Baustellen im heimischen Pflegesystem

Das Thema Pflege gehört zu den großen politischen Herausforderungen der Zukunft. Unter anderem bereitet der Pflegekräftemangel Kopfzerbrechen. In Oberösterreich heute widmen wir uns in einer dreiteiligen Serie dem Pflege-Thema.

Wo und vor allem wie sollen alte Menschen in Zukunft gepflegt werden? Das Thema Pflege gehört zu den großen gesellschaftlichen Herausforderungen. Allein in den nächsten Jahren wird man hunderte zusätzliche Pflegekräfte brauchen. Woher die kommen sollen, ist noch weitgehend unklar. Auch, wie sich Pflege in Zukunft gestalten wird. ORF OÖ Redakteur Christoph Kinast blickt in einer dreiteiligen Serie hinter die Baustellen des Pflegesystems (Erster Teil, 16.4.18 Oberösterreich heute, ab 19 Uhr, Thema Pflegekräftemangel).

Rainer Baumgartner

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Altenpfleger Rainer Baumgartner

Rainer Baumgartner ist eine von rund 60 Pflegekräften im Seniorenzentrum Liebigstraße in Linz. 120 Bewohnerinnen und Bewohner werden hier betreut. Es sei sein Traumjob, so Baumgartner, die Arbeit sei in den vergangen Jahren aber härter geworden: „Vom Personal betrachtet, kann man eigentlich nie genug haben. Wenn es dann Krankenstände oder Urlaube gibt, werden die Tage oft stark, sodass man wirklich viel rennen muss, weil man einfach zuwenig Personal hat.“

Bedarf an Pflegepersonal steigt

Rund 20.000 Menschen sind in Oberösterreich in Alten- und Pflegeheimen untergebracht. Hinzu kommen noch einmal 30.000, die von mobilen Diensten oder einer 24-Stunden-Pflege zuhause betreut werden. Tendenz in allen Fällen steigend, womit auch seit Jahren mehr Personal gebraucht wird.

Graphik

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Die Zahl der Pflegemitarbeiter steigt

2011 waren rund 6.600 Pflegemitarbeiter in den oberösterreichischen Altenheimen beschäftigt. In den darauf folgenden Jahren ist deren Zahl stetig gestiegen. 2016 waren es bereits mehr als 7.400.
Lösen will man das Problem, indem man versucht, neue Zielgruppen für den Pflegeberuf zu begeistern. Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ) möchte etwa Frauen erreichen, die „nach der Kinderbetreuungs-Pause eine neue Berufsausbildung machen wollen.“ Gewerkschafter sind da skeptisch. Sie bezweifeln, dass man bei den aktuellen Arbeitsbedingungen neues Pflegepersonal findet.

Branko Novaković, Fachgruppenvorsitzender des Gewerkschaftsbunds sieht die Pflegekräfte absolut am Limit ihrer Leistungsfähigkeit.

700 Pflegekräfte in OÖ bis 2025 zuwenig

Bis zum Jahr 2025 wird man in Oberösterreich mehr als 700 zusätzliche Pflegekräfte brauchen. Man wolle sie in Österreich ausbilden und nicht aus anderen Ländern holen, heißt es von der Politik.

Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ) geht davon aus, dass die Ausbildung von Pflegekräften in Österreich auch für die Bundespolitik hohe Priorität bekommen wird.

Laut Branko Novaković vom Gewerkschaftsbund bestehe was den Pflege-Mangel angeht, „extremer Handlungsbedarf". Man sei „schon fast zu spät“ um gegenzusteuern, so der Experte. Mit einer Entspannung der Situation ist in nächster Zeit nicht zu rechnen. Im Gegenteil: Je älter die Gesellschaft wird, desto mehr Pflegekräfte werden benötigt.

Gerstorfer, Kinast

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Redakteur Christoph Kinast im Gespräch mit Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer.

Baustellen im Pflegesystem: Thema in OÖ heute

Am Dienstag (17.4.18) geht ORF OÖ Redakteur Christoph Kinast in Oberösterreich heute dann der Frage nach, wie die Pflege und Betreuung in Zukunft gestaltet sein werde. Klar scheint schon jetzt, dass an den Alternativen zu den klassischen Alten- und Pflegeheimen kein Weg vorbeiführt. Ein Beispiel ist die Tagesstätte der Gemeinde Maria-Neustift, die wir im März besucht haben.

Tagesstätte Maria Neustift

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Seniorentagesstätte in Maria Neustift

INTEGRA

Die Messe für Pflege, Reha und Therapie findet von 25. bis 27. April im Messegelände Wels statt. Weitere Informationen finden Sie hier: INTEGRA

An zwei Tagen in der Woche kümmern sich Ehrenamtliche um die pflegebedürftigen Senioren der Gemeinde - unterstützt von Feuerwehr und Rotem Kreuz. In der Früh werden die Senioren abgeholt, den Tag über betreut und am Abend wieder nach Hause gebracht. Nur drei der 1.700 Einwohner der Gemeinde im Bezirk Steyr-Land leben aktuell in einem Pflegeheim, es ist einer der niedrigsten Werte des Landes. Der Großteil wird zuhause von der Familie gepflegt und bleibt damit Teil des Ortsgeschehens.

Wie die Technik Pflege verändern wird

Im dritten Teil der Serie zum Thema Pflege geht es am Mittwoch (18.4.18) um die Frage, wie die moderne Technik die Pflege verändern könnte. Es geht etwa um Roboter, die in Altenheimen helfen, Menschen zu pflegen und Roboteranzüge, mit denen sogar Gelähmte wieder gehen können. Das ist längst nicht mehr nur Science Fiction, sondern wird auch in Oberösterreich zum Teil schon eingesetzt. Aber diese Technik kostet, was die finanziell angespannte Situation im Pflegesystem in Zukunft weiter verschärfen könnte.