Alles liest: Oberösterreichs Bücherfrühling

Wer sich gerne mit druckfrischem Lesestoff umgibt, findet jetzt überdurchschnittlich viel Heimisches: Gleich mehrere oberösterreichische Schriftstellerinnen und Autoren veröffentlichen derzeit ihre Neuerscheinungen.

Die Bandbreite der Werke ist groß: Von vielschichtigen Romanen über Lyrik bis hin zum Essay reichen die literarischen Arbeiten, die inhaltlich höchst Unterschiedliches bieten. Viele der Bücher werden dem Publikum in ganz Oberösterreich auch in Form von Lesungen nahegebracht. Eine der Gelegenheiten, so manchen Literaturschaffenden persönlich kennen zu lernen, bietet der Österreichische Vorlesetag Ende März

Evelyn Grill: Psychogramm mit Tiefgang

An die Untiefen der menschlichen Seele rührend gestaltet die in Linz lebende Autorin Evelyn Grill ihren neuen Roman „Der Begabte“ (Residenz Verlag) zu einem Psychogramm, das alles andere als kalt lässt. Ein Maturant, musikalisch sehr begabt und gefördert vom ehrgeizigen Großvater, wartet im Gefängnis auf eine erneute Verhandlung. Was genau dem jungen Mann zur Last gelegt wird, erschließt sich dem Leser nach und nach im Verlauf der spannungsvollen Geschichte.

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Evelyn Grill

Anstelle der leiblichen Mutter waren es die Großeltern, die den Buben durchaus mit Sorgfalt und ihrer Auffassung von Zuneigung aufzogen. Doch zwischen Großvater und Großmutter stand längst eine Wand aus Verachtung und Hass – ein spannungsgeladenes familiäres Umfeld für einen Heranwachsenden auf der Suche nach Stabilität und Orientierung.

Reinhard Kaiser-Mühlecker: Leben im Umbruch

Bei Lesungsterminen am 14. März in Linz und am 17. März in Kronstorf präsentiert der in Eberstalzell aufgewachsene Autor Reinhard Kaiser-Mühlecker seinen neuen Band „Enteignung“ (S. Fischer Verlag) persönlich. Kaiser-Mühlecker hat Germanistik, Landwirtschaft und Internationale Entwicklung studiert. In seinen Büchern – zuletzt erschien 2016 „Fremde Seele, dunkler Wald“ – kehrt der Schriftsteller immer wieder an ländliche Schauplätze zurück.

Autor Reinhard Kaiser-Mühlecker aus Eberstalzell

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Reinhard Kaiser-Mühlecker

In „Enteignung“ lässt sich ein Journalist nach Zeiten der Abwesenheit im Ort seiner Kindheit nieder und nimmt am dortigen Leben teil. Er schreibt für das kriselnde Lokalblatt, hat eine Affäre und arbeitet für einen Mastbauern. Dessen Land wird enteignet – ein Sinnbild für den Kampf um den Platz in der Welt, und in diesem Kampf finden sich auch der Journalist und die ihn umgebenden Menschen wieder. Tiefe Verunsicherung scheint das vorrangigste Gefühl in einer Zeit zu sein, in der Umbrüche an der Tagesordnung stehen und nichts bleiben kann, wie es war.

Auserwählte, Berühmtheiten und Lügenbarone

Auf über 400 Seiten entwickelt Hermann Knapp, Redakteur und studierter Theologe, in Ansfelden lebend, eine phantastische Geschichte: Konrads Geburt wird von einem gleißend hellen Blitz und ungeheurem Getöse begleitet. Angesichts dieser Vorzeichen wähnt der Vater seinen Sohn als ein Kind mit besonderer Bestimmung – und das verspricht auch der Buchtitel „Der Auserwählte“ (Verlag Wortreich). Tatsächlich ist es der erwachsene Konrad, zu dem eines Tages die Stimme des Allerhöchsten spricht.

