Swap: Linz war professioneller Kunde

Linz sei ein professioneller Kunde gewesen, dort seien mehr Leute tätig als in der BAWAG P.S.K., sagte der Vorstandsvorsitzende der Bank, Byron Haynes, der im Zivilprozess der Stadt Linz gegen die BAWAG am Freitag vor dem Handelsgericht Wien als erster Zeuge Frage und Antwort stehen musste.

Die Einvernahme des Linzer Bürgermeister Franz Dobusch (SPÖ) wurde auf den 19. August verschoben. Es sei der Wunsch der Parteien, die Einvernahme umfassend durchführen zu können, so Richter Andreas Pablik. Deswegen solle die Befragung an einem Termin durchgeführt werden.

„Swap 4175“

Bei einem der größten Zivilprozesse der Justizgeschichte Österreichs geht es in der Zwischenzeit schon um rund eine halbe Milliarde Euro. Im Mittelpunkt des Verfahrens steht „Swap 4175“, hinter dem ein hochspekulatives Zins- und Währungstauschgeschäft steckt, das die Stadt Linz im Februar 2007 mit ihrer Hausbank BAWAG P.S.K. abgeschlossen hat - Mehr dazu in Linzer „Swap 4175“ - Eine Chronologie (ooe.ORF.at).

Haynes steht seit September an der Spitze der BAWAG, zuvor - ab August 2008, gehörte er bereits als Finanzvorstand der obersten Führungsebene der ehemaligen Gewerkschaftsbank an. Drei Stunden dauerte die Befragung des Bankers.

„Swap ein einfaches Produkt“

Geht es nach Haynes, handelt es sich bei dem Swap um ein einfaches Produkt mit einer simplen Formel: „Alles was man braucht, ist die Formel und Zugang zu einem Computer“, so der BAWAG-Chef im Laufe seiner Befragung durch Richter Andreas Pablik und die Vertreter der Streitparteien.

Haynes war mit dem Sachverhalt bereits seit Beginn seiner Vorstandstätigkeit befasst. Zuvor sei diese Materie schon von anderen Vorstandsmitglieder behandelt worden. Insbesondere seit die Stadt Linz auf die Restrukturierungsangebot der BAWAG - von denen es laut Haynes 50 gegeben hat - nicht reagiert hat. Grund für die Schieflage des mit der Stadt Linz abgeschlossenen Zinstauschgeschäftes - dem Swap 4175 - sei die weltweite Finanzkrise gewesen.

„War zunächst ein Standardprodukt“

Zunächst habe es sich bei dem Zinstauschgeschäft um eine Standardtransaktion, ein Standardprodukt gehandelt, das aber nach der weltweiten Finanzkrise nicht mehr „Standard“ war. Den Grund sieht Haynes im Verhalten der Stadt Linz, die keine Strategie zur Verlustvermeidung (Stopp-Loss-Strategie) gehabt habe.

Auf weitere Befragung sagte Haynes, dass das Produkt zwar nicht extra für Linz gemacht aber nur einmal an Linz verkauft worden sei. Die BAWAG habe eine Ausschreibung gewonnen, an der auch die Bank Austria teilgenommen habe. Auf die Frage von Richter Pablik und dem Rechtsvertreter der Stadt Linz, Andreas Aigner, ob es sich dabei um ein „exotisches“ oder speziell für die öffentliche Hand und Unternehmenskunden geschaffenes Produkt gehandelt habe, meinte Haynes, 2006 und 2007 habe es sich beim Swap 4175 um ein Standardprodukt gehandelt. Haynes zeigte sich auch davon überzeugt, dass das komplexe Swap-Geschäft, hinter dem 21 Optionen stehen, bankintern korrekt abgebildet werden konnte.

