Safran
Michael Huemer
Michael Huemer

Erlebnisse eines Linzers bei der Safran-Ernte

Im Zeichen des wertvollsten und teuersten aller Gewürze steht die Sendung „Lust aufs Leben“ am Sonntag ab 21.03 Uhr. Bis zu 250.000 Blüten müssen händisch geerntet und getrocknet werden, um ein Kilogramm Safran zu erhalten. Ein Linzer war bei der Safran-Ernte in Spanien dabei.

Jahrhundertelang war sein Aroma Bestandteil der orientalischen Küche. Die Araber brachten ihn im 7. Jahrhundert auf die iberische Halbinsel. Das wie seltenes Edelmetall geschätzte Gewürz entstammt einer geheimnisvollen, launenhaften Blüte, die nur zu ganz bestimmten Stunden des Tages gepflückt und geerntet werden kann: Safran. Es heißt, der Safran aus La Mancha sei der Beste der Welt.

Safran-Ernte
Michael Huemer
Safranfeld

Er besitzt die intensivste goldgelbe Farbe, das ausgeprägteste Aroma und den komplexesten Geschmack. Die Blüten werden von Hand geerntet, die Fäden werden von Hand aus dem Blütenkelch entfernt und auch die Röstung und Verpackung in kleinen Mengen erfolgt händisch. Damit ist es ein Produkt, das auch heutzutage noch mit genau den gleichen handwerklichen Methoden hergestellt wird wie zu Don Quijotes Zeiten. Michael Huemer hat sich auf den Weg nach Spanien gemacht.

Madridejos liegt im Herzen Spaniens, in der sogenannten „La Mancha“, ungefähr 170 km südlich von Madrid. Wer „La Mancha“ nicht kennt, sollte wissen, dass es sich um eine Hochebene mit extremen klimatischen Bedingungen handelt. Glühend heiße und trockene Sommer wechseln sich ab mit eiskalten Wintern. Die Temperaturextreme liegen zwischen +40 Grad und –20 Grad. Der ständig blasende Wind macht den kargen Boden steinhart. Ideale klimatische Bedingungen für den Anbau der Safranrose.

Sendungshinweis

„Lust aufs Leben“, 4.8.19

Mühsame Ernte

Wer kennt nicht das Lied „Backe, backe Kuchen“, wo es zum Ende heißt „Safran macht den Kuchen gel“. Die Safranblüte ist eigentlich ein Krokusgewächs ähnlich unserer Herbstzeitlose, gehört streng botanisch zur Familie der Schwertlilien. Die zarte violette Blüte enthält drei rote Narben, die in der Gastronomie die hochgeschätzten Safranfäden bilden. Sie gilt als unberechenbar, launisch und ihr Dasein ist kurz. Sie erwacht zum Leben während kühler Herbstnächte, durchbricht noch vor Sonnenaufgang die Erde, um im Morgengrauen die tags zuvor noch ockerfarben daliegenden Felder mit einem violetten Blütenteppich zu überziehen. Mit den ersten Sonnenstrahlen öffnen sich die Blüten wie Flämmchen, ein betörender Duft zieht über das Feld.

Safran-Ernte
Michael Huemer

Nachdem die Blüten in große Körbe umgeladen worden sind, geht es wieder zurück in den Ort Madridejos. Noch am gleichen Tag müssen sie gesäubert und geputzt werden, damit das Aroma der Blütenfäden nicht verfliegt.. Es beginnt die mühseligste Arbeit – die „Monda“.

Die Safranputzer

Die Safranputzer sitzen dabei an langen Tischen, in deren Mitte die Safranblüten aufgehäuft werden. Mit erstaunlicher Fingerfertigkeit zupfen sie die drei roten Staubgefäße, die Stempelfäden, aus dem Blütenkelch, legen sie auf weiße Teller und werfen den Rest der Blüte auf den Boden. Das kann bis spät nach Mitternacht dauern – anstrengende aber auch gesellige Nächte, bei denen die ganze Familie zusammenkommt, manchmal bis zu drei Generationen, aber auch Freunde, Nachbarn, Verwandte. Es werden Geschichten erzählt, es wird geplaudert, diskutiert, gelacht und auch viel gesungen, wie gleich Gregoria mit ihren Töchtern Valentina und Maria.

Safran-Ernte
Michael Huemer

Nach der Monda, dem Auszupfen, werden die Safranfäden geröstet, dieser Prozess wird “Tostado" genannt. Dazu werden die Safranfäden in einer etwa 2 cm dicken Schicht auf den sogenannten „Cedazos“, das sind Siebe, über einem Kohlebecken oder einem Gasfeuer ausgebreitet. Die Hitze darf nicht zu stark sein, damit Farbe und Aroma keinen Schaden nehmen. Andererseits muss alles gut durchtrocknen, damit die nötige Geschmeidigkeit und Haltbarkeit des Safrans gewährleistet wird. Ein heikle Aufgabe, die nur von den ältesten und erfahrensten Frauen übernommen wird. Das wertvolle Gut wird feuchtigkeits- und lichtgeschützt in Kästen, Truhen oder Schubläden aufbewahrt – so bleibt dieses Gewürz viele Jahre haltbar.