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Ludwig Laher

Selbst wenn die dort verbrachte Lebensspanne mitunter eine äußerst kurze ist: Auf Geburtsorte berühmter Persönlichkeiten fällt oft noch nach Jahrhunderten mehr oder weniger Glanz seiner aus unterschiedlichen Gründen bekannt gewordenen Töchter oder Söhne. Ludwig Laher, geboren 1955, beweist sich in seinem neuen Buch „Wo nur die Wiege stand“ (Otto Müller Verlag) erneut als akribischer Rechercheur: In Essay-Form schreibt der Autor über die Anziehungskraft früh verlassener Geburtsorte, über deren besondere Aura und Aktivitäten und auch über den wirtschaftlichen und imagemäßigen Vor- oder Nachteil. Denn manche Orte stehen in Verbindung mit Personen, die der Menschheit wenig Gutes gebracht haben. Von Hitler über Benedikt XVI., Albert Einstein, Jean Paul, Robert Musil, Bert Brecht, Martin Luther, Johann Sebastian Bach, Paul Celan, Engelbert Dollfuß, Rosa Luxemburg bis hin zu Paul Klee reicht der Bogen des Streifzuges. Ludwig Laher deckt bislang Unbekanntes, Kurioses und Erstaunliches rund um allseits bekannte Namen aus Literatur, Politik und Wissenschaft auf – immer in Relation zu jenem Ort, an dem einst die Wiege stand.

Mord im Kreativurlaub

Elisabeth Schmidauers Romane „Das Grün in Doras Augen“ (2015) und „Am dunklen Fluss“ (2016) fanden große Beachtung, nun legt die Autorin auf dem idyllischen Hintergrund einer griechischen Insel eine Kriminalgeschichte vor. „Mord für Anfänger und Fortgeschrittene“ (Picus Verlag) ist der Titel des Romans, der mit dem Traum vom erfüllenden Kreativurlaub beginnt. Doch aus dem Ferienort mit Meer, Terrasse und Amphitheater wird ein Tatort, aus Freunden wird eine Runde verdächtiger, sich misstrauender Personen.

Mit spürbarer Hingabe macht sich der gebürtige Rieder Schriftsteller Christian Steinbacher in seinem neuen Band „Wovon denn bitte? – Gedichte und Risse“ (Czernin Verlag) daran, durch Sprachspiele alle Lesersinne zu stimulieren und eingeübte Lesegewohnheiten in ungewohnte Bahnen zu lenken. Der Heimrad-Bäcker-Preisträger 2013 führt in seinem poetischen Kaleidoskop auch zeitgenössische italienische Musik und Klopstocks Strophen vor und schlägt dabei alle Pfade sprachlicher Experimentierlust ein.

Wie lange oder wie gut man mit Lügen durchs Leben kommt, das testet Autor Christian Schacherreiter in seinem Buch „Lügenvaters Kinder“ (Otto Müller Verlag) anhand seiner Protagonisten Fritz Güllich, Bruno Wieland und Hanns Dieter Eisler. In der Geschichte ist der Bogen vom verzeihbaren kleinen Schwindeln bis zur fatalen Lüge breit gefächert. Während der junge Fritz Güllich als Schüler mit kleinen Flunkereien beginnt und sich unentwegt sein wenig erfolgreiches Leben entlanglügt, hat es Bruno Wieland dank seiner tüchtigen Frau endlich geschafft: Veronika schaukelt professionell das gemeinsame apulische Landgut, der Herr des Hauses frönt dem süditalienischen Müßiggang und seinen Tagträumen.

Österreichischer Vorlesetag

Eine noch junge Gepflogenheit ist der „Österreichische Vorlesetag“ am 28. März, der auch in Oberösterreich an mehreren Orten begangen wird. Die soeben mit dem Preis „Wissenschaftsbuch des Jahres“ ausgezeichnete Linzerin Melanie Laibl sowie der Krimi-Autor Herbert Dutzler lesen beispielsweise in Vöcklabruck.