Gemeindeprüfung: Fragen im Fall Freistadt

Im nächsten Landtag sind die Gemeindeprüfungen und mögliche Manipulationen bei den Berichten im Fokus. Neben dem Fall „St. Wolfgang“ sind auch in Freistadt nach einem Prüfbericht aus 2014 noch viele Fragen offen, z.B. warum wesentliche Kritikpunkte im Endbericht fehlen.

Ausgangspunkt ist, wie mehrfach berichtet, die Anzeige eines ehemaligen Gemeindeprüfers, der genau diese Vorwürfe erhebt - mehr dazu in Untersuchung nach Anzeige von Gemeindeprüfer (ooe.ORF.at; 13.1.17). Staatsanwaltschaft und Korruptionsstaatsanwaltschaft führen bereits Erhebungen. Der Landesrechnungshof prüft die Rolle der Gemeindeaufsicht.

Prüfbericