Rechtsradikales Netzwerk ausgehoben

Ein rechtsradikales und äußerst brutal agierendes Netzwerk hat eine Sonderkommission in den Bezirken Vöcklabruck und Ried ausgehoben. 24 Verdächtige konnten festgenommen werden. Der Gesamtschaden dürfte mindestens 3,5 Mio. Euro betragen.

An der Spitze der Organisation stehen vier amtsbekannte Gewalttäter aus der rechten Szene. Sie sitzen in Untersuchungshaft.

„Verein“ mit 200 Mitgliedern

Ihre Vereinigung, die sie „Objekt 21“ nannten, umfasste laut Polizei mindestens 200 Mitglieder, die allesamt der oberösterreichischen rechtsradikalen Szene zuzuordnen waren. Das Hauptquartier der Gruppe war ein Haus in Desselbrunn im Bezirk Vöcklabruck. Die Polizei fand dort Fahnen und Schriften mit NS-Symbolen. Immer wieder wurden rechtsradikale Liederabende veranstaltet. Um die brutalen Machenschaften der Verdächtigen aufzudecken, wurde die Sonderkommission SoKo 21 unter der Leitung der Staatsanwaltschaft Wels eingesetzt.

Hans-Jürgen Hofinger vom Kriminalreferat des Bezirkspolizeikommandos Vöcklabruck sagte gegenüber dem ORF Oberösterreich: „Wir haben mehrere Hausdurchsuchungen im Auftrag der Staatsanwaltschaft Wels durchgeführt. Wir haben fast in allen Bereichen Suchtgifte, verbotene Waffen, Maschinenpistolen, Munition, Sprengmittel und Gegenstände, die dem Verbotsgesetz unterliegen, gefunden.“

Rechtsextremes Netzwerk

Polizei

Handel mit verbotenen Schusswaffen

Die führenden Köpfe des rechtsradikalen Netzwerkes werden beschuldigt, einen regen Handel mit teils verbotenen Schusswaffen, Kriegsmaterial und Munition betrieben zu haben. In Summe hat die Polizei bisher 80 Verdächtige einvernommen, 24 wurden festgenommen. Zurzeit sitzen zehn Personen in Untersuchungshaft. Bei den Einvernahmen zeigten sich die meisten Verdächtigen durchaus gesprächig.

Demnach sollen die Chefs der kriminellen Organisation zum einen mehrere Einbrüche und Raubüberfälle selbst verübt haben, zum anderen sollen sie andere Mitglieder zu einer Reihe von Sraftaten angestiftet haben. Auf das Konto der Gruppe gehen laut Polizei mindestens 23 Einbrüche, Raubüberfälle, Internetbetrügereien, Brandanschläge, illegale Prostitution und Körperverletzungen. Die Gesamtschadenssumme dürfte mindestens 3,5 Millionen Euro betragen.

Bordell-Geschäftsführer mit Flex misshandelt

In einem Fall sollen sie einen Geschäftsführer eines Bordells entführt haben, den sie dann mit einer „Flex“ misshandelten. Teilweise seien die Männer geständig, sagte Hofinger.

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Unternehmer aus Rotlichtmilieu verhaftet

Die Führungsriege sei an verschiedenen Rotlichtlokalen beteiligt gewesen, heißt es im Polizeibericht. Im Zuge der Ermittlungen verhaftete die Polizei in Wien einen aus Oberösterreich stammenden Unternehmer aus dem Rotlichtmilieu. Der Verdächtige wird von Mitgliedern der kriminellen Organisation schwer belastet. Er soll Auftraggeber eines Brandanschlags auf einen Saunaclub in Wien gewesen sein - mehr dazu in Brandanschlag: Rotlichtboss verhaftet (wien.ORF.at).

Der Mann soll gezielte Störaktionen bei Konkurrenzbetrieben und Nötigung in Auftrag gegeben haben. Der Anwalt des Geschäftsmannes geht von einer Intrige aus und dass die Unterwelt seinen Mandanten loswerden wolle. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

Rechte Mieter erst vor kurzem delogiert

Mehrere der Personen, die nach Brandanschlägen auf Bordelle in Untersuchungshaft sitzen, sind amtsbekannte Rechtsextreme. Sie gehörten der vor zwei Jahren aufgelösten Vereinigung „Objekt 21“ an, die ihren Sitz in einem Bauernhof im Bezirk Vöcklabruck hatte. Eigentümer des Hauses ist ausgerechnet der Vater von Regisseur Stefan Ruzowitzky, der für sein KZ-Drama „Die Fälscher“ mit einem Oscar ausgezeichnet wurde. Er hatte nicht geahnt, wer sich in dem Gebäude einquartiert hat, und wurde die unliebsamen Mieter erst mit einer Delogierung Ende 2012 los.

Erich Ruzowitzky sagte, er habe anfänglich nichts bemerkt:

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Reichskriegsflagge am Eingang gehisst

Im Frühjahr 2010 tauchte das „Objekt 21“ erstmals in den Medien auf, als Kopf galt der einstige Anführer des „Kampfverbandes Oberdonau“ (Bezeichnung für Oberösterreich während des „Dritten Reiches“, Anm.). Er richtete in dem Bauernhof ein „Partyzentrum“ ein, dessen Bar germanische Runen zierten. Die Grillstelle im Garten war in Form einer „Schwarzen Sonne“, eines NS-Symbols, angelegt, am Eingang wurde die Reichskriegsflagge gehisst. Auch der Körperschmuck des Rädelsführers, der bereits mit dem Gericht zu tun gehabt hat, zeugt von brauner Gesinnung: Er trägt u. a. einen SS-Mann und die Schriftzüge „Blood & Honour“ und „White Power“ als Tattoos. Facebook-Kommentare soll er mit Hakenkreuzen versehen haben.

Internetversand betrieben

Im Sommer 2010 stellte sich heraus, dass die rechte Gruppierung auch einen Internetversand betreibt. Das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung führte daraufhin eine Hausdurchsuchung durch. Im Jänner 2011 wurde „Objekt 21“ schließlich aufgelöst. Zwei Monate später zeigten die Grünen bei der Staatsanwaltschaft Wels an, dass ehemalige Aktivisten erneut im Internet einschlägige Ware zum Kauf anbieten. 2012 wurde ein Mitglied der Vereinigung wegen jahrelangen Handels von verbotenen Gegenständen rechtskräftig zu einer bedingten Haftstrafe verurteilt.

Politische Reaktionen

Die Zerschlagung eines mutmaßlichen rechtsradikalen Netzwerkes ist für die Grünen in Oberösterreich ein Beweis, dass es hierzulande sehr wohl eine vernetzte, gewaltbereite und rechtsextreme Szene gebe, sagt die Menschenrechtssprecherin der Grünen, Maria Buchmayr. Die eindringlichen Warnungen der Grünen seien keinesfalls übertrieben, und der Kampf gegen den Rechtextremismus müsse weiter vehement gestärkt werden.

Fünfmal mehr rechts- als linksextreme Taten verzeichne der Verfassungsschutzbericht des Innenministeriums. Das Ausheben dieses rechtsradikalen Netzwerkes müsse als großer Erfolg für die Sicherheit und Demokratie in Oberösterreich gesehen werden, sagte SPÖ-Chef Landeshauptmannstellvertreter Josef Ackerl.

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