Hygienemängel in Pflegeheim festgestellt

Die Volksanwaltschaft hat in einem Pflegeheim im Bezirk Perg nach Grippefällen hygienische Mängel festgestellt, die für die Bewohner tödlich sein könnten. Das bestätigte Volksanwalt Günther Kräuter am Freitag gegenüber der „Kronen Zeitung“.

Am 14. und 16. März erschien eine Kommission der Volksanwaltschaft unangekündigt in dem Heim. Danach hielt sie fest, dass „aufgrund zögerlich umgesetzter Hygienemaßnahmen nach einem Influenzaausbruch akute Ansteckungsgefahr“ bestehe, so Kräuter. So sei das Reinigungspersonal betreffend des Säuberns und der Desinfektion weder speziell unterwiesen worden, noch habe es schriftliche Instruktionen erhalten.

Nur telefonische Anweisungen

In zwei Fällen, in denen der Verdacht einer Grippeerkrankung bestand, sei der Hausarzt nicht bereit gewesen, eine Visite durchzuführen, es habe lediglich telefonische Anweisungen gegeben, merkte die Volksanwaltschaft weiters an. Eine Ausbreitung der Influenza sei „aufgrund des Alters und der Grunderkrankungen der Bewohnerinnen und Bewohner mit einem hohen Mortalitätsrisiko verbunden“, sagte die Kommission und schlug Alarm. Daher richtete Kräuter an das Land Oberösterreich die schriftliche Bitte, „dringendst und ohne weiteren Verzug Maßnahmen eines strukturierten und nachhaltigen Hygienemanagements zu setzen“.

„Kritik richtet sich gegen die Strukturen“

Kräuter sagte am Freitag gegenüber dem ORF Oberösterreich: "Jetzt ist die Fachaufsicht des Landes am Zug, die ist auch vor Ort und kümmert sich natürlich um die Sache. Es wird aber wieder neuerliche, unangemeldete Besuche geben. Und man wird dann sehr genau überprüfen, ob man strukturell etwas geändert hat, um solche Situationen zu vermeiden. Bedauerlicherweise stellen wir in vielen Einrichtungen in Österreich Defizite und Missstände fest. Am problematischsten ist die Personalsituation. Unsere Kritik richtet sich nicht gegen das Pflegepersonal, sondern gegen die Strukturen. So gibt es beispielsweise in rund 50 Prozent der Alten- und Pflegeheime in Österreich in den Nachtdiensten zu wenig diplomiertes Personal. Das ist ein Strukturproblem, das dringend verbessert gehört.“

„Entspricht nicht den Tatsachen“

Dass Mitte März eine Prüfung der Volksanwaltschaft stattgefunden hat, war bekannt. Die Vorwürfe verstehe man aber nicht, so der Bürgermeister von St. Georgen, Erich Wahl (SPÖ): „Es ist uns völlig unerklärlich, woher die kommen, weil sie nicht den Tatsachen entsprechen und nicht dem, was in diesem Haus vorgegangen ist oder vorgeht. Ich habe mir selber die gesamte Pflegedokumentation angesehen und bin, wie auch die Heimaufsicht, zu dem Schluss gekommen, dass es hier keine problematische Situation gibt.“

Vor allem die im Bericht der Volksanwaltschaft erwähnte Grippeepidemie sorgt für „Irritationen“, so Wahl: „Wir sind vollkommen überrascht, dass sich der Bericht so stark auf eine Influenzaepidemie bezieht, die es de facto, laut Dokumentation, laut Ärzten nicht gibt.“

„Eh alles in Ordnung gewesen“

Die Schärfe der Vorwürfe scheint die Gemeinde, die das Senioren- und Pflegeheim selbst betreibt, völlig auf dem falschen Fuß erwischt zu haben. Auch die Opposition im Gemeinderat gibt sich Freitagvormittag zurückhaltend. Die Grünen wollen erst noch weitere Erkundigungen einholen. Sie kritisieren aber, dass man mit der Weitergabe von Informationen im Gemeinderat sehr zurückhaltend sei. In dasselbe Horn stößt auch die ÖVP, die größte Oppositionspartei. Man habe immer wieder versucht, Zahlen oder Informationen über den Zustand des Pflegeheims zu bekommen, sei aber immer wieder vertröstet worden, weil „eh alles in Ordnung sei“.

Bereits 2016 gravierende Mängel festgestellt

Es ist aber nicht das erste Mal, dass Missstände in St. Georgen kritisiert werden. Im Herbst 2016 hatte der Landesrechnungshof gravierende Mängel im Seniorenheim festgestellt. Es entspreche nicht den Standards, hieß es damals. Der Bürgermeister sieht die Gemeinde durch die nun erneute Kritik in ein falsches Licht gerückt: „Ich habe heute Mitarbeiterin gehabt, die geweint haben.“ Er plant nun, die Angehörigen der Bewohner des Pflegeheims zu kontaktieren und zu informieren.

Hygienebeauftragte des Heimes in Karenz

Inzwischen hat sich auch die Heimaufsicht des Landes OÖ dazu gemeldet. Sie bestätigt, dass es in kurzer Zeit mehrere Influenzafälle gegeben hat. Es seien aber Desinfektionsmittel in mehreren Bereichen des Heimes vorhanden gewesen. Auch ein schriftliches Hygienekonzept liege vor und sei zuletzt mit 1. Jänner 2019 überarbeitet worden. Es habe auch Hygieneschulungen gegeben, allerdings hätten daran nur wenige Mitarbeiter teilgenommen. Jetzt hat man seitens des Landes eine verpflichtende Schulung vorgeschrieben. Außerdem sei die Hygienebeauftragte des Heimes in Karenz, und ihre Stelle sei nicht nachbesetzt worden. Das müsse nun auch geschehen, heißt es.

Erste Reaktionen aus der Politik gab es am Freitag auch schon. ÖVP-Sozialsprecher Wolfgang Hattmansdorfer fordert vom St. Georgener Bürgermeister in allen Fällen lückenlose Aufklärung.