Mikrophon auf langer Halterung
pixabay/arembowski
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Lust aufs Leben

Das Schnulzodrom in „Lust aufs Leben“

Im Rahmen der Reihe „Hörenswürdigkeiten“ werden schon seit vielen Jahren in unregelmäßigen Abständen Raritäten, Kostbarkeiten und Klassiker aus dem „Radio OÖ Archiv“ exklusiv in den Vordergrund gestellt.

Sendungshinweis:

„Lust aufs Leben – Kultur aus allen Richtungen“, 15.3.2020, 21.03 Uhr

Die Exklusivität besteht darin, dass es sich um wertvolles Archivmaterial handelt, das sich ausschließlich im Besitz von Radio OÖ befindet und damit einzigartig ist.

Auch in Linz produziert

Im Falle unserer Archivbestände wären da Produktionen wie „Hula Hopp“, „Echo der Zeit“, „Gestatten, mein Name ist Cox“, „Tanzmusik auf Bestellung“, „Ham S’scho g’hört“, „Alles klar, Herr Kommissar“, „Von Land und Leuten“, die sonntäglichen „Linzer Torten“ zu nennen.

Linz mit Oldtimern und Lokomotiven
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Allesamt legendäre Radiosendungen mit legendären Moderatoren und Sprechern wie Walter Waldherr, Andreas Reischek, Reinhard Mildner, Wilfried Freudenthaler. Können Sie sich noch an Haymo Pockberger und sein Schnulzodrom erinnern? Das war in den 70-ern eine Serie, die zwar in Ö3 ausgestrahlt aber in Linz produziert wurde.

Gereimte Blödsinnigkeit

Pockberger beschäftigte sich mit der damals aktuellen Schlagerszene und legte die gereimte Blödsinnigkeit ihrer Liedtexte frei. Haymo Pockberger hat sich einstmals jenen musikalischen Katastrophen ausgesetzt, die er auf drei Begriffe reduzierte: Liebe, Schmalz und falsche Tränen.

Damals als die Radiomacher dem deutschen Schlager hörig waren, als selbst die Jugendredaktion bedenkenlos Vico Torriani spielte, während in England der Beat schon Furore machte, ehedem war einer wie Haymo Pockberger geradezu bahnbrechend.

Eigentlich kam er dem deutsch-österreichischen Satiriker-Duo Christoph Grissemann und Dirk Stermann seiner Zeit zuvor, die von 1995 bis 2002 und 2012 den Song Contest ebenfalls spöttisch kommentierten.

Aussterbende Klänge und Geräusche

Im zweiten Teil der Sonntagssendung habe ich eine Sammlung aussterbender Klänge und Geräusche zusammengestellt. Denken Sie an den Klang, der entsteht, wenn man mit einer Kreide auf der Tafel schreibt, das Rattern eines Wählscheibentelefons in einer Telefonzelle bis hin zum Knattern von Eisenbahnwaggons, wenn sie die Fugen zwischen den Gleisen überrollen.

Telefonzelle
ORF

Das nennt man in der Fachsprache den Schienenstoß. Geräusche und Klänge kommen, Geräusche und Klänge gehen. Viele von ihnen stehen für eine Epoche und sagen mehr als es die Sprache je vermag.

Geräusche und Wahrnehmungen

Geräusche verwandeln sich im wahrsten Sinn des Wortes in Wahrnehmung und es wird eines Tages einmal heißen: Es gab einmal Autos, die einen Höllenlärm machten. Dabei meint man nicht das Blubbern der VWs, das Schnurren eines Volvos, das Klopfen eines Renault 4, Baujahr 1962. Gemeint ist dann vielmehr, dass Autos überhaupt irgendein Geräusch von sich gegeben haben.

Linz mit Oldtimern und Lokomotiven
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Denn sie werden elektrisch betrieben werden und gar keinen Laut mehr von sich geben. Geräusche und Klänge sind auch nicht immer zufällig da. Mit ihnen will man eine konkrete Wirkung erzielen. Der Mensch erwartet das.

Geräusche im Alltag

Ist ein Staubsauger beispielsweise sehr leise, zweifelt man an seiner Saugkraft. Leise Straßenbahnen oder Fahrzeuge können zu Unfällen führen, der Verkehrslärm ist eben ein wichtiger Informationsträger und warnt uns. Viele Geräusche, Töne und Klänge gehörten einmal zu unserem Alltag, denken Sie an eine Dampflokomotive, eine Schmalfilmkamera oder eine Kaffeemühle.

Linz mit Oldtimern und Lokomotiven
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Gefährdete Geräusche

Bedingt durch den rasanten technischen Fortschritt, sind eine Vielzahl von Objekten fast gänzlich aus unserem Leben verschwunden. Man kann also nicht nur von ausgestorbenen Tieren oder Pflanzen sprechen, sondern auch von gefährdeten, bedrohten, verschwindenden oder vergessenen Geräuschen, die ebenso vor dem Aussterben bewahrt werden müssen, weil sie die kommenden Generationen im Alltag kaum noch zu hören bekommen.

Reise in Klanglandschaften

Alles das, was eben noch so „analog“ ist und bald sterben wird. Den Text für diese Sendung hätte ich früher auf einer mechanischen Schreibmaschine geschrieben. Jetzt mache ich das zwar noch immer auf einer Tastatur, nur zum Unterschied zu früher produziert sie stumm Zeichen, Buchstaben und Texte.

Machen Sie mit bei einer Reise in Klanglandschaften, deren Existenz mittlerweile bedroht scheint und unterzugehen droht.

Michael Huemer