Wenn man bedenkt, dass für ein Kilo Safran 200 bis 250.000 Blüten händisch geerntet, ausgezupft und getrocknet werden müssen, dann kann man verstehen, warum der Safran das teuerste Gewürz der Welt ist. Und seit Safran gehandelt wird, verleitet er zu Fälschungen. Die Möglichkeiten dazu sind vielfältig: oft wird Safran mit Ziegelstaub gestreckt oder man verkauft überalterte, zu stark getrocknete oder schlecht gelagerte Ware. Selbst große Gewürzfirmen verkaufen mitunter Safranprodukte, bei denen das Gewicht künstlich durch Beigabe von Öl oder Glycerin erhöht worden ist.

Safran
Michael Huemer

Inzwischen ist der spanische Safrananbau vor allem durch Billigimporte aus dem Iran bedroht. Deswegen haben sich 387 Bauern und 7 Händler vor einigen Jahren zusammengeschlossen und den „Consejo Regulador de Origen Azafran de la Mancha“, ein unabhängiger Kontrollrat, gegründet. Dieser Verband vergibt Zertifikate an Produzenten und hat ein Etikett kreiert, ein charakteristischer Aufkleber mit einer zartlila Safranblüte und einem Quijote-Emblem. Diese Art „Etikettt“ garantiert dem Kunden, dass der von ihm gekaufte Safran auch wirklich aus der Mancha kommt und somit dem Anspruch, der beste Safran der Welt zu sein, entspricht.

Macht nicht nicht nur Kuchen gelb

Safran ist ein wichtiger Bestandteil in der zentralasiatischen und nordindischen Küche. Man verwendet ihn dabei in großem Umfang für Reisspeisen. Dank der aromatisierenden Eigenschaft erfreut sich der Safran zunehmender Beliebtheit in der mediterranen Küche, oft in Zusammenhang mit Fisch und Meeresfrüchten. Das italienische „Risotto Milanese“, die provencalische Fischsuppe „Bouillabaisse“ und die spanische Nationalspeise „Paella Valenciana“ sind weit über die jeweiligen Landesgrenzen hinaus geläufige Beispiele. In unseren Breiten taucht Safran nur in einigen Kuchenrezepten auf. Weniger bekannt ist sein traditioneller Einsatz als Heilmittel in der Medizin: er wirkt schmerzlindernd, appetitanregend, gefäßerweiternd, er stärkt das Herz und fördert die Durchblutung. Safran ist also Gewürz und Droge. Ein bisschen zuviel, und er verwirrt die Sinne, er führt einen euphorischen Zustand hervor, der zum Lachkoller führt, eine Überdosis kann tödlich sein. In Maßen verwendet aber macht er fröhlich und ausgeglichen, wirkt stimulierend auf Seele und Geist. Dass Safran in der Vergangenheit als Abortivum, als ein Mittel zur Herbeiführung einer Fehlgeburt, verwendet wurde, bestreitet Gregoria.

Safran
pixabay/ulleo

„La fiesta de la rosa del azafran“

Spanien wäre nicht Spanien, wenn es zu Ehren der Safranrose nicht auch ein Fest gäbe. Alljährlich am letzten Sonntag im Oktober feiert man in der Ortschaft Consuegra „La fiesta de la rosa del azafran“, das „Fest der Safranblüte“. Dort geben sich Vertreter aus allen safrananbauenden Provinzen ein Stelldichein. Es handelt sich um eine einfache, volkstümliche Fiesta, die auf natürliche Weise die Landschaft, die Folklore und die Arbeit zu einem großen Ganzen vereint. Es werden sportliche Wettkämpfe abgehalten, es gibt Foto- und Gemäldeausstellungen zum Thema Safranrose, im Stadtpark findet ein kulinarischer Kochwettbewerb typischer Gerichte der Region statt, die ehemalige Viehschau ist einer Ausstellung landwirtschaftlicher Maschinen gewichen. Schon am Freitag vor der Fiesta werden die Festkönigin und ihre Ehrendamen gekürt, ein in nahezu allen spanischen Dörfern üblicher Brauch. In Consuegra bekommt die Königin aber den Ehrennamen „Dulcinea de la Mancha“, in Andenken an Don Quijote, der dieser Region für immer seinen Stempel aufgedrückt hat.

Höhepunkt der Fiesta ist der Zupf-Wettbewerb. Jeder Teilnehmer bekommt 100 Safranblüten ausgehändigt. Derjenige, der zuerst fertig ist, gewinnt, wobei jedoch größter Wert darauf gelegt wird, dass die Safranfäden korrekt nach der traditionellen Methode entfernt werden. Der Wettbewerb wird in zwei Altersstufen abgehalten – einer für Kinder und einer für Erwachsene.

Dem Wettbewerb folgt das traditionelle Chor- und Volkstanzfest von Castilla-La Mancha. Die vier teilnehmenden Gruppen kommen dieses Jahr aus den Provinzen Leon, Murcia und Toledo. Sie erfreuen mit ihren farbenfrohen Landestrachten, ihren vielfältigen Instrumente und den originellen Tanzdarbietungen Jahr für Jahr das Publikum doppelt: einerseits durch die Schönheit der Tänze selbst und andererseits, dass die Lieder und Melodien am Leben erhalten bleiben.

Hier können Sie die Sendung nachhören:

Michael Huemer, ooe.ORF.at