Offener Brief Anschobers an Bundeskanzler Kurz

Integrationslandesrat Rudi Anschober (Grüne) wendet sich mit dem Anliegen, Asylwerbern weiter eine Lehre zu ermöglichen, nun in einem offenen Brief an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).

In dem Schreiben wird gefordert, dass der Zugang von Asylwerbern zu Lehrstellen erhalten bleibt und es zu keiner Abschiebung während der Lehre kommt. Zudem wird eine „professionelle und vernünftige Umsetzung des angekündigten Zugangs zur Lehrstelle aus Drittstaaten“ verlangt. Den Brief hätten im Vorfeld knapp 1.000 Personen unterzeichnet, und er wolle ihn Kurz nächste Woche übermitteln, berichtete Anschober. Darüber hinaus werde er auf seiner Website und jener der Initiative Ausbildung statt Abschiebung weiter Unterschriften für das Schreiben sammeln.

Pläne der Regierung „völlig unklar“

Die bisher von der Bundesregierung angekündigten Pläne, wie man künftig den Zugang zur Lehre für Drittstaatsangehörige regeln will, seien „völlig unklar“ und „teilweise bösartig“, kritisierte Anschober in einer Pressekonferenz am Freitag. So sei etwa offen, ob man den Antrag aus dem Ausland stellen müsse oder ob das auch aus dem Inland möglich sei. Er befürchtet, man wolle „aus ideologischen Gründen etwas kaputtmachen, das sich bewährt hat“, denn „es ist absurd, in Südostasien um Lehrlinge zu werben und gleichzeitig den vorhandenen im Land lebenden Interessenten den Zugang zur Lehrstelle zu verbieten“.

Vorwurf der Gesprächsverweigerung

Der Bundesregierung wirft Anschober darüber hinaus Gesprächsverweigerung vor: Die Initiative habe in den vergangenen Monaten immer wieder um einen Termin bei „den Zuständigen“, Kurz und Innenminister Herbert Kickl (FPÖ), angefragt, aber: „Der Bundeskanzler verweist auf den Innenminister, und dieser verweigert jede Reaktion.“ Mit Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) und ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann gebe es hingegen gute Gespräche, sagte er.

Anschober geht ferner davon aus, dass die Beendigung des Zugangs zur Lehre für Asylwerber gegen die Aufnahmerichtlinie der EU verstoßen würde. Denn diese sehe vor, dass nach neun Monaten Aufenthalt Zugang zu einem geregelten Arbeitsmarkt gegeben sein müsse. Die Asylverfahren in Österreich würden aber nach wie vor im Schnitt 16 Monate dauern. Er habe daher die EU-Kommission gebeten zu prüfen, ob die Aufnahmerichtlinie erfüllt würde.

60.000 Unterstützer

Die Initiative, die er ausdrücklich nicht als grüne, sondern als breit über Parteigrenzen hinweg angelegte Aktion sieht, habe am Freitag die Marke von 60.000 Unterstützern übersprungen, bilanzierte Anschober. 750 Unternehmen, 95 Gemeinden mit insgesamt 2,7 Mio. Einwohnern und zahlreiche Prominente seien mit an Bord: Neben Sportlern und Künstlern zählen auch Personen aus Wirtschaft und Politik - darunter mehrere prominente ÖVP-Vertreter wie der EU-Abgeordnete Othmar Karas, die früheren Parteichefs Reinhold Mitterlehner und Wilhelm Molterer und der ehemalige EU-Kommissar Franz Fischler - zu den Unterstützern.

Besonderen Respekt zollte Anschober jenen 54 ÖVP-Bürgermeistern, die „über ihren Schatten gesprungen sind“ und entgegen dem Wissen, dass ihre Bundespartei vermutlich anderer Meinung sei, unterschrieben hätten.

Für FPÖ-Klubobmann „völlig richtige“ Entscheidung

Der FPÖ-Klubobmann im oberösterreichischen Landtag, Herwig Mahr, verteidigte hingegen am Freitag das Ende des Zugangs von Asylwerbern zur Lehre als „völlig richtige“ Entscheidung. „Bereits in Lehre befindliche Asylwerber sollen diese abschließen können“, betonte er, pochte aber gleichzeitig darauf, dass, „sobald aber ein negativer Asylbescheid erteilt wird“, die betroffene Person das Land zu verlassen habe.

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