Fünf Jahre Haft wegen Home-Invasion

Zu fünf Jahren Haft ist ein 19-Jähriger verurteilt worden, der im Sommer des Vorjahres eine 78-Jährige und ihren Mitbewohner in Leonding (Bezirk Linz-Land) gefesselt und ausgeraubt hat. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Das Jugendschöffengericht unter dem Vorsitz von Walter Eichinger sprach den Rumänen des Raubes - allerdings nicht wie angeklagt als Mitglied einer kriminellen Vereinigung und unter Verwendung von Waffen - sowie der Freiheitsentziehung schuldig. Bei einem Strafrahmen von bis zu zehn Jahren fasste der Mann fünf Jahre Haft aus.

Geständnis milderte Strafe

Erschwerend wurden die besonders brutale Vorgehensweise, eine einschlägige Vorstrafe, dass es bei beiden Fakten zwei Opfer gegeben hat und das Zusammentreffen mehrerer Delikte gewertet. Mildernd ist das Geständnis - „weder besonders reumütig noch zur Wahrheitsfindung besonders beitragend, aber ein Geständnis“, so Eichinger - sowie die teilweise Schadenswiedergutmachung und die Jugend des Angeklagten gewertet.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Weder Anklage noch Verteidigung gaben eine Erklärung ab. Der Prozess gegen die fünf mutmaßlichen Komplizen wird Anfang August fortgesetzt.

78-Jährige und Mitbewohner überfallen

Drei maskierte Männer waren am 13. August 2016 nachts in die Wohnung der 78-Jährigen in Leonding eingestiegen. Die Einbrecher hatten auf die auf dem Sofa schlafende Frau eingeschlagen, sie gefesselt und Geld verlangt. Einen 38-jährigen Asylwerber aus der Mongolei, der in einem anderen Raum der Wohnung als Gast schlief, fesselten und knebelten die Männer ebenfalls und legten ihn in die Badewanne.

Pensionistin in Leonding brutal ausgeraubt

ORF

Der Tatort in Leonding

Nachdem die Täter die gesamte Wohnung durchsucht hatten und mit Geld, Schmuck und den Handys der Opfer geflüchtet waren, konnte sich der Mongole befreien und auch der Pensionistin helfen. Fünf Mittäter standen bereits vor Gericht, ein Urteil gegen sie steht noch aus. Am Dienstag steht ein 19-Jähriger in diese Sache vor Gericht, der die anderen schwer belastet.

„Absolute Schwerkriminalität“

Staatsanwalt Herbert Wolfmayr sprach eingangs von „absoluter Schwerkriminalität“. Er verwies darauf, dass die Pensionistin so an den Lattenrost eines Bettes gefesselt worden war, dass sich die Schnüre bei Bewegungen enger zogen. Selbst der Verteidiger räumte ein, dass die Vorgehensweise seines Mandanten „nicht mehr der Leichtkriminalität zuzuordnen ist“. Der 19-Jährige werde sich voll geständig zeigen. Der Rumäne, dem als jungen Erwachsenen bis zu 15 Jahre Haft drohen, betonte in der Beschuldigteneinvernahme mehrmals, er wolle die Wahrheit sagen, um eine geringere Strafe zu bekommen.

Der Angeklagte gestand, Teil des Trios gewesen zu sein, das in die Wohnung eindrang. Er habe der schlafenden Frau einen Polster ins Gesicht gedrückt, sie gefesselt und geschlagen und ihr den Ehering vom Finger gezogen. Er gab im Gegensatz zu seinen mutmaßlichen Komplizen auch zu, dass von Anfang an eine Home-Invasion geplant gewesen sei. Die bisher in ihrem Prozess vernommenen Angeklagten hatten behauptet, sie hätten gedacht, die Frau sei auf Urlaub, und nur einen Einbruch begehen wollen. Sie werden nun aber durch seine Aussagen belastet.

In Widersprüche verwickelt

Trotz seines Geständnisses verwickelte sich der in Frankreich vorbestrafte 19-Jährige am Dienstag immer wieder in Widersprüche - vor allem auch gegenüber früheren Aussagen im Ermittlungsverfahren, die teils nur mäßig relevante Details betrafen. Er habe bei der Polizei gelogen, weil er gefürchtet habe, dass er geschlagen werde, sagte er am Dienstag als Begründung.

Auch bei der Haft- und Rechtsschutzrichterin - bei dem Termin waren noch eine Schriftführerin und eine Übersetzerin anwesend - habe er Angst gehabt und deshalb nicht die Wahrheit gesagt, meinte der kräftig wirkende junge Mann. Die Frage vom vorsitzenden Richter Walter Eichinger „Was war so furchteinflößend an den drei Frauen?“ ließ sich nicht klären.

Opfer berichten von Todesangst

Am Dienstagnachmittag wurde die Wohnungsbesitzerin als Zeugin gehört: „Ich habe gewusst, wenn mein Gast sich nicht befreien kann, müssen wir beide sterben“ - so schilderte die 78-jährige Pensionistin ihre Situation in der Tatnacht. Denn es seien alle Fenster geschlossen und vier Zimmer Abstand zu den Nachbarn gewesen. „Da hätte ich schreien können, wie ich wollen hätte. Da hätte ich eine Hirschstimme gebraucht zum Röhren, es hätte niemand gehört.“

Sie schilderte, sie habe zuerst gedacht, sie habe einen Traum. Dann habe sie gespürt, dass sie gefesselt und ihr ein Polster ins Gesicht gedrückt wurde und sie habe Schläge auf den Kopf bekommen. Sie habe den Männern auf deren Forderung „Money, Money“ 3.200 Euro gegeben und einer habe ihr einen Ring vom Finger gezogen.

Seil um den Hals gelegt

Der mongolische Asylwerber, der bei ihr wohnte, sei gefesselt in die Badewanne gelegt und sie selbst an den Lattenrost des Bettes gebunden worden, so die Frau. Als sie sich bewegt habe, sei sie noch fester gefesselt worden, teils sei das Seil auch über den Hals verlaufen. Dass sie noch lebe, verdanke sie dem Umstand, dass sich der Mongole selbst befreien und ihr helfen konnte.

Die Frau, die den Vorfall nach eigenen Angaben überraschend gut verarbeitet hat, schilderte ruhig und gefasst die Geschehnisse der Nacht. Sie äußerte sogar den Wunsch, einen der mutmaßlichen Komplizen des 19-Jährigen im Gefängnis zu besuchen - jenen Gelegenheitsarbeiter, der ihr immer wieder geholfen hatte und der den Coup eingefädelt haben soll. Sie wolle wissen, was in diesem Menschen vorgehe, „ich war wie eine Mutter zu ihm“, so die Pensionistin, der eine ausgeprägte soziale Ader nachgesagt wird.

Messer an die Brust gehalten

Der mongolische Asylwerber schilderte, er habe in seinem Zimmer geschlafen und plötzlich etwas gehört. Er sei aufgestanden und habe maskierte Männer gesehen. Einer habe einen Metallgegenstand in der Hand gehabt. Dass es ein Messer gewesen sei und ihm dieses vor die Brust gehalten worden sei, wie er bei der Polizei zu Protokoll gegeben hatte, konnte er heute nicht mehr bestätigen. Er begründete die Diskrepanz mit seiner Angst, die er damals gehabt habe, und mit Sprachproblemen.

Auch ihm wurde ein Ring abgenommen und er sei gefesselt in die Badewanne gelegt worden. Wie seine ehemalige Quartiergeberin glaubte auch er, dass er sterben müsse. Aber dann sei es einige Zeit still gewesen „und ich dachte: ‚Vielleicht werde ich doch nicht umgebracht.‘“ Er habe dann eine halbe Stunde lang gebraucht, bis es ihm gelungen sei, sich zu befreien. Dann habe er die Pensionistin losgebunden, schilderte der Asylwerber.

Urteil wird noch am Dienstag erwartet

Im Anschluss an die Zeugeneinvernahmen standen die Schlussplädoyers am Programm. Vorher übergab die Mutter des Angeklagten, die im Publikum saß, noch 950 Euro als teilweise Schadensgutmachung an die Pensionistin und versprach, auch den Rest noch zu bezahlen - mehr gebe der Bankomat aber nicht auf einmal her, beteuerte sie.

Auch der Angeklagte schluchzte ein „Entschuldigung“. Er werde so etwas nie wieder tun und die Tat sein ganzes Leben bereuen, sagte er - aber er bestritt bis zuletzt, dass er die Frau derart perfide gefesselt habe, dass sie zu ersticken drohte.

Der Prozess gegen die fünf mutmaßlichen Komplizen wird Anfang August fortgesetzt.

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