Pflegeregress vor Höchstgericht

Die Diskussion um die Abschaffung des Pflegeregresses wird jetzt den Verfassungsgerichtshof (VfGH) beschäftigen. Weil einige Bundesländer – auch OÖ – teilweise nach wie vor im Grundbuch stehen, will das ein Anwalt aus Steyr höchstgerichtlich klären lassen.

Eigentlich sollte alles klar sein. Der Bund hat mit Anfang 2018 den Pflegeregress - also den Zugriff auf das Privatvermögen von gepflegten Personen - abgeschafft. Umstritten sind nun aber Fälle, in denen Sozialhilfeverbände bereits davor im Grundbuch gestanden sind. Wie bei einem Oberösterreicher, der nach dem Tod seiner Tante vor zweieinhalb Jahren deren Liegenschaft erhalten hat.

„Eingetragenes Pfandrecht verfassungswirdrig“

Er ist Alleinerbe - der Sozialhilfeverband ist aber nach wie vor mit einem Pfandrecht in der Höhe von 80.000 Euro im Grundbuch eingetragen. Sein Mandant könne daher nicht frei über das Grundstück verfügen, kritisiert der Steyrer Anwalt Hubert Niedermayr. „Wenn er verkaufen will, bekommt der Sozialhilfeverband automatisch das Geld bis zu den 80.000 Euro ausbezahlt, obwohl das aus meiner Sicht ganz klar verfassungswidrig ist“.

„Verhalten des Landes Oberösterreich ist unzulässig“

Falls der Sozialhilfeverband das Pfandrecht fällig stellt, müsste die Liegenschaft versteigert werden, weil sein Mandant das Geld nicht aufbringen könnte. Für Niedermayr ist es rechtlich eindeutig, „das Verhalten des Landes Oberösterreich ist unzulässig“.

Niedermayr bringt am Donnerstag einen so genannten Individualantrag beim VFGH ein und ist überzeugt, dass ihm in einer Erkenntnis Recht gegeben wird. „Diese Bestimmung spricht ausschließlich davon, es ist absolut unzulässig hier noch irgendein Geld von Personen, die betreut werden in Heimen oder dergleichen, in Anspruch zu nehmen oder sich auch das von Erben zu holen“. Vorerst ist Geduld gefragt: der Spruch des VfGH wird wohl erst im Laufe des Jahres 2019 vorliegen.

Gerstorfer: „Keine einheitliche Regelung“

Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer betonte am Rande des Landtags, dass es für Fälle, die vor Anfang 2018 hinausreichen, Übergangslösungen brauche. Die derzeitige Situation sei unklar, weil es keine einheitliche Vorgangsweise des Ministeriums gebe, so Gerstorfer im Interview mit ORF–Redakteur Gernot Ecker. Daher erfolge die Abarbeitung in den Bundesländern und teilweise auch in den Sozialhilfeverbänden auf unterschiedliche Weise.

„Wir schauen gerade, dass wir den Sozialhilfeverbänden Empfehlungen geben, sich nach der aktuellen Gesetzeslage zu orientieren“, so die Soziallandesrätin. Ziel sei es, den Menschen Möglichkeiten zu schaffen, dass es keinen Regress aus dieser Zeit gibt. Ein Wegfall des Pflegeregresses (Stichwort Geld) müsse auch vom Ministerium mitgetragen werden. Bei einer oberösterreichischen Lösung, müsse der Landeshauptmann als Finanzreferent zustimmen.

VfGH: „Zugriff unzulässig“

Der Verfassungsgerichtshof hat in einer Entscheidung am Donnerstag eine generelle Klarstellung zum Verbot des Pflegeregresses bei Unterbringung in stationären Einrichtungen getroffen, die für alle Bundesländer gilt: „Dessen ungeachtet ist gemäß § 330a ASVG ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen, deren Angehörigen, Erben/Erbinnen und Geschenknehmer/inne/n im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten – selbst bei Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung, die vor 1. Jänner 2018 ergangen ist – jedenfalls unzulässig.“ Mehr in Zugriff auf Vermögen „jedenfalls unzulässig“ (news.ORF.at). Laut Gerstorfer werde die Auswirkung dieser Entscheidung zunächst intern geprüft.