Sendungshinweis
„Premiere“, 2.4.22, ab 19.03 Uhr in Radio OÖ
Der Stimmungsbogen in der Literaturstunde „Premiere“ umfasst diesmal Ernsthaftes und Tragisches, Kritisches und Träumerisches, aber auch Gefühle von Glück, großem Mut und einem doch noch guten Ende.
Sorgfältige Würdigung von Menschenleben
Susanne Huber, geboren in Zell am See in Salzburg und seit 2010 in Linz lebend, verarbeitet in ihren Büchern wahre Begebenheiten aus Familien und würdigt diese damit in besonderer Weise. Die Autorin hat in Neuerer Deutscher Literaturgeschichte promoviert. In ihren Büchern verwebt sie Fakten mit Fiktion und entzieht kaum zu fassende tatsächliche Ereignisse dem Vergessen-Werden.
„Und der See schweigt“
Behutsam nimmt Susanne Huber in „Und der See schweigt“ die Geschichte ihrer Ahnen in Zell am See auf. Schon als Kind wurde sie auf einen Gedenkstein aufmerksam, der an ein Unglück auf dem See im Jahr 1917 erinnerte. Mit dem Stehruderkahn wollten damals Georg, vier seiner Kinder sowie eine Magd und ein Knecht den See queren – niemals aber kamen sie an ihrem Ziel an. Georgs Frau Maria, die den See und das Wechselspiel seiner Farben immer geliebt hat, war die Ur-Ur-Großmutter der Autorin.
In einem weiteren Buch erzählt Susanne Huber das Schicksal eines zehn- und eines elfjährigen Buben nach. Ende 1945 machen sich Hans und Hias zu Fuß von Ungarn nach Zell am See auf – dort erhoffen sie sich den Zutritt zu einem menschenwürdigen Leben. Welche Behandlung die Kinder erfahren, wie sie kalte und trostlose Nächte überdauern, wie ein mitfühlender Bäcker im ungarischen Hegyeshalom ihren Hunger lindert, wird in „Als wir Schatten waren“ eindringlich geschildert.

Lesungen in Linz und Neumarkt im Mühlkreis
Susanne Huber liest anlässlich der „Langen Nacht der Bibliotheken“ am 30. April in Neumarkt im Mühlkreis und am 4. Mai im Linzer Café Traxlmayr. Eine Doppellesung mit Johanna Wurzinger ist für 12. Mai im Adalbert Stifter Haus in Linz angesetzt.
Adalbert Stifter und das Ahnungsvolle im Frühling
Natur und Himmel, Farben und Träumereien spielen im Text „Veilchen“ von Adalbert Stifter eine frühlingshafte Rolle. Ein Maler kann erkältungsbedingt sein Zuhause nicht verlassen – doch gerade diese Einschränkung verleitet ihn erst recht zu sehnsuchtsvollen Blicken in den blauen Himmel. In seinen träumerischen Phantasien schwebt dem Mann nicht nur ein elegantes Heim vor, sondern auch ein weibliches Wesen an seiner Seite, mit dem sich Sternenhimmel und Mozartmelodien gemeinsam erkunden lassen.

Ein lästiges Insekt namens Freiheit
Einen kritischen und aufdeckenden Blick auf die arbeitende Gesellschaft des 21. Jahrhunderts tut Mario Keszner in „Rindvieh. Where is My Mind?“. Der gebürtige Wiener und in Linz lebende Autor schildert die Überlegungen eines jüngeren Mannes, der ein Leben zwischen Office-Tower, Familie und einem smarten Zuhause führt. Nach außen hin hält die Erscheinung des Mannes recht gut mit den allgemeingültigen Standards mit. „Adrett gekleidet ist er und fest verankert ist er im sozialen Stilleben – und in einer respektablen Steuerklasse, das auch …“ heißt es an einer Stelle im Text.
Dennoch hegt der Angestellte immer stärkere Zweifel an diesem durchgetakteten Sein. Ehrlich, verzweifelt und auch aggressiv reagiert er, wenn das „lästige Insekt namens Freiheit“ in regelmäßigen Abständen über seinen Rücken schabt und Aufmerksamkeit fordert.
Ulrike Arp und Markus Hamele lesen
Der in „Facetten 2021“ erschienene Text ist Teil des Romans „Calathea“, der im Mai im Löcker Verlag erscheinen wird. In der Sendung „Premiere“ lesen Ulrike Arp und Markus Hamele.
Literaturhinweise zur Sendung
• Susanne Huber: „Und der See schweigt“ und „Als wir Schatten waren“ (Rupertus Verlag).
• Adalbert Stifter: „Veilchen“. Aus: „Frühlingsgeschichten für glückliche Stunden“, herausgegeben von Norma Schneider, Fischer Klassik.
• Mario Keszners Text „Rindvieh. Where is My Mind?" ist in „Facetten 2021“, dem Literarischen Jahrbuch der Stadt Linz, erschienen. Es ist ein Auszug aus dem Roman „Calathea“, der im Mai im Löcker Verlag erscheinen wird.