Die Gewinner und Verlierer des Vintage-Trends
Jede Mode kommt irgendwann zurück, heißt es. Vor rund zehn Jahren eröffnet Josi Kernacs seinen Schallplattenladen. Aus Leidenschaft zur „Musik zum Angreifen“. Der Linzer ahnte damals noch nicht, dass er einen Nerv trifft. Mit seiner Eröffnung kommt gleichzeitig auch der Vinyl-Hype ins Rollen: „Das war ein großes Glück“, sagt Kernacs. Mit CDs und mp3 aufgewachsen, sind jetzt immer mehr Junge von den Schallplatten fasziniert.
„Eine Platte ist einfach was anderes als Millionen Files auf einer Festplatte“, sagt Vinyl-Verkäufer
Keine Frage: Der Zugang zu Musik ist dank Streamingdiensten deutlich einfacher und schneller geworden. Trotzdem stöbert die 15-jährige Lena regelmäßig durch Kerncacs Plattensammlung: „Bei einer Platte hörst du einfach eine Geschichte mit.“
ORF
Nicht nur die Herzen der Nostalgiker schlagen bei den alten Platten höher, vor allem die einzigartige Klangqualität sei gefragt. Das haben aber nicht mehr nur kleine Labels verstanden: Auch große Branchenriesen, wie Sony, pressen wieder. Heute machen Schallplatten am österreichischen Tonträgermarkt wieder zehn Prozent aus. Es bleibt eine Nische, aber eine sichere. Zumindest, sagt Josi Kernacs, verirren sich nicht mehr nur Freaks und alte Männer in seinen Laden.
ORF
„Verkaufen Polaroids alle zehn Minuten“
Mitten im digitalen Zeitalter sind auch die Polaroid Kameras wieder auferstanden. Im Gegensatz zu den unzähligen Handyfotos leben die quadratischen Fotos von ihrer Einzigartigkeit. Beim Fotohändler Kücher werden die Sofortbildkameras an manchen Tagen im zehn-Minuten-Takt verkauft. Wer hätte das noch 2007 geglaubt: Polaroid musste damals die Produktion wegen mangelnder Nachfrage einstellen. Jetzt sind die Kameras wieder da, in allen Formen und Farben.
ORF
Doch es gibt nicht nur Gewinner in der Retro-Welle. Während wieder Plattenspieler und analoge Kameras in die Wohnzimmer stehen, finden sich nur noch selten DVD- oder Videokassettenrekorder. Die Videotheken sind in Oberösterreich genauso so gut wie ausgestorben. Gab es in den 90er Jahren noch rund 60 Videotheken, haben mittlerweile nur noch zwei im Innviertel ihre Pforten geöffnet. Das hat vor allem zwei Gründe: Anfangs kämpfte die Video- und DVD mit der massiven Filmpiraterie. Mit dem Aufstieg der Online Streaming Diensten wurde dann auch den letzten Videotheken das Wasser abgegraben.
ORF
Eine Renaissance sei trotzdem nicht ausgeschlossen, sagten Marketingexperten. Nein, eine Videokasette kann nicht so sehr mit Qualität punkten, wie vergleichweise eine Plattenscheibe. Aber schließlich geht es in dem Vintage Hype viel um Nostalgie und Design.
Audiokassette ist zurück
So ist die Audio Kassette wieder auf dem Vormarsch. Dank dem Hype um Retroserien wie „Stranger Things“ feierte die Musikkassette 2017 ein überraschendes Comeback. Das zeigt der Jahresbericht zur Musikbranche von Nielsen Media Research. Die Audiokassette feierte ihr bestes Verkaufsjahr seit 2012. Im Vergleich zum Vorjahr schoben die Verkaufszahlen um mehr als ein Drittel an.
ORF
So sollte man auch der Videokassette und der DVD noch etwas Zeit geben, sagt die Handels- und Marketing-Professorin Katharina Hofer an der Johannes Kepler Universität. Um wirklich „retro“ zu sein, braucht es noch ein paar Jahre: „Vielleicht findet der Kunde dann wieder einen Nutzen.“
Marketingexpertin Katharina Hofer glaubt an eine Renaissance der DVDs und Videokassetten
So kurzlebig Trends auch sein können, laut Experten bleibt der Hype um Vintage-Produkte. Mitten in der Hektik der Digitalisierung ist der Retro-Trend laut Experten gekommen, um zu bleiben.
ORF
Es stimmt wohl wirklich: Totgesagte leben länger. Zumindest in der Technologie.