Brucknerfesteröffnung mit politischen Anklängen

In Linz ist am Sonntag das Brucknerfest eröffnet worden. Schriftsteller Daniel Kehlmann erinnerte in seiner Festrede daran, dass einst Flüchtlingsströme auch von Österreich aus in die Welt gezogen sind und kritisierte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) scharf für dessen Flüchtlingspolitik.

Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) nahm Bezug auf den Fall des fälschlich angezeigten Lehrlings. Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) stellte eine Erhöhung des Kulturbudgets in Aussicht.

Bures: „Tradition der Konsensdemokratie“

Die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) näherte sich dem Festivalthema „Tradition“ in ihrer Eröffnungsrede mit einem Zitat von Vivienne Westwood an: „Konservatismus heißt: nichts zu ändern. Tradition bedeutet, etwas zu haben, mit dem man sich auseinandersetzen kann.“ Zu den guten Traditionen Österreichs zählt sie die Konsensdemokratie, „in der jene, die die Mehrheit haben, den Dialog mit allen gesellschaftlichen Gruppen suchen“. Zwar habe auch die Konfliktdemokratie ihre Anhänger. Bei letzterer heiße es oft, „da geht etwas weiter“, aber „der soziale Frieden, der zu den größten Stärken der Zweiten Republik gehört, würde verspielt werden“, warnte Bures. Sie wünsche sich, „dass auch unsere Enkelkinder in einem Klima der Konsensdemokratie heranwachsen können“.

Doris Bures

Daniel Kehlmann

fotokerschi.at/Kerschbaummayr

Daniel Kehlmann

„Bündnis mit dem Möchtegern-Diktator Ungarns“

Kurz vor Mittag hielt der Schriftsteller Kehlmann seine Festrede zur Eröffnung des diesjährigen Brucknerfestes im Linzer Brucknerhaus. Zu Beginn sprach der 43-jährige Autor von Romanen wie „Die Vermessung der Welt“ und Theaterstücken wie „Heilig Abend“ über seinen Vater, der während der Nazi-Herrschaft wegen seiner jüdischen Herkunft in ein Nebenlager des Konzentrationslagers Mauthausen eingeliefert wurde. Dann kritisierte er Bundeskanzler Kurz, dessen größter Stolz darin liegen würde, gemeinsam mit dem „Möchtegerndiktator Ungarns verzweifelte Menschen ohne Heimat von unserem reichen Europa fernzuhalten“, so Kehlmann.

Daniel Kehlmann

Luger: „Vor der eigenen Türe kehren“

Mit Blick auf die Ereignisse im deutschen Chemnitz forderte Bürgermeister Luger, so etwas in Österreich nicht zuzulassen, und meinte dann, dass „wir vor unserer eigenen Tür kehren“ sollten: „Es geht darum, wie wir mit Menschen in dieser Gesellschaft umgehen, auch in dieser Stadt. Und ich will hier gar nicht woanders hindeuten. Es geht zum Beispiel darum, dass man jemanden – egal ob in Sozialen Medien, Printmedien oder wo auch immer – unterstellt, mit terroristischen Organisationen zu sympathisieren und sich nach zwei Tagen herausstellt, dass dies alles nicht gestimmt hat. Auch das trägt dazu bei, dass am Ende des Tages ein Chemnitz sein kann. Es geht auch darum, mit Dingen umzugehen, die uns vielleicht nicht gefallen.“

Bürgermeister Klaus Luger

„Regional verwurzelt und international vernetzt“

Landeshauptmann Stelzer nützte die Rede, um eine Erhöhung des Kulturbudgets in Aussicht zu stellen: „Wir haben so viele Kunstschaffende und kulturelle Initiativen quer durch das Land, die auch unser Land und seine Regionen prägen. Wir sind regional verwurzelt, aber ganz besonders auch – und das zeigt sich in diesen Tagen des Festivals und des Brucknerfests in Linz sehr – auch international vernetzt. Das macht uns zu einem Kulturland, und das ist ein wesentlicher Teil der hohen Lebensqualität des Landes. Um diese Vielfalt und diese Entwicklung weiter zu ermöglichen und zu unterstützen, werden wir auch das Kulturbudget des Landes im nächsten Jahr anheben, um diesen Entwicklungsschritt spürbar zu machen.“

Landeshauptmann Thomas Stelzer

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