Das Ende des Prager Frühlings

Vor 50 Jahren sind Truppen des Warschauer Pakts in die damalige Tschechoslowakei einmarschiert und haben die zarten Reformbewegungen des Prager Frühlings niedergeschlagen. Dramatische Tage - auch in Oberösterreich.

An das Ende des Prager Frühlings erinnern sich auch viele Oberösterreicher, denn auch diesseits des Eisernen Vorhangs waren es turbulente Stunden und Tage. Es gab Befürchtungen, die Truppen des Ostblocks könnten bis zur Donau vorrücken.

Willi Scheiblhofer erlebte die Invasion der Warschauer-Pakt-Truppen hautnah in einer Privatunterkunft in Prag mit. Mit seinem Auto brach er auf, um schnell zurück nach Österreich zu kommen. „Dann hab ich nicht rausgefunden aus Prag, weil die alle Ortsschilder umgedreht haben – aber nicht wegen mir, sondern damit sich die Russen verfahren“, so Scheiblhofer.

Das Ende des Prager Frühlings

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Scheiblhofer in einer Zeitung aus dem Jahr 1968

Am Vormittag des 21. August erreichte Scheiblhofer als erster Österreicher, der an diesem Tag aus der ČSSR kam, die Grenze in Wullowitz. Nach einer, wie er sagt, „Fahrt um sein Leben“ durch die Tschechoslowakei.

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ORF-Redakteur Gernot Ecker hat für „Oberösterreich heute“ mit Zeitzeugen gesprochen, die von dramatischen Tagen und Stunden nicht nur für die Tschechoslowakei, sondern auch für Oberösterreich berichten.

„Auf der Straße haben mich immer wieder Leute aufgehalten mit Briefen in den Händen. Ich sollte die Briefe mit über die Grenze nehmen und aufgeben, weil sie sich nicht sicher waren, ob die über die Grenze noch rausgehen“, so Scheiblhofer. Zwei Briefe habe er sogar persönlich überbracht, einen nach Traun und einen nach Neuhofen.

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Im Schlossmuseum Freistadt beschäftigt sich eine Ausstellung mit dem 21. August 1968 – einem Tag, der die Welt und das Leben an der Grenze veränderte. „Man hat davor schon gehofft, dass man zum Beispiel tschechische Kundschaften bekommt, wenn die Grenze offen ist. Auch der Tourismus hat sich einiges erwartet“, so Fritz Fellner vom Schlossmuseum Freistadt. Mit dem 21. August 1968 seien die sachte aufgebauten Gemeinsamkeiten mit einem Schlag wieder Geschichte gewesen.

„Alles war überraschend“

Walter Pils war am 21. August vor 50 Jahren an der Grenze bei Wullowitz bei der Zollwache im Dienst. Als er um vier Uhr in der Früh seinen Dienst antrat, ahnte niemand, was sich hinter der Grenze abspielte. „Wir sind frohen Mutes gewesen, es war die Dubček-Ära, es ist bergauf gegangen. Wir haben das beste Verhältnis mit der tschechischen Grenzpolizei gehabt“, so Pils. Alles sei überraschend gewesen – auch für Bundesheer und Gendarmerie.

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Die drei Zeitzeugen am Grenzübergang Wullowitz

Josef Stitz baute in den ersten Tagen nach dem Umsturz in der ČSSR im Grenzgebiet Kommunikationsleitungen für das Bundesheer. „In der Nähe der Grenze hab ich einen äußerlich unbedenklichen Arbeitsanzug tragen müssen“, so Stitz.

Wer auch immer es gewesen sei, die Politiker oder die Kommandanten – es sei vernünftig gehandelt worden, indem man versucht habe, nicht zu provozieren, so Stitz, denn es sei zu erwarten gewesen, dass „die (Russen, A. d. Red.) sich nicht gespielt hätten“.