Integrationszerstörende Maßnahmen befürchtet

Integrationslandesrat Rudi Anschober (Grüne) ortet im Koalitionsübereinkommen der neuen Bundesregierung etliche Unklarheiten in Sachen Integration und befürchtet „integrationszerstörende Maßnahmen“.

Derartige Maßnahmen sieht Anschober etwa in der Abkehr von der Dezentralisierung. Diese diene nämlich nicht nur der Eingliederung, sondern spare auch Geld. Zudem sei die Finanzierung der Sprachkurse offen.

„Keine einzige Integrationshürde beseitigt“

Er wolle als Vorsitzender der Integrationsreferentenkonferenz die Länder an einen Tisch bringen und möglichst rasch das Gespräch mit den zuständigen Ministerien suchen. „Ich will den Dialog“, so Anschober, „von mir gibt es keine Vorverurteilung“. Dennoch sieht er „keine einzige Integrationshürde beseitigt“ und befürchtet hinter so mancher Formulierung im Koalitionspakt Maßnahmen, die den „oberösterreichischen Weg“ in Sachen Integration, der vor allem auf dezentrale Unterbringung setzt, gefährden könnten. Zu Spitzenzeiten gab es in 83 Prozent der oö. Gemeinden Asyl-Quartiere, so der Landesrat. Die durchschnittlich Belegung pro Quartier liege bei 20 bis 25 Personen.

Sorge um private Unterbringung von Flüchtlingen

Anschober fürchtet etwa um den sogenannten Privatverzug: In Oberösterreich seien derzeit rund 2.500 Asylwerber privat bei Familien, in Wohnungen oder in Wohngemeinschaften untergebracht. Dadurch spare man pro Jahr 8,5 Mio. Euro, rechnete er vor. Die 300 Asylwerber, die in Oberösterreich aktuell eine Lehre, für die sich keine Österreicher gemeldet haben, absolvieren, würden die Grundversorgung um 1,2 Mio. Euro entlasten. Eine Arbeitsmarktintegration in Mangelberufen - ab dem sechsten Monat Aufenthalt, wie Anschober vorschlägt - würde noch mehr Einsparungen bringen, kalkuliert mit 1.200 Asylwerbern 21 Mio. Euro, so der Landesrat.

„Sachleistungen schränken Selbständigkeit ein“

Kritisch sieht Anschober das geplante Umstellen von Geld- auf Sachleistungen, denn das schränke die Selbstständigkeit und den Kontakt zur Mehrheitsbevölkerung ein. Auch dem Zusammenfassen der Kinder in Flüchtlingsklassen steht er skeptisch gegenüber. Vor allem abseits des Zentralraums wisse er auch nicht, wie das gehen solle - etwa, wenn es in einer Gemeinde 25 Asylwerber, davon vier Kinder, gebe: „Sollen wir dann einen Schulbus organisieren?“.

„Dringender Handlungsbedarf bei Sprachkursen“

Dringenden Handlungsbedarf sieht Anschober bei den Sprachkursen, die in Oberösterreich bisher rund 20.000 Teilnehmer absolviert haben: Die Kofinanzierung des Bundes sei mit Jahreswechsel ausgelaufen, man könne derzeit keine neuen Kurse mehr anbieten. „Wir wissen bis heute nicht, ob oder wie es weitergeht.“

Mobile Quartiere als günstige Wohnungen

Für heuer will Anschober in Oberösterreich die Integration bereits länger im Land befindlicher ethnischer Gruppen mit Integrationsdefiziten - vor allem Tschetschenen und Türken - forcieren. Weitere Schwerpunkte sollen die Sprachausbildung, die Integration am Arbeitsmarkt sowie am Wohnungsmarkt sein.

Hier könnte sich der Landesrat vorstellen, dass man etwa die mobilen Quartiere, die zu Spitzenzeiten als Asylunterkünfte dienten, nun als günstige Wohnungen für Asylberechtigte heranzieht. Auch ein Fonds, aus dem man sich das nötige Geld für die Kaution einer Wohnung, die häufig eine Hürde darstelle, ausborgen könne, sei eine Möglichkeit.