Kunstprozess: Gerichtsgutachter prüft erneut

Im Linzer Kunstprozess um verschwundene Klimt- und Schiele-Bilder ist der Gerichtsgutachter beauftragt, sich mit den vorgelegten Privatexpertisen zu befassen. Dass Linz zahlen muss, ist bereits rechtskräftig, doch um die Summe wird gestritten.

Es geht um die Klimt-Zeichnung „Zwei Liegende“, die Gerichtsgutachter Herbert Giese mit 65.650 Euro bewertete, das Aquarell „Junger Mann“ (622.500 Euro) und das Schiele-Ölgemälde „Tote Stadt“. Letzteres schätzte Giese - die Echtheit vorausgesetzt - auf 6,5 Mio. Euro. Auf diesen Zahlen basiert die Forderung der Erben, die von Linz 7,2 Mio. Euro haben wollen.

Expertisen der Stadt stellen Echtheit in Frage

Allerdings bezweifelten mehrere von der Stadt Linz beigezogene Experten die Echtheit der „Toten Stadt“. U.a. hält die amerikanische Schiele-Kapazität Jane Kallir das Bild „zu 95 Prozent“ für gefälscht. Ein Fake wäre ihrer Schätzung nach nur rund 500 US-Dollar wert.

Dass Linz für die verschwundenen Bilder zahlen muss, ist bereits rechtskräftig ausjudiziert. Es geht nur noch um das „wieviel“. Über den Sommer wurden Vergleichsverhandlungen geführt. Ein Angebot der Erben, die Schätzungen Gieses für die „Zwei Liegenden“ und den „Jungen Mann“ heranzuziehen und sich bei der „Toten Stadt“ in der Mitte zu treffen - also 3,9 Mio. Euro, lehnte die Stadt aber ab.

Fälschung hätte Wolfgang Gulitt erkannt

Der von den Erben beigezogene Kunsthistoriker Otmar Rychlik bezeichnete Kallirs Ausführungen am Freitag als „Gefälligkeitsgutachten“. Er hält es für gut möglich, dass die ursprüngliche Eigentümerin die Bilder direkt bei Schiele gekauft habe. Er könne sich auch nicht vorstellen, dass man dem Museum damals eine Fälschung untergejubelt habe, denn der Chef des Hauses, Wolfgang Gurlitt, galt aus ausgewiesener Schiele-Experte und Fälschungen des Künstlers sollen relativ einfach zu erkennen sein.

Gerichtsgutachter soll Stellung nehmen

Der Richter beauftragte Giese angesichts der zahlreichen Privatgutachten, zu diesen Stellung zu nehmen - einerseits was die genannten Preise betrifft, vor allem aber auch zur Frage der Echtheit.

Dazu war in Gieses ursprünglicher Expertise nichts enthalten. Der Experte will die Aufgabe bis Weihnachten erledigen, danach dürfte es noch einen weiteren Verhandlungstag geben, bevor ein Urteil gefällt wird. Es gilt aber als wahrscheinlich, dass sich die Causa durch die weiteren Instanzen ziehen wird.

Olga Jägers Übernahmeschein existiert

Die damalige Eigentümerin Olga Jäger verlieh 1951 insgesamt vier Bilder an die Neue Galerie, dem heutigen Lentos. Dafür existiert eine Übergabebestätigung, die Walter Kasten, ab 1947 stellvertretender Leiter und später Direktor, unterzeichnet hat. Im Briefkopf wird der Gründer der Neuen Galerie, Wolfgang Gurlitt, genannt.

Als die Erben den Leihschein aus dem Nachlass einlösen wollten, waren die Werke nicht mehr auffindbar. Dafür, dass sich die Bilder in der Sammlung von Gurlitts verstorbenem Verwandten Cornelius befinden könnten, ergaben sich bisher keinerlei Hinweise.

Links:

Verschwundene Werke: Erben wollen 7 Mio. Euro (27.6.14)
Linz muss für Bilder an Erben zahlen (3.9.13)