perspektive der Tiere gesetzt.

Zugleich bat Schilcher um Verständnis für seine „unscharfen, tatsächlich zu wenig präzis durchdachten Formulierungen“. Er habe nur sagen wollen: „Wer zu uns kommt und sich an unsere Gesetze hält, kann ein Teil von uns werden, wer unsere Gesetze und Gebräuche miss- oder gar verachtet, kann das nicht.“ Auf Anfrage des ORF Oberösterreich meinte Schilcher noch am Montag, dass er sein Amt als Braunauer Vizebürgermeister nicht zurücklegen werde.

Gerstorfer fordert Konsequenzen

Die SPÖ Oberösterreich übte als erste Partei heftige Kritik. SPÖ-Chefin Landesrätin Birgit Gerstorfer sprach von einer Hetzschrift und fordert Konsequenzen: Die Zeitung sei laut Impressum von der FPÖ Oberösterreich verlegt und gedruckt worden. Den Inhalt könne FPÖ-Chef Haimbuchner also nicht mit Unwissenheit kleinreden. Darum müssten alle Verantwortlichen, von Haimbuchner bis zum Braunauer Stadtparteivorsitzenden Hubert Esterbauer auf der Stelle zurücktreten, forderte Gerstorfer.

Stelzer: „Dieses ‚Gedicht‘ ist widerlich“

„Dieses ‚Gedicht‘ ist widerlich“, reagierte Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP), der mit der FPÖ auf Landesebene in einer Koalition ist, auf APA-Anfrage auf das „Rattengedicht“. „In einem weltoffenen Land wie Oberösterreich haben solche Vergleiche keinen Platz und werden auch nicht toleriert. Ich erwarte mir, dass sich die FPÖ rasch und deutlich von diesem ‚Gedicht‘ distanziert“, meinte er.

Rendi-Wagner: „Konsequenzen durch Kanzler“

SPÖ-Bundesparteiobfrau Pamela Rendi-Wagner erinnert das Gedicht „fatal an einen sprachlichen Umgang mit Menschengruppen, wie er in der NS-Propaganda üblich war“. Sie nahm gegenüber der APA Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in die Pflicht. Dieser habe erklärt, die FPÖ sei an ihren Taten zu messen. „Will der Kanzler in dieser Sache Glaubwürdigkeit haben, muss er jetzt handeln“, forderte Rendi-Wagner Konsequenzen durch den Kanzler.

Kurz fordert Distanzierung durch FPÖ Oberösterreich

Kurz forderte von Oberösterreichs Freiheitlichen eine Distanzierung von dem ausländerfeindlichen Gedicht der FPÖ Braunau: „Die getätigte Wortwahl ist abscheulich, menschenverachtend sowie zutiefst rassistisch und hat in Oberösterreich und im ganzen Land nichts verloren“, so Kurz am Montag gegenüber der APA. „Es braucht sofort und unmissverständlich eine Distanzierung und Klarstellung durch die FPÖ Oberösterreich“, meinte Kurz. Dabei stelle er sich auch hinter Landeshauptmann Stelzer, der „schnell und richtig“ gehandelt habe. „Hier darf nicht weggeschaut werden, sondern es müssen klar Grenzen gezogen werden“, so der Bundeskanzler.

Grüne: „Letzte rote Linie überschritten“

Kritik äußerte am Montag auch der grüne Bundesrat und Gemeinderat in Braunau am Inn, David Stögmüller. Das „unfassbare Gedicht erinnere in Stil und Inhalt an das dunkelste Kapitel unserer Geschichte“, so Stögmüller. Er forderte Esterbauer auf, umgehend von allen Ämtern zurückzutreten, denn jetzt sei die letzte rote Linie überschritten worden.

„Nicht Linie der Partei“

Esterbauer stellte am Montag gegenüber dem ORF Oberösterreich klar: „Die Stadtratte“ sei eine Kolumne des freiheitlichen Vizebürgermeisters von Braunau. Was der hier gereimt habe, sei weder Linie der Partei noch seine, Esterbauers, Linie. Hier sei eindeutig übers Ziel hinausgeschossen worden. Darum werde man mit dem Vizebürgermeister auch Klartext reden und die Kolumne sowie den redaktionellen Ablauf sofort ändern, zeigte sich der Braunauer FPÖ-Chef am Montag verärgert über die „fragwürdigen Reime“.

Haimbuchner: „Nichts mehr hinzuzufügen“

FPÖ-Parteichef Haimbuchner sagte Montagnachmittag gegenüber dem ORF Oberösterreich, der Aussage Esterbauers sei nichts mehr hinzuzufügen. Und zur Rücktrittsforderung der SPÖ an ihn hielt er in einer Medienaussenung fest: „Die SPÖ soll sich um die wirklichen Probleme und Sorgen der Menschen kümmern und zur Sachpolitik zurückkehren“. Aber dafür fehle es den Genossen offenbar an Inhalten.

Schreiner: „Misslungener Versuch“

FPÖ-Landesparteisekretär Erwin Schreiner meinte Montagnachmittag in einer Aussendung: „Die Allegorie von Ratte und Mensch ist historisch belastet, daher geschmacklos und abzulehnen. Dass der Autor auch sich selbst in diesen Rattenvergleich miteinbezieht, macht die Sache dabei nur unwesentlich besser.“ Letztlich sei das ganze Gedicht ein misslungener Versuch, ein ernstes Thema in Versform aufzuarbeiten. Die FPÖ OÖ lehne jeglichen Rassismus ab und trete dagegen auf, so Schreiner. Der Text sei keinesfalls abwertend oder beleidigend gedacht gewesen, der Autor sei nach einem klärenden Gespräch einsichtig, so Schreiner.