George Wolf: Hitlers Geburtshaus sprengen

Ginge es nach ihm, würde Hitlers Geburtshaus in Braunau einfach in die Luft gesprengt, so wie der Berghof und die Wolfschanze. Dass es noch steht, sei eine Beleidigung der Opfer des Holocaust, sagte George Wolf, Direktor der „Society of American Friends of the Jewish Community Vienna“ am Dienstag in New York.

Wolf diskutierte im österreichischen Generalkonsulat gemeinsam mit dem Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ), dem Wiener Historiker Oliver Rathkolb, dem Rabbiner Marc Schneier sowie Vertretern jüdischer Organisationen zum Thema „Erinnerungskultur“.

„Teil der Geschichte“

Mailath-Pokorny widersprach. Hitlers Geburtshaus sei ein Teil der Geschichte, den man nicht einfach löschen könne. Er schlage vor, dass Haus in ein „visibles Museum" und Denkmal umzuwandeln. Doch Wolf ließ nicht locker. Angesichts der Vielzahl rechtsgerichteter Aktivitäten könne das Haus leicht ein Sammelplatz von Neo-Nazis werden“.

Das Fernsehen und Dokumentarfilme müssten stärker eingesetzt werden, um die Erinnerung an den Holocaust wachzuhalten; die Arbeit der Regierung sei nicht genug. Wolf prangerte in diesem Zusammenhang den Mangel österreichischer Aufklärungsfilme über die Nazi-Zeit an. Das wollte wiederum Generalkonsul Georg Heindl nicht hinnehmen. So schlecht seien die österreichischen Filmemacher nicht, sagte er mit dem Verweis auf Spielfilme wie „Die Fälscher“ des Regisseurs Stefan Ruzowitzky.

„Große Fortschritte in der Aufarbeitung“

Ansonsten herrschte weitgehend Harmonie und Übereinstimmung am runden Tisch. Mailath-Pokorny konzedierte, dass Österreich erst Mitte der achtziger Jahre mit der Aufarbeitung der Nazi-Zeit begonnen hätte. Seitdem seien jedoch große Fortschritte erzielt worden. Er erinnerte an die Restitution von Kunstgegenständen und die Restaurierung jüdischer Friedhöfe. Ferner sei voriges Jahr das 1899 erbaute und von den Nazis zerstörte jüdische Museum – das erste in der Welt - wieder eröffnet worden. Das jüdische Leben in Wien blühe wieder auf.

Der Vertreter der Anti-Defamation League (ADL), Kenneth Jacobson, stellte den Zusammenhang zwischen Antisemitismus und anderen extremistischen Strömungen fest. In vielen Ländern gäbe es in dieser Hinsicht große Probleme, doch Österreich bemühe sich ernsthaft, diesen Problemen entgegenzuwirken, sagte er.

„Regierungen müssten stärker aktiv werden“

Michael Schmidt, der Direktor des American Jewish Committee (AJC) in New York, begrüßte die Arbeit der österreichischen Regierung bei der Aufarbeitung der Geschichte, auch wenn sie später erfolgt sei als gewünscht. Die Regierungen Europas müssten politisch stärker aktiv werden, weil etliche extremistische Gruppen ein Teil des politischen Prozesses in Europa seien, sagte er.

Rabbi Marc Schneier, der Sohn des aus Wien gebürtigen Rabbiners Arthur Schneier, zeigte sich besorgt über die Zunahme des muslimischen Anteils an der Bevölkerung Österreichs und dessen Auswirkungen auf die relativ geringe Zahl von Menschen jüdischer Glaubenszugehörigkeit.

Mailath-Pokorny antwortete darauf, der wachsende islamische Bevölkerungsanteil stelle eine Herausforderung nicht nur für Wien dar, sondern für viele andere Länder. Österreich habe es jedoch dank seiner Wohnungspolitik geschafft, die Gettoisierung verschiedener Bevölkerungsgruppen zu vermeiden.