Erwin Wenzl - ein Löwe für Oberösterreich

An die 100 Ortsumfahrungen, neue Donaubrücken und ein Engagement für den ländlichen Raum: Der frühere Landeshauptmann Erwin Wenzl gilt als einer der wichtigsten Baumeister des Landes. Am Sonntag ist er in der Sendung „Schwerpunkt OÖ Zeitgeschichte“ zu hören.

Sendungshinweis

„Schwerpunkt OÖ Zeitgeschichte“, 15.10.17, 21.03 Uhr

Erwin Wenzl wurde als Sohn von Alois und Josefa Wenzl im niederösterreichischen Annaberg bei Mariazell am 2. August 1921 geboren. Beide Elternteile stammen aus dem südböhmischen Bezirk Krumau. Vater Wenzl war Leiter eines kleinen Steinkohlen-Bergbaubetriebes in Annaberg. Zu Beginn der Weltwirtschaftskrise 1927 wird dieses Unternehmen eingestellt.

Umzug nach Oberösterreich

Er findet eine etwa gleichwertige Stelle als Obersteiger, das ist eine Art Aufsichtsperson im Bergwerk bei der Wolfsegg-Traunthaler-Kohlenwerks-Aktiengesellschaft, und die Familie übersiedelt daher nach Kohlgrube in der Gemeinde Wolfsegg. Dort schließt Sohn Wenzl die Volksschule ab und besucht die ersten sechs Klassen im Petrinum in Linz. Als dieses bischöfliche Gymnasium 1938 von den Nationalsozialisten aufgelöst wurde, besuchte der Bub die beiden letzten Klassen am Akademischen Gymnasium auf der Spittelwiese in Linz. Dort legte er mit zwei schriftlichen Prüfungen in Mathematik und Latein und einer mündlichen Reifeprüfung in Latein die sogenannte „Kriegsmatura“ ab.

Erwin Wenzl

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Erwin Wenzl war von 1971 bis 1977 Landeshauptmann

Jus-Studium in Wien und Innsbruck

Im Herbst 1940 beginnt Erwin Wenzl mit dem Hochschulstudium an der juridischen Fakultät der Universität Wien, musste dann im Frühjahr 1941 bei der Deutschen Wehrmacht einrücken. Er kommt zur Luftnachrichtentruppe und wird als Funker ausgebildet. Im Herbst desselben Jahres wird die Einheit an die russische Front verlegt und in Südrussland und im Kaukasus eingesetzt.

Dann geht es zurück nach Rumänien, Ungarn und über Horn im Waldviertel nach Münzkirchen bei Schärding. Hier wird die Luftwaffeneinheit Ende April 1945 aufgelöst und Wenzl kommt, ohne dass er in amerikanische Kriegsgefangenschaft geraten wäre, nach Hause. Im Herbst 1945 setzt er sein Jus-Studium an der Universität in Innsbruck fort, weil er für Wien, das in der russischen Besatzungszone lag, keinen Passierschein erhielt.

Erwin Wenzl

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16 Jahre ÖVP-Landesparteisekretär

Nach der Promotion in Innsbruck 1947 kehrt Wenzl nach Oberösterreich zurück und beginnt als Jurist bei den „Land- und Forstwirtschaftlichen Genossenschaften“, dem späteren Raiffeisenverband für Oberösterreich. 1952 schlägt für Wenzl die Stunde und es beginnt seine politische Karriere. Am 1. Jänner wird er Landesparteisekretär der ÖVP OÖ, eine Funktion, die er 16 Jahre innehaben wird. 1955 kommt er in den Landtag, danach wird der Abgeordnete als Landesrat für Straßen- und Bauwesen in die oberösterreichische Landesregierung entsandt.

Engagement für Straßen-Ausbau

In seinem Büro im Hauserhof nimmt Wenzl den Ausbau des Straßenwesens in Oberösterreich vor. Unter ihm wird nicht nur der Ausbau der Westautobahn und der Bundesstraßen entscheidend vorangetrieben, ihm geht es um die Asphaltierung aller bedeutenden Landes- und Bezirksstraßen. Der dem bäuerlichen Wesen von Anfang an besonders verbundene Politiker achtet darauf, dass so viel bäuerliche Zufahrtsstraßen wie nur möglich asphaltiert werden, um sie staubfrei zu machen. Das stieß nicht immer auf Zustimmung wie Wenzl selbst erzählt.

Sechs Donaubrücken realisiert

In seiner 22-jährigen Tätigkeit als Landesbaureferent wurden an die 100 Ortsumfahrungen realisiert, sie leisteten einen enormen Beitrag zur Lärm- und Abgasverminderung. Zu seinem Amtsantritt gab es in Oberösterreich nur eine echte für den Verkehr gedachte Straßenbrücke über die Donau – nämlich die Nibelungenbrücke in Linz. Nach dem unter ihm erstellten Brückenplan wurden von acht geplanten Donaubrücken sechs verwirklicht: die Voest-Brücke in Linz, in Steyregg, Mauthausen, Aschach, Niederranna und Grein.

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Einsatz für motorbootfreie Seen

Im Mittelpunkt seiner Tätigkeit stand die Sanierung der Seen und Flüsse, was umfangreiche und teure Ortskanalnetze erforderlich werden ließ. Eine besondere Leistung war es, dass Wenzl die Freihaltung der Salzkammergutseen von Motorbooten während der Sommersaison erreichte. War es doch eine besonders kitzlige Angelegenheit, wenn man bedenkt, dass Motorbootbesitzer meist der parteipolitischen Richtung Wenzls angehörten.

1971 zum Landeshauptmann gewählt

Die Karriere geht steil bergan. Am 24. Jänner 1966 wird Wenzl zum Landeshauptmann-Stellvertreter gewählt, zwei Jahre später erfolgte die Wahl zum Landesparteiobmann der Österreichischen Volkspartei, am 3. Mai 1971 wird er Landeshauptmann unseres Bundeslandes: „Schrittmacher einer sicheren Zukunft“ ist auf ÖVP-Plakaten zu lesen.

In seiner Grundsatzerklärung als neuer Landeshauptmann nannte Wenzl bewusst folgende Schwerpunkte seiner Arbeit: Zusammenarbeit aller politischen Kräfte, Förderung des Föderalismus, Etablierung einer Raumordnung, die die Entvölkerung des ländlichen Raumes verhindert, und Umweltschutz.

Von der Politik in die Wirtschaft

Am 3. Oktober 1977 erklärte Wenzl aus gesundheitlichen und familiären Gründen seinen Rücktritt, der am 19. Oktober erfolgte. Seine seit 1953 bewährten Mitarbeiter Josef Ratzenböck und Johann Winetzhammer folgten als Landeshauptmann und als Landesrat nach. Mit 1. November übernahm er die Funktion des Generaldirektors der Landesstromgesellschaft OKA, der Oberösterreichischen Kraftwerke AG, die er bis 1989 ausübte.

Hier können Sie die Sendung nachhören:

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Michael Huemer; ooe.ORF.at