Verbleib des Bernhard-Archivs ungewiss

Bleibt das Thomas-Bernhard-Archiv in Gmunden? Im Sommer läuft die Förderung des Bundes für das Forschungszentrum aus. Begehrlichkeiten gibt es aus Wien und Salzburg. Als Universalerbe muss jetzt der Halbbruder von Bernhard entscheiden.

Wer kann sich mit der literarischen Marke Thomas Bernhard schmücken? Durch die Verlagerung der Internationalen Thomas-Bernhard-Gesellschaft (ITGB) vor zwei Wochen von Wien nach Salzburg und der Ankündigung eines neuen Festivals - in Bernhards ehemaligem Lungenkurort im Salzburger Goldegg - sowie der unsicheren Situation des Bernhard-Archivs in Gmunden werden die Karten neu gemischt.

Thomas-Bernhard-Archiv Gmunden

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„Wir wollen uns das gar nicht vorstellen“

Denn die Salzburger wollen das Thomas-Bernhard-Archiv gerne in der Mozartstadt haben. Für die Oberösterreicher wäre das ein mehr als bitterer Verlust, sagt Petra Maria Dallinger vom Adalbert-Stifter-Institut in Linz: „Das möchte man sich momentan jetzt noch gar nicht vorstellen.“

Land OÖ sanierte Villa Stonborough

2001 hat das Land Oberösterreich viel Geld in die Hand genommen und das denkmalgeschützte Gebäude der Villa Stonborough, in der das Thomas-Bernhard-Archiv untergebracht ist, saniert und bis heute finanziert - eine feine Adresse am Traunsee gleich neben Schloss Orth. Dort wird fleißig geforscht und publiziert. Nun strich der Bund die Finanzierung der eineinhalb Archivmitarbeiter.

Landeshauptmann und Kulturreferent Josef Pühringer (ÖVP) sagte, es sei sicher auch im Sinne Bernhards, da er die wesentlichen Zeiten seines Lebens in Ohlsdorf verbracht habe. Daher müsse man sich auch mit dem Bund nochmal darüber unterhalten.

Unaufgeregter Zugang zu Bernhard

Während man in Goldegg mit Stars aus der heimischen Festspielszene - wie zum Beispiel Ben Becker - die Medienaufmerksamkeit auf ein neues Thomas-Bernhard-Festival auf sich ziehen will, ist in Oberösterreich der Zugang zu diesem bedeutenden Dichter unaufgeregter. Mit Lesungen und Diskussionen stehe vor allem die wissenschaftliche Auseinandersetzung im Mittelpunkt. Diesbezüglich sind sich die Stifter-Haus-Direktorin und der Kulturreferent des Landes Oberösterreich einig, wie sie betonen.

Bestes Angebot entscheidet

Entscheidend wird jetzt sein, wer dem Universalerben Bernhards, Peter Fabjan, das beste Angebot stellt - Wien, Salzburg oder Oberösterreich. Der Halbbruder des Dichters hält sich in dieser Frage noch bedeckt. Er wolle die Angebote im Sinne des Weltautors Thomas Bernhard in Ruhe sondieren. Für Oberösterreich heißt es deshalb, erst einmal abwarten und ruhig Blut bewahren, so Dallinger. Was bleibt, seien die Häuser in Oberösterreich. Die könne man nicht wegtragen.

Wird das Thomas-Bernhard-Archiv in Oberösterreich bleiben, wird die Festspielstadt Salzburg mit Glanz und Glamour den Universalerben überzeugen? Oder wird gar die Stadt Wien, wo Thomas Bernhard begraben ist, ihre Begehrlichkeiten durchsetzen? „Ich will meinen Kampf beten, den großen Kampf um meine Seele“, schrieb Bernhard einst in seinen Psalmgedichten. Wer den Kampf um den bedeutenden Dichter für sich entscheiden wird, soll in den kommenden Wochen feststehen.

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