Aufregung um FPÖ-Kandidat für Richteramt

Weil der Linzer FPÖ-Kandidat für den Posten eines Verfassungsrichters, Andreas Hauer, vor Jahren den EGMR als „mitverantwortlich für die multikriminelle Gesellschaft“ bezeichnet hat, hält ihn NEOS für das Amt untragbar. Es war ein Diskussionsbeitrag, konterte Hauer.

Die Wochenzeitung „Falter“ hatte am Samstag über einen Vortrag Hauers aus dem Jahr 2010 berichtet, der zwei Jahre später auch in einer Schriftenreihe des Innenministeriums erschienen ist.

Menschenrechtskonvention gerügt

Im Zusammenhang mit der Sicherheitsverwaltung und der Europäischen Menschenrechtskonvention rügte Hauer, der auch Burschenschafter ist, darin die Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) „in Belangen der Fremdenpolizei“. Wörtlich meinte der angehende Höchstrichter: „Der EGMR kann (...) getrost als mitverantwortlich für die multikriminelle Gesellschaft bezeichnet werden, die sich in den vergangenen Jahrzehnten in Westeuropa etabliert hat.“ Der EGMR, so Hauer laut „Falter“ weiter, „behindert die Sicherheitsverwaltung bei der Wahrnehmung ihres menschenrechtlichen Schutzauftrages“.

Und: „Dem EGMR ist der Vorwurf zu machen, dass er bei seinen Entscheidungen zu aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegenüber straffälligen Fremden einseitig nur die grundrechtlich anerkannten Interessen des Fremden dem abstrakten Interesse an der öffentlichen Sicherheit, nicht aber den Grundrechten der Verbrechensopfer gegenüberstellt, wobei bei dieser Gegenüberstellung jedenfalls auch zu berücksichtigen ist, dass sich der Täter aus freien Stücken für den Rechtsbruch (und gegen die Menschenrechte anderer) entschieden hat, während das Opfer ungefragt Eingriffe in seine Menschenrechte hinnehmen musste.“

NEOS-Verfassungssprecher „fassungslos“

NEOS-Verfassungssprecher Nikolaus Scherak hält den von den Freiheitlichen favorisierten Hauer deshalb als Verfassungsrichter für untragbar. „Ich bin fassungslos“, sagte Scherak am Samstag zur APA. Es gehe nicht an, dass ein Höchstrichter einem anderen Höchstgericht vorwerfe, der Kriminalität Vorschub zu leisten, und es sei erschreckend, dass so etwas von einem Professor der Juristerei komme.

Hauer habe im Hearing am Freitag schon fragwürdige Antworten zur Frage des Versammlungsrechts geliefert. Mit den nun neu aufgetauchten Aussagen sei Hauer für den VfGH „schlichtweg unwählbar“, sagte Scherak. „Ich kann nur appellieren, so jemanden nicht zum Verfassungsrichter zu bestellen. Es gab im Hearing ausgezeichnete andere Kandidaten.“

Hauer: „Zur wissenschaftlichen Diskussion“

Hauer teilte auf Anfrage des ORF Oberösterreich am Samstagabend per E-Mail mit, der besagte Vortrag sei ein Beitrag zur wissenschaftlichen Diskussion des Themas gewesen, ob der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bzw. der Europäische Gerichtshof im Rahmen der Rechtsprechung nicht bereits über ihr Mandat hinaus Rechtspolitik betreiben. Es handelte sich dabei um eine Diskussion, die in der wissenschaftlichen Gemeinschaft intensiv geführt werde und zwar nicht nur in Österreich, sondern auch im Ausland, etwa in der Schweiz.

Grüne: „LH muss auf Bundeskanzler einwirken“

„Es stellt sich auch die Frage, wem künftig die Loyalität eines Verfassungsrichters Hauer gilt – der Bundesverfassung der Republik Österreich oder der deutschnationalen Gesinnung der Burschenschaft“, so die Grüne Landesprecherin und Landtagsabgeordnete. Maria Buchmayr in einer Aussendung am Sonntag. Sie sieht Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) in der Pflicht auf Bundeskanzler Sebastian Kurz einzuwirken. „Ich fordere die ÖVP auf, diese Personalien zu stoppen. Sie muss aufhören, deutsch-nationalistische Burschenschafter in höchste Staatsämter zu befördern.“