Thomas Bernhards „Ursache“ als Graphic Novel

„Graphic Novels“ erzählen Geschichten in Form von Text und gezeichnetem Bild. Ihre kreativen Erschaffer nehmen sich anspruchsvolle Inhalte vor – darunter jüngst auch „Die Ursache“ von Thomas Bernhard.

Mitunter wird ein direkter Vergleich zwischen Graphic Novels und Comics angestellt – ebenso oft wird eine solche Gleichstellung aber auch abgelehnt. Davon unabhängig, sind gute Graphic Novels jedenfalls in der Lage, auch ernste und komplexe Themen auf sehr besondere Art und Weise zu vermitteln.

Die Ursache Graphic Novel Lukas Kummer

Residenz Verlag

„Die Ursache“: Aus der Kindheit Thomas Bernhards

Dass sich jemand zeichnerisch an das Werk des großen Literaten Thomas Bernhard macht, mag aufs erste Hinsehen als unlösbare Mammutaufgabe erscheinen. Ein junger Innsbrucker hat es dennoch gewagt und sich eines bekannten autobiographischen Werks Bernhards angenommen: Der Illustrator und Zeichner Lukas Kummer, Jahrgang 1988, hat einen Auszug aus „Die Ursache. Eine Andeutung“ als Graphic Novel umgesetzt. In schwarz-weißen Zeichnungen gibt er den Geschehnissen, die so nachhaltig auf den jungen Thomas Bernhard einwirkten, mit großem Feingefühl Gestalt und schafft markante Bilder.

Die Ursache Graphic Novel Lukas Kummer

Residenz Verlag

„Entsetzliche Zeit im Internat“

Im Band „Die Ursache“ – eine seiner autobiographischen Schriften - betrieb der 1931 geborene Autor Bernhard schonungslose Ursachenforschung. Er erinnerte sich an die entsetzliche Zeit im Internat während des Zweiten Weltkriegs, an die „ausgehungerte und bleiche Todesgesellschaft in den Stollen“ der Stadt Salzburg und an die verheerende Wirkung fragwürdiger Erziehungsmethoden. In einer schier unerträglichen Welt ist es der Großvater, der ihm Zuneigung, Verstehen und Liebe entgegenbringt und so zum Rettungsanker und Lebenslehrer wird.

Die Ursache Graphic Novel Lukas Kummer

Residenz Verlag

Lukas Kummers Graphic Novel schließt mit einer berührenden und biographisch wichtigen Textstelle: Eines Morgens wählt der junge Gymnasiast Bernhard einen gänzlich anderen als den vorgegebenen Schulweg – und beginnt eine Lehre beim Lebensmittelhändler Podlaha in der Scherzhauserfeldsiedlung.

„Blad“: Übers Brav-Sein, Essen und die Kunst

„Ich habe Hunger und Angst vor dem Essen“ – das sagt die Protagonistin zu Beginn der Graphic Novel „Blad“, geschaffen von der oberösterreichischen Künstlerin Regina Hofer. In ihrem Werk zeichnet und beschreibt Regina Hofer die Geschichte einer jungen Frau, die sich mühevoll einen Weg durch ihr Leben bahnen will, aber dabei von vielen Schwierigkeiten und auch von der Gefühlskälte ihrer Umgebung fast überrollt wird.

Regina Hofer Blad

Luftschacht Verlag

Jugend voller Selbstzweifel und Konflikte

Als 15-Jährige bekommt die Hauptfigur der Graphic Novel Probleme mit ihrem Aussehen und mit dem Essen: Sie ist viel zu dünn – im Spiegel vermeint sie sich selbst als übergewichtig zu sehen. Später lösen Fressorgien die Magersucht ab. Dazwischen und davor liegt eine Kindheit und Jugend, die von Selbstzweifeln, Konflikten mit dem Vater oder auch enttäuschenden Liebeserlebnissen geprägt ist. Seine Lebensaufgabe sieht das Mädchen in der Kunst. Am Mozarteum in Salzburg gilt sie bald als vielversprechendes Talent. Doch auch die Beschäftigung mit der künstlerischen Materie deckt die seelischen und persönlichen Probleme nur vorübergehend zu.

Lebensszenen in Rückblenden erzählt

Die Bildsprache, derer sich Regina Hofer in ihrer ersten Grapic Novel bedient, wirkt modern, symbolträchtig, teils futuristisch und surreal. Die Lebensszenen der jungen Frau werden plastisch und mitunter in Rückblenden erzählt und schaffen ein nachhaltig berührendes Leseerlebnis.

Regina Hofer Blad

Luftschacht Verlag

Regina Hofer ist 1976 in Linz geboren, hat am Mozarteum Salzburg und an der Akademie der Bildenden Künste in Wien studiert. Die freischaffende Künstlerin ist seit vielen Jahren in den Bereichen Animation und Zeichnung tätig.