Stelzer: Beziehung zu Tschechien intensivieren

Es gebe „Luft nach oben“. So charakterisiert LH Thomas Stelzer (ÖVP) das Verhältnis Oberösterreichs zu Tschechien. Aber die Beziehung zum Nachbarn soll intensiviert werden, so Stelzer auf der von der Sparkasse OÖ. initiierten Pressereise.

Es wurde ein kleines Gipfeltreffen: Ungeachtet der vielen innenpolitischen Fronten und der Suche nach einem Koalitionspartner reservierte Tschechiens Ministerpräsident Andrej Babis Zeit für die Besucher aus Oberösterreich. Nachdem Österreich ab Juli den EU-Ratsvorsitz übernimmt, bekräftigte der tschechische Regierungschef erneut seine Ablehnung einer Flüchtlingsquote und fordert eine Machtbegrenzung der EU-Kommission: "ich glaube, für die Zukunft von Europa ist wichtig, dass die Stimmen von einzelnen Mitgliedsstaaten wichtiger sind als die Stimme der Kommission“.

Pressereise Tschechien, LH-Stv. Manfred Haimbuchner (FPÖ), Birgit Gerstorfer (SPÖ), Ministerpräsident Andrej Babis, LH Thomas Stelzer  (ÖVP), Michael Strugl (ÖVP), Günter Steinkellner (FPÖ)

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V.l.: LH-Stv. Manfred Haimbuchner (FPÖ), Birgit Gerstorfer (SPÖ), Ministerpräsident Andrej Babis, LH Thomas Stelzer (ÖVP), Michael Strugl (ÖVP), Günther Steinkellner (FPÖ)

„Mehr als nur Temelin-Debatte“

Stelzer verspricht sich mehr vom neuen Kontakt nach Prag als nur eine Temelin-Debatte: die inhaltlichen Positionen von Tschechien und Österreich seien sehr ähnlich und „das zeigt ja, dass das geht“. Dass man in der Frage der Atomkraft unterschiedlicher Meinung sei, ist für die SPÖ-Vorsitzende Birgit Gerstorfer undiskutiert, aber in anderen Bereichen, in welchen man voneinander profitiere, müsse das forciert werden.

Tschechien hat die niedrigste Arbeitslosenrate der EU, sucht genauso dringend Fachkräfte wie Oberösterreich, und die tschechische Wirtschaft wächst jährlich um vier Prozent, so Wirtschaftslandesrat Michael Strugl (ÖVP), sollte man nützen. Es gebe eine unglaubliche wirtschaftliche Dynamik, „gerade die Region rund um Prag wäre für uns ein exzellenter Partner – und das muss auch die Politik verstehen“.

Pressereise Tschechien, Ministerpräsident Andrej Babis und LH Thomas Stelzer

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Ministerpräsident Andrej Babis (li) und LH Thomas Stelzer (re)

„Gemeinsam in die Zukunft schauen“

Da Tschechien für Österreich ein wichtiger Handelspartner sei, müsste man gerade bei unseren Nachbarn besonders aktiv sein, Österreichs Standorte zu festigen, so Stelzer. Eine weitere Veständigungsbarriere sind die Benesdekrete. FPÖ-Obmann Manfred Haimbuchner betonte, es gehe vor allem darum, dass Verbrechen an den Sudetendeutschen nicht straffrei gestellt bleiben. Das könne und dürfe nicht der Fall sein, aber am Ende des Tages müssten Nachbarn in die Zukunft blicken „und das sage ich selbst als Nachfahre von Sudetendeutschen“.

Und da gebe es durchaus Handlungsbedarf sagte Sparkasse Generaldirektor Michael Rockenschaub, denn im unmittelbaren Grenzgebiet könne man nicht feststellen, dass kleinere Betriebe auf beiden der Grenze gemeinsame Aktivitäten setzen. Wenn die Politik vorangehe, so Rockenschaub, werde sich seine Bank mit einer entsprechenden Offensive anschließen und gemeinsame Unternehmensgründungen unterstützen.

Pressereise Tschechien, Sparkasse Generaldirektor Michael Rockenschaub

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Sparkasse-Generaldirektor Michael Rockenschaub

Ausbau von Bahn und Straße

Ein großes Thema bei dem Besuch in Prag waren auch die Verkehrsverbindungen: Das österreichische Handelsunternehmen VOG etwa, zu dem die Marken Lenz Moser oder Rapso Öl gehören, hält sich erfolgreich in einem für den Lebensmittelhandel schwierigen Markt wie Tschechien. VOG sucht ihre insgesamt 2.500 Container weg vom Lkw auf die Schiene zu, was schwierig ist, weil der Ausbau des internationalen Bahnnetzes fehle, so VOG-Vorstand Andreas Pirschl.

Autobahnlücke soll 2024 geschlossen sein

Neben dem Ausbau der Sumerauerbahn muss noch die Autobahn-Lücke zwischen Budweis und Freistadt geschlossen werden. Erstmals nannte Tschechiens Verkehrsminister Dan Tok eine konkreten Termin: 2024, spätestens 25 wolle man mit der Autobahn an der Grenze sein. Babis sprach sogar von einer Schande, dass es so viele Jahre nach der Revolution noch keinen Schnellzug nach Wien oder keine Autobahn nach Linz gebe. „Aber Geld ist da und wir werden alles dazu tun, das zu beschleunigen.“

Verkehrslandesrat Günter Steinkellner bestätigt, dass bis dahin auch der fehlende Teil der S10 fertig sein werde. 2012 könne der Bau der Umfahrung Rainbach beginnen. Allerdings sei es mit dem Lückenschluss im Mühlviertel nicht getan, denn die Ostumfahrung von Linz sei ein großes Problem, „die zügigst vorangetrieben werden muss“. Eine Trassenverordnung soll es noch heuer geben.

Andrej Babis im Interview

Nach dem Gespräch mit den Mitgliedern der OÖ. Landesregierung in seinem Amtssitz in Prag nahm Ministerpräsident Andrej Babis im Gespräch mit Johannes Jetschgo ausführlicher zu seinen Erwartungen gegenüber der EU Stellung. Ab Juli übernimmt Österreich die EU-Ratspräsidentschaft. Der tschechische Premierminister beharrt auf der Ablehnung einer Flüchtlingsquote in der EU, verlangt Reformen – in Anbetracht der bevorstehenden EU-Wahlen - und erläutert auch seine Position zum Stand des Straßenausbaus zwischen Österreich und Tschechien:

ORF-Chefredakteur Johannes Jetschgo im Gespräch mit Andrej Babis