Streit über Schiele-Werke in der Zielgeraden

Der Prozess um die verschwundenen Linzer Bilder ist am Donnerstag in die Zielgerade gegangen. Die Erben der verschollenen Klimt- und Schiele-Werke weiteten ihre Forderung an die Stadt auf 8,24 Mio. Euro plus Zinsen aus.

Die Kernfrage des Verfahrens dreht sich darum, ob die Bilder echt sind - vor allem die „Tote Stadt“, die den größten Wert darstellt. Ein Urteil ergeht schriftlich.

Vier Werke an Neue Galerie verliehen

Die damalige Eigentümerin Olga Jäger verlieh 1951 vier Werke von Egon Schiele und Gustav Klimt an die Neue Galerie der Stadt (heute Lentos). Als die Erben den Leihschein einlösen wollten, waren die Bilder verschwunden. Für die Schiele-Zeichnung „Paar“ hat der OGH den Nachkommen 100.000 Euro zugesprochen. Dass die Stadt auch für die anderen drei Bilder zahlen muss, ist rechtskräftig ausjudiziert. Es geht nur mehr um die Summe.

Gutachterin hat Zweifel an Echtheit

Gerichtsgutachter Herbert Giese bewertete zunächst die Klimt-Zeichnung „Zwei Liegende“ mit 65.650 Euro und das Schiele-Aquarell „Junger Mann“ mit 622.500 Euro. Knackpunkt dürfte aber das ebenfalls von Schiele stammende Ölgemälde „Tote Stadt“ sein: Der Sachverständige schätzte es auf 6,5 Millionen Euro - die Echtheit vorausgesetzt. Gerade diese zog aber die amerikanische Schiele-Kapazität Jane Kallir als Privatgutachterin der Stadt in Zweifel.

„Tote Stadt“ zu 95 Prozent „echt“

Giese wurde vom Gericht beauftragt, sich mit allen im Prozess vorgebrachten Expertenmeinungen abschließend zu befassen. Sein Schluss: Er hält die „Tote Stadt“ zu 95 Prozent für echt und setzte den Wert für das Ölgemälde sogar auf 7,5 Mio. Euro hinauf. Begründung: In New York sei 2014 ein Aquarell aus dieser Werkgruppe um 2,965 Mio. Dollar verkauft worden, es gebe eine Wertsteigerung. „Zwei Liegende“ schätzte er nunmehr auf 90.000 Euro und „Junger Mann“ auf 650.000 Euro. Auf diese Zahlen gründet sich die Ausweitung der Klage - von ursprünglich 6,25, dann knapp 7,2 Mio. Euro - auf zuletzt insgesamt 8,24 Mio. Euro zuzüglich Zinsen und Prozesskosten.

Fragen drehen sich um Wahrscheinlichkeiten

Etliche Fragen, die an den Gutachter gestellt wurden, drehen sich um Wahrscheinlichkeiten. Vieles blieb ungeklärt - beispielsweise, ob Olga Jäger zu Schiele Kontakt hatte und das Bild direkt bei ihm gekauft haben könnte. Das würde erklären, warum es in keinen Werkverzeichnis aufscheint. Aber auch, ob sie mit dem Schiele-Schwager und -Fälscher Anton Peschka bekannt war oder ob sie als Malerin ausreichend qualifiziert war, eine Fälschung zu erkennen.

Richter: „Wir wissen gar nichts“

Fazit von Richter Hermann Holzweber: „Das ist genau der Punkt. Wir wissen gar nichts.“ Das einzige, das vorliege, seien die Leihscheine. Seiner Ansicht nach seien das Quittungen und auf diesen stehe nun einmal Schiele. Wenn die Stadt etwas anderes behaupte, müsse sie das beweisen. Ein Urteil ergeht schriftlich. Mit einem Zug durch die Instanzen ist ungeachtet des Ausgangs zu rechnen.

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