Norwegen: Im Energiespeicher Europas
Allein die Daten sind beeindruckend: Je nach Quelle stammt der in Norwegen erzeugte Strom zu 97 oder sogar 99 Prozent aus erneuerbaren Energien, vor allem aus Wasserkraftwerken – Wind- und Sonnenenergie sind im hohen Norden erst im Anfangsstadium der Entwicklung. In wenigen Jahren will man die 100-Prozentmarke bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen erreicht haben.
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Daneben hat das Land mit den Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft ein riesiges Vermögen aufgebaut und, nachdem ständig vor allem in der Barent See nördlich des Landes weitere Vorkommen entdeckt werden, ist auch kein plötzliches Ende des Geldsegens abzusehen. Die Gewinne aus dem Ölgeschäft landen im sogenannten Staatlichen Pensionsfonds. Das verwaltete Vermögen lag im März 2017 bei rund 840 Milliarden Euro.
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Kein Gedanke an Stromsparen
Im Umgang mit Elektrizität sind die Norweger aber nicht so sparsam, der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch beträgt das Dreifache des Wertes in Österreich. Der trotzdem produzierte Stromüberschuss geht vor allem in die Nachbarländer Schweden und Dänemark. Ein Nord.Link genanntes Stromkabel wird demnächst im Meer Richtung Deutschland verlegt, auch Großbritannien soll via Unterseekabel mit dem norwegischen Stromnetz verbunden werden. Mehr über NORD.LINK
Die Sache mit dem CO2-Fußabdruck
Norwegen versucht den eigenen CO2-Fußabdruck möglichst klein zu halten, was allerdings den Ländern, die von Bohrinseln in der Nordsee Öl und Erdgas beziehen, nicht so gut gelingen wird. Dieser Widerspruch bereitete den Norwegern aber offenbar nicht allzu viel Kopfzerbrechen. Um in Zukunft weniger fossile Brennstoffe zu verbrauchen hat die norwegische Regierung auch besondere Maßnahmen gesetzt, um die Bevölkerung vom Umstieg auf elektrisch betriebene Autos zu überzeugen.
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Für E-Autos und Plugin-Hybrid-Fahrzeuge müssen derzeit weder Mehrwertsteuer noch Zoll bezahlt werden, was die sonst teureren, elektrischen Mobile zum Teil billiger als die entsprechenden benzin- oder gasbetriebenen Modelle macht. Dazu kommen ein sehr niedriger Strompreis, der etwa bei einem Drittel des Preises in Österreich liegt, und weitere Sonderrechte für E-Autos, wie Gratisparken in größeren Städten oder der Entfall von Mautgebühren. Mehr dazu in Warum ein Ölland den Diesel verbannt
Chancen für österreichische Baufirmen
Die E-Mobilität seiner Bürger lässt sich Norwegen viel Geld kosten, daneben werden auch Milliarden in den Ausbau der Infrastruktur investiert. Beinahe unzählige Brücken und Tunnels werden neu gebaut, das vorhandene Straßennetz erweitert und erneuert. Vor allem im Baubereich sieht daher Österreichs Wirtschaftsdelegierter für Schweden und Norwegen, Albrecht Zimburg, große Chancen für Unternehmen aus Österreich.
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Die OMV in Norwegen
Ein österreichisches Unternehmen, das ganz besonders enge Verbindungen mit Norwegen hat, ist der Mineralölkonzern OMV. In Stavanger an der Westküste des Landes kommen die Pipelines von vielen Bohrinseln an Land und in der Stadt hat auch die norwegische Tochtergesellschaft der OMV ihr Büro. Norwegen sei eine der Kernregionen und auch eine Wachstumsregion für den Konzern, erklärt Christop Trentini von OMV Norge, immerhin produziere man derzeit 70.000 bis 80.000 Barrels Rohöl pro Tag in der Nordsee, was immerhin ein Viertel der OMV-Gesamtproduktion sei.
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Die OMV ist auch in einem besonders ehrgeizigen Projekt federführend. In der Barentssee, 200 Kilometer nördlich von Hammerfest im Arktischen Ozean, wird in den sogenannten Wisting-Feldern nach Öl gebohrt. Die ersten Testbohrungen waren vielversprechend, sicher wird man aber erst in einigen Jahren wissen, wie groß das Ölfeld tatsächlich ist und ob die Umwelt dieses von Naturschützern scharf kritisierte Projekt unbeschadet übersteht. Wobei Trentini betont, dass kein anderes Land so strenge Auflagen für den Umweltschutz vorschreibt und auch überprüft. Mehr über das Wisting-Ölfeld.
Delegation aus Oberösterreich
Auf Einladung des Landes Oberösterreich begleitete ORF-Redakteur Thomas Riha die Delegation.
Eine Delegation des Landes Oberösterreich, bestehend aus Landtagsabgeordneten und Wirtschaftstreibenden unter der Führung von ÖVP-Landeshauptmann-Stellvertreter und Wirtschafts-Landesrat Michael Strugl, war Anfang Juni in Norwegen. Auf dem Programm standen Gespräche mit den Betreibern des norwegischen Stromnetzes, ein Besuch in Europas größter Anlage zur Herstellung von Flüssiggas oder bei Experten für E-Mobilität.
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Strugl zeigte sich von den Ressourcen, die Norwegen zur Verfügung stehen, „sehr beeindruckt“, vor allem aber „von den Strategien, mit denen das Land die Energiesysteme managt und daran arbeitet, die Energieversorgung sicherzustellen“ . Allerdings werde es in Oberösterreich nicht möglich sein, den ständig steigenden Strombedarf völlig mit erneuerbaren Energien abzudecken. Nachdem Oberösterreich nicht über die finanziellen Mittel und Ressourcen Norwegens verfügt, müsse man vermehrt auf innovative Technologien und Effizienzsteigerung setzen, so Strugl.