Verschwundene Bilder: Aktensichtung

In der Causa um vier aus der Neuen Galerie der Stadt Linz verschwundenen Bilder von Gustav Klimt und Egon Schiele ist am Freitag die Besichtigung des Archivs vom Gericht auf dem Programm gestanden.

Nach einem rechtskräftig abgeschlossen geglaubten Zivilprozess war der Oberste Gerichtshof (OGH) zur Auffassung gelangt, das Landesgericht müsse den Fall neu und nach mündlicher Verhandlung beurteilen.

Die Stadt Linz, die nach einem 2009 begonnenen und sich über sieben Jahre hinziehenden Rechtsstreit an die Erben der Bilder-Besitzerin insgesamt 8,34 Millionen Schadensersatz plus Zinsen zahlen musste, will ein Wiederaufnahmeverfahren. Denn im Juni 2016 hatte die Vizerektorin des Lentos (Nachfolgeinstitution der Neuen Galerie) im Stadtarchiv ein Schriftstück gefunden, wonach die Mutter der Erben 1990 die Leihe aufgekündigt hatte. Damit, so die Rechtsmeinung der Stadt, seien die erst 16 Jahre später eingeklagten Schadensersatzansprüche verjährt. Ob u.a. dieses Schreiben eine Neuauflage des Verfahrens rechtfertige, hat nun das Gericht erster Instanz nach dem Entscheid des OGH festzustellen.

Neues Rathaus in Linz

ORF.at/Dominique Hammer

Im Keller des Neuen Rathauses in Linz sind zehn Millionen Schriftstücke gelagert

Verleihungen wurden genau untersucht

Daher ging es am Freitag in den Keller des neuen Rathauses, wo zehn Millionen Schriftstücke auf 18.000 Laufmetern, die für die Stadt Linz wichtig sind, gelagert werden, wie der Leiter des Archivs, Walter Schuster, schilderte. Rund 1.000 Ordner, Akten und Kartons davon sind jene, die die Neue Galerie zur Archivierung übergeben hat. „Wir haben lückenlos alle Unterlagen zum Leihverkehr gesichtet und die zum allgemeinen Schriftverkehr bis 1985“, meinte Schuster. Man habe keinerlei Hinweise gefunden, wonach die Kunstsammlerin Olga Jäger 1951 der Neuen Galerie jene vier Bilder zur Leihe übergeben habe.

„Leihaufkündigung zufällig entdeckt“

Nur zufällig entdeckte dann im Juni 2016 die Lentos-Vizedirektorin in dem Ordner von 1992 „allgemeiner Schriftverkehr H- J“ der neuen Galerie die Leihaufkündigung. Im Rahmen einer Ausstellungsrecherche für das Museum sei sie darauf gestoßen, sagte sie dem Gericht. Ebenso wie auch die Archivmitarbeiter hatte sie jedoch im Zuge des Gerichtsprozesses keine Unterlagen aus dem Jahr 1992 durchsucht. Der Focus habe auf früheren Jahren gelegen.

Klimt-Bild "Zwei Liegende"

APA/Reinhard Haider

Zeichnung „Zwei Liegende“ von Gustav Klimt - aufgetaucht im Februar 2018.

„Zwei Liegende“ ist eines der vier Bilder

Völlig überraschend war im Februar dieses Jahres dann eines der vier verschollenen Bilder, Klimts Grafik „Zwei Liegende“, aufgetaucht. Ob dieses Werk nun zurück an die Jäger-Erben geht und einen Teil des Schadenersatzes zurückgezahlt wird, ist nicht Gegenstand des Verfahrens. Laut Auskunft der Stadt werde dieses Thema derzeit mit der Familie Jäger außergerichtlich behandelt. Eine Entscheidung gebe es noch nicht. Die Erben wollten keine Angaben zu dem Thema machen. Schieles Zeichnung „Paar“ sowie dessen Aquarell „Junger Mann“ und das Ölgemälde „Tote Stadt“ sind nach wie vor verschollen.

Das Urteil, ob es zu einer Wiederaufnahme des Zivilprozesses kommt, ergeht schriftlich.