„Einzelheiten kenne ich nicht“

Die Einzelheiten des Vertragsabschlusses im Jahr 2007 kenne er nicht, so Haynes, soweit er aber wisse, habe die BAWAG bei Vertragsabschluss die Beschlüsse des Gemeinderates gekannt und sich darauf gestützt. Warum die BAWAG dann den Gemeinderatsbeschluss noch zweimal angefordert habe? Er wisse nicht, ob der Beschluss von Anfang an vorgelegen sei.

Die Stadt Linz sei als drittgrößte Stadt Österreichs natürlich ein wichtiger Kunde der BAWAG gewesen, so Haynes auf eine dementsprechende Frage. Warum die BAWAG das Konkurrenzangebot der Bank Austria so deutlich unterbieten habe können, könne er nicht sagen. Laut Richter Pablik hat die Stadt Linz die BAWAG vom Konkurrenzangebot der Bank Austria unterrichtet.

Keine Details wusste Haynes zum Umstand, dass der Linzer Finanzdirektor Penn im Februar der Einstufung der Stadt Linz durch die BAWAG als „professioneller Marktteilnehmer“ nicht zustimmten wollte. Wäre das ein Problem gewesen, wollte der Richter wissen. Die BAWAG drohte, das Geschäft dann aufzulösen, wenn er nicht akzeptiere. Linz sei als professioneller Marktteilnehmer eingestuft gewesen, so Haynes.

„Linz hat nicht reagiert“

Das Geschäft mit einem Streitwert von 417,7 Mio. Euro plus ZInsen sei für die BAWAG sehr wichtig. „Wir haben hier eine Transaktion, die nicht funktioniert, einen Kunden, der nicht bezahlt. Wir haben fünfzig Mal mit Linz kommuniziert, es wurde nicht reagiert. Die Stadt Linz hat nicht reagiert, sich Schaden zugefügt und Kosten geschaffen“, so Haynes.

Handelsgewinn von 3,6 Mio. Euro erlöst

Nicht beantworten wollte Haynes die Frage von Rechtsanwalt Aigner, wie hoch der Gewinn für die BAWAG wäre, wenn Linz heute alle Verpflichtungen aus dem Vertrag zahlen würde. „Ich bin heute hier, um die Kundenseite des Geschäfts zu beleuchten“, meinte Haynes, worauf ihn Richter Pablik darauf hinwies, dass er sich die Fragen nicht aussuchen könne. Bei Vertragsabschluss sei eine Verkaufsgebühr von 1,5 Mio. verrechnet worden, insgesamt sei am Tag, an dem die Transaktion abgeschlossen wurde, ein Handelsgewinn von 3,6 Mio. Euro erlöst worden, so Haynes.

Warum die BAWAG die ursprüngliche 25 Mio. Euro-Kreditlinie für die Stadt Linz nach der Finanzkrise auf 640 Mio. Euro erhöht hat, begründete Haynes mit der weltweiten Finanzkrise und damit, dass Linz nicht auf die bis dahin 20 Vorschläge reagiert hatte. „Wir haben nicht viele Kunden, die so groß sind, aber auch nicht viele Kunden, die ihre Verpflichtungen nicht erfüllen“, so Haynes. Ob dafür eine Genehmigung des Aufsichtsrates notwendig sei, müsse er selbst erst nachlesen.

Haynes selbst meinte, er sei mit den Grundsätzen „Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit“ nicht vertraut, aber seine Fachleute in der Bank. Zudem seien die Banken die am stärksten regulierte Branche.

Nochmalige Ladung für weitere Befragungen

Ob es für die BAWAG selbst möglich gewesen wäre, dasselbe Geschäft wie mit Linz als Kunde abzuschließen, wollte Haynes nicht beantworten. Das Risikoexposure des Geschäftes betrage das drei- bis vierfache des BAWAG-Bankbuches, so der Richter.

Die Befragung von Haynes wurde gegen 16:30 Uhr nach genau drei Stunden beendet. Richter Pablik kündigte an, ihn für weitere Befragungen nochmals laden zu wollen.

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