Freispruch in Vergewaltigungsprozess

Ein 29-Jähriger ist am Dienstag in Linz rechtskräftig vom Vorwurf freigesprochen worden, im November des Vorjahres eine Frau in der Toilette einer Diskothek vergewaltigt und ihr Drogen verabreicht zu haben.

Es hätten sich einige Fragezeichen im Verfahren ergeben, so Richterin Ursula Eichler, daher habe der Schöffensenat im Zweifel für den Angeklagten entschieden.

„Opfer posttraumatisch belastet“

Die Staatsanwältin warf dem Angeklagten vor, dass er das 19-jährige Opfer mit dem Hinweis, dass er bewaffnet sei, genötigt habe, auf der Toilette einer Linzer Disco eine weiße Substanz zu konsumieren, wohl Kokain, und dass er die junge Frau anschließend zum Geschlechtsverkehr gezwungen habe. Das Opfer habe ihn eindeutig in nachvollziehbarer Weise belastet.

Laut einem Gutachten - aufgrund der Vorgeschichte des Angeklagten, der eine einschlägige Vorstrafe aufweist - liege bei dem 29-Jährigen keine Beeinträchtigung der Zurechnungsfähigkeit vor. Der Privatbeteiligtenvertreter gab an, das Opfer leide unter psychischen Problemen, sei posttraumatisch belastet.

„Das kann sich für mich nicht ausgehen“

Verteidiger Andreas Mauhart äußerte Zweifel, dass eine Vergewaltigung auf der Toilette einer Diskothek, wo immer Menschen in der Nähe seien, sogar meistens ein Sicherheitsmitarbeiter postiert sei, unbemerkt bleiben könne. Er habe auch noch nie so verwirrende Aussagen wie jene des Opfers gehört, so der Verteidiger. „Sie haben da einen Mann, der perfekt passt, aber ich bin relativ sicher, die Vergewaltigung, was ihm da vorgeworfen wird, das kann sich für mich nicht ausgehen“, wandte er sich an das Schöffengericht. Zudem strahle der 29-Jährige laut Gutachten keine Gefährlichkeit mehr aus.

„Kokain aus eigenen Stücken konsumiert“

Laut dem Angeklagten habe die 19-Jährige einvernehmlich mit ihm Sex gehabt, ihn sogar in die Toilettenkabine gezogen. Auch das Kokain hätte sie aus eigenen Stücken konsumiert - er habe gesagt, sie solle später in ein anderes Lokal kommen, dort könne er ihr noch mehr Drogen besorgen. Wenn er sie vergewaltigt hätte, „warum soll ich das tun, ihr sagen, dass ich in das Lokal fahre und dann echt dorthin fahren?“, fragte er.

Er könne sich nicht erklären, warum sie ihn beschuldige. Am ehesten, weil sie böse gewesen sei, da er die Toilette nach dem Verkehr gleich verlassen habe, und sie ihn wohl später mit seiner Freundin gesehen habe. „Dass es moralisch gesehen nicht okay war, weiß ich und das tut mir leid meiner Freundin gegenüber“, sagte er zum Schluss des Prozesses.

Opfer schilderte Tat ganz anders

Das aufgelöste Opfer schilderte die Tat in einer kontradiktorischen Einvernahme ganz anders. Sie sprach davon, dass es in die Kabine gedrängt worden sei und der Angeklagte hätte „gesagt, ich soll leise sein, weil er hat eine Waffe“. Daraufhin sei sie in einer „Schockstarre“ seinen Anweisungen gefolgt, berichtete die Frau. „Ich hab einfach so Angst gehabt.“ Deshalb habe sie auch nicht geschrien. Zudem glaubte sie ein Messer gesehen zu haben, ein solches wurde aber beim Angeklagten nicht gefunden.

Frau wollte Mann „selbst stellen"

Nach dem Vorfall habe sie ihren Arbeitskollegen gerufen, mit dem sie zuvor unterwegs war, und sei mit ihm in den vom Angeklagten genannten Club gefahren. Dort habe sie den Mann wiedererkannt und die Exekutive verständigt. Warum sie die Polizei nicht gleich gerufen habe, sondern noch in das andere Lokal gefahren sei, konnte das Opfer nicht erklären. Sie habe den Mann wohl selbst stellen wollen, meinte die 19-Jährige.

Richterin: „Ein Grenzfall“

Das Gericht sah zu viele „Fragezeichen“ in der Geschichte und sprach den Mann daher frei. Richterin Eichler betonte aber, dass nicht davon auszugehen sei, dass das Opfer gelogen habe. Die Frau habe vielleicht manches „anders gesehen“. Es sei ein „Grenzfall“, daher Freispruch. Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf Rechtsmittel.