„Verwechslung“: FPÖ zeigte falschen Lehrling an

Die FPÖ hat den angezeigten Lehrling „verwechselt“. Der mutmaßliche Terrorsympathisant ist nicht jener, der vom Bundespräsidenten besucht wurde, bestätigte die Staatsanwaltschaft. FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus weist Vorwürfe zurück, Fehler gemacht zu haben.

Es habe sich „um eine Verwechslung gehandelt“, so Sprecherin Birgit Ahammer. Details zu der Causa könne sie noch nicht berichten. Nähere Informationen von der Staatsanwaltschaft werde es voraussichtlich am Freitag geben. Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der zurzeit die Schweiz besucht, zeigte sich erleichtert, als er die Nachricht von der Bestätigung der Staatsanwaltschaft erhielt, dass der Lehrling kein Terrorsympathisant ist.

Lehrling bei Termin mit Alexander Van Der Bellen und Rudi Anschober

ORF

Die FPÖ hat den falschen Lehrling angezeigt, bestätigt die Staatsanwaltschaft

Er habe zwar noch keine Gelegenheit gehabt, sich die Veröffentlichungen anzusehen, und er wolle grundsätzlich die Sache nicht aus der Schweiz kommentieren - aber „wenn es so ist, wie Sie sagen, dann bin ich sehr froh darüber“, so Van der Bellen. Er wolle sich den Bericht der Staatsanwaltschaft und der polizeilichen Behörden nun „sehr genau anschauen und dann meine Schlüsse daraus ziehen“, sagte er Rande eines Treffens der deutschsprachigen Staatsoberhäupter im Engadin.

Konsequenzen und Entschuldigung gefordert

Asyllandesrat Rudi Anschober (Grüne) erhebt nun schwere Vorwürfe gegen FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus: Dieser habe „einen völlig wehrlosen jungen Menschen öffentlich angeprangert. Und versucht jetzt wie ein Feigling die Schuld anderen umzuhängen“, so Anschober in einer Aussendung. Auch hätte der blaue Klubobmann „die kurzen Ermittlungen des Verfassungsschutzes abwarten können, bevor er an die Öffentlichkeit geht“. Dann wäre nichts passiert. Diese Vorgehensweise dürfe „nicht zur Normalität in diesem Land“ werden, so Anschober weiter, er werde nun „ganz sicher nicht zur Tagesordnung übergehen“.

Der Landesrat kündigte eine politische Erklärung „zu den notwendigen Konsequenzen dieses Skandals“ unmittelbar nach der Präsentation der Ermittlungsergebnisse durch die Staatsanwaltschaft Wels an. Diese dürfte am Freitag erfolgen. FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky reagierte am Donnerstag indes mit Vorwürfen gegen Anschober. Dieser habe „den besagten Lehrling selbst in Misskredit gebracht, indem er wochenlang auf seiner Facebook-Seite falsch verlinkt war. Damit hat Anschober diese Person selbst mit einem Terror-Liker in Verbindung gebracht.“ Anschober sei daher „für eine etwaige Verwechslung auch alleinig verantwortlich“. Die FPÖ habe „die richtige Person angezeigt“, so Vilimsky.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer: „Letztklassig“

Entrüstet zeigte sich SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher: „Entweder war Gudenus’ Facebook-Recherche tatsächlich so stümperhaft und er ist nicht nur am rechten, sondern auf beiden Augen blind. Oder Gudenus hat vorsätzlich gehandelt, um politisches Kleingeld zu wechseln. Dann reden wir von Verleumdung“, so Lercher. „Mit unzureichenden Beweisen solche Vorwürfe zu erheben und einen jungen Mann öffentlich mit Fake-News-Politik zu diffamieren ist letztklassig“, so der SPÖ-Bundesgeschäftsführer.

„Gefällt mir“-Angaben aufgefallen

Seit Montag schlägt der Fall hohe politische Wellen. Auslöser war eine FPÖ-Anzeige, eingebracht durch Gudenus, beim Landesamt für Verfassungsschutz in Wien. Auf der Facebook-Seite Anschobers hatte man ein Foto des Politikers mit einem von der Abschiebung bedrohten Lehrling gefunden. Der Lehrling auf diesem Foto war wiederum mit einem anderen Facebook-Profil verlinkt. Und in diesem verlinkten Profil fand sich ein „Gefällt mir“ für eine afghanische Organisation, die der islamischen Hisbollah nahestehen soll. Die FPÖ sprach von einer Nähe zu einem Terrornetzwerk - mehr dazu in „Anzeige gegen Lehrling offenbar bestätigt“ (ooe.ORF.at).

Ermittlungen wegen des Verdachts der terroristischen Vereinigung wurden aufgenommen. Gleichzeitig gab es einen heftigen politischen Schlagabtausch zwischen FPÖ und Anschober, der immer wieder eindeutige Beweise für die Vorwürfe verlangt hatte. Zuständig für die Ermittlungen ist inzwischen die Staatsanwaltschaft Wels.

Liste Pilz: „Politisch verantwortungslos“

Für Alma Zadic von der Liste Pilz ist das Vorgehen „menschlich widerlich und politisch verantwortungslos“. Gudenus habe mit seinen falschen Vorwürfen „wieder einmal einen neuen moralischen Tiefpunkt“ innerhalb der Partei erreicht. Der betroffene Lehrling sei von der FPÖ in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt worden und könne sich auch dagegen wehren. Als ehemalige Rechtsanwältin bot Zadic dem betroffenen daher Unterstützung und ihre Expertise an, sollte dieser rechtliche Schritte erwägen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) müsse endlich der FPÖ Einhalt gebieten, um die Gesellschaft vor blauer Spaltung zu schützen.

Gudenus: „Keine Fehler gemacht“

Gudenus selbst ging am Donnerstag vorerst auf Tauchstation. Am Donnerstagabend sagte er gegenüber der APA: „Ich finde das für ihn sehr bedauerlich.“ Fehler habe man aber nicht gemacht: „Im Prinzip wurde nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt.“

Der Lehrling sei ein „Opfer der Fahrlässigkeit des Herrn Anschober“, beharrte Gudenus auf dem Standpunkt, den auch andere freiheitliche Vertreter zuvor schon vertreten hatten. Man habe die Informationen von der Facebook-Seite des grünen Landesrats „eins zu eins dem Verfassungsschutz weitergeleitet“. Dass der falsche Link auf das Foto des Mannes womöglich aus freiheitlichen Reihen erfolgt sein könnte, um Vorwürfe gegen den Asylwerber und die Initiative „Ausbildung statt Abschiebung“ zu konstruieren, schloss Gudenus aus und ergänzte: „Normalerweise verlinkt der Seiteninhaber - aber nicht immer.“

„Im Prinzip ist die Sache für uns erledigt“

Für den FPÖ-Klubchef ist die Causa jedenfalls abgeschlossen: „Im Prinzip ist die Sache für uns erledigt.“ Dennoch, betonte Gudenus, werde man auch künftig „immer, wenn es darum geht, radikalislamistische Inhalte zu bewerten, wachsam sein“ und diese an die Behörden weiterleiten. Eine Entschuldigung in Richtung des falsch beschuldigen Lehrlings, wie von mehreren Seiten gefordert, gab es von Gudenus nicht.

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