Hohe Abmelderaten in Kindergärten

Seit der Wiedereinführung der Nachmittagsgebühren in Kindergärten wurde in Steyr gut die Hälfte der Kinder herausgenommen, in Wels knapp ein Drittel. In Linz, wo man ein anderes Modell umsetzt, dürften es an die zehn Prozent werden.

Genaue Zahlen liegen derzeit nur punktuell vor. Viele Gemeinden haben wegen der kurzfristigen Einführung der neuen Regelung die Gebührenordnung in letzter Minute beschlossen und geben den Eltern noch etwas Zeit zum Entscheiden. Generell gilt aber seit 1. Februar: Bis zu einem Haushaltsbruttoeinkommen von 1.400 Euro ist der Mindestbeitrag von 42 Euro fällig, ab 3.700 Euro der Höchstbeitrag von 110 Euro. Verlangen die Kommunen weniger, müssen sie selbst dafür aufkommen. Zudem hat das Land die Gruppen- und Sonderförderungen gekürzt. Das entgangene Geld sollen sich die Gemeinden aus den Gebühren holen.

Gruppenzusammenlegungen in Steyr

In Steyr wurden in den städtischen Kindergärten 170 der 320 Kinder von der Nachmittagsbetreuung abgemeldet. Wo es möglich ist, reagiere man mit Gruppenzusammenlegungen. Man werde aber auch Gruppen mit sieben oder acht Kindern - statt der vorgesehenen zehn - vorerst offen lassen, so die zuständige Vizebürgermeisterin Ingrid Weixlberger (SPÖ). Sie hält es für problematisch, dass auch viele Kinder aus Vierteln mit hohem Migrantenanteil abgemeldet worden seien.

Zu viel Personal

Beim Personal habe man nun „zwei Vollzeitäquivalente zu viel“, rechnete Weixlberger vor. „Es wird niemand entlassen“, betonte sie, man setze auf interne Umschichtungen. Allerdings sei es möglich, dass befristete Dienstverhältnisse nicht verlängert werden. Den Verwaltungsaufwand für die Berechnung der Gebühren beziffert sie mit 30.000 Euro. Insgesamt sei damit zu rechnen, dass die neue Regelung, die ja auch eine niedrigere Gruppenförderung brachte, die Stadt einen sechsstelligen Betrag kosten werde, die genaue Höhe sei noch nicht absehbar.

„Bereinigung“ in Wels

In Wels wurden 184 von 629 Kindern abgemeldet. Die zuständige Stadträtin Margarete Josseck-Herdt (FPÖ) sieht das allerdings weniger negativ. Vielmehr sei es eine „Bereinigung“, denn es seien bisher offenbar viele Kinder angemeldet gewesen, „die eigentlich keinen Anspruch auf Betreuung haben, weil ein Elternteil zu Hause ist“. Es könne nicht sein, dass sich die Eltern „zurücklehnen“, so die Stadträtin.

Auswirkungen auf Jobs beim Betreuungspersonal sind noch ungewiss: Man werde sicher keine Pädagoginnen kündigen, „weil wir händeringend welche suchen“, so Josseck-Herdt, aber bei den Helferinnen könnte es zu Stundenreduzierungen kommen. Durch die wegfallenden Förderungen würden der Stadt 273.000 Euro entgehen. Ob die Gebühren das ausgleichen? Josseck-Herdt: „Ich bin froh, wenn es sich auf null ausgeht.“

Gefahr für „funktionierendes Integrationsprojekt“

In Linz seien vorerst sieben Prozent der Kinder abgemeldet worden, zehn Prozent seien zu erwarten, berichtete die zuständige Stadträtin Eva Schobesberger (Grüne). Wie sich das auf die Zahl der Gruppen und den Personalstand auswirken werde, sei noch nicht abschätzbar. Dass die Rate geringer ist als in anderen Städten, schiebt sie auf das „Linzer Modell“, das deutlich geringere Sätze vorsieht und bei dem etliche Eltern beitragsfrei davonkommen. Allerdings muss die Stadt dafür 2,5 bis drei Mio. Euro in die Hand nehmen. Da in Linz in den vergangenen Jahren immer rund 94 Prozent der Kinder auch am Nachmittag den Kindergarten besuchten, bedaure sie es, wenn man „ein funktionierendes Integrationsprojekt kaputt macht“, so Schobesberger.

Viele Abmeldungen auch in kleineren Gemeinden

Die SPÖ-Familiensprecherin Petra Müllner präsentierte am Donnerstag einige Zahlen aus Gemeinden im Bezirk Wels-Land: In Weißkirchen, Holzhausen und Schleißheim würden Gruppen wackeln. In Weißkirchen seien 24 von 68 Kindern abgemeldet worden, eine Helferin müsse gekündigt werden, bei drei weiteren Mitarbeiterinnen werde es Stundenkürzungen geben.

Auch in Holzhausen, wo ein Drittel der 27 Kinder künftig nicht mehr am Nachmittag kommt, stünden im Herbst Personal- oder Stundenkürzungen an, ebenso in Schleißheim mit 17 Abmeldungen von bisher 79 Kindern und in Edt bei Lambach. Müllner kritisiert, dass durch die Nachmittagsgebühren „der Gesamtkuchen für Kinderbetreuung nicht erhöht wird, weil gleichzeitig das Land seinen Anteil an der Kinderbetreuung massiv kürzt“.

Gemeindebund wartet auf weitere Zahlen

Beim oberösterreichischen Gemeindebund wollte man sich auf Zahlen vorerst noch gar nicht einlassen: „Ich fürchte, dass derzeit niemand valide Daten anbieten kann“, so Gemeindebund-Direktor Franz Flotzinger. „Wir haben eine Vereinbarung mit dem Land, dass Mitte des Jahres eine Evaluierung stattfinden soll. Jetzt gibt es nur punktuelle Informationen.“ Die Eltern müssten erst überlegen und sich organisieren. „Verschiedene Prognosen von 20 bis 50 Prozent Abmeldungen sind Kaffeesudleserei“, sagte Flötzinger, valide Zahlen seien nach einer Woche noch nicht möglich.

Kritik von Pädagoginnen

Kritik an der Wiedereinführung der Gebühren kam am Donnerstag vom Österreichischen Berufsverband der Kindergarten- und Hortpädagoginnen: Sie bemängeln, dass der Kindergarten von den politischen Entscheidungsträgern offenbar als „Aufbewahrungsanstalt“ gesehen werde und nicht als Bildungseinrichtung. Dabei würden Investitionen in die frühe Bildung Folgekosten reduzieren, hieß es in einer Aussendung.

Haberlander: Auswirkungen erst im Sommer messbar

Welche Auswirkungen die Kindergartengebühr insgesamt haben wird - auch auf den Personalstand - das wird sich laut der zuständigen Landesrätin Christine Haberlander (ÖVP) erst nach einer Evaluierung im Sommer beantworten lassen. In einer Aussendung betont Haberlander bereits vor einigen Tagen, dass alle anderen Bundesländer außer Wien Beiträge am Nachmittag einheben würden und man sich bei der Umsetzung des Nachmittagsbeitrags bemüht habe, die Belastungen für die Familien in einem vertretbaren Rahmen zu halten. In besonderen Fällen könne der Beitrag auch gänzlich erlassen werden.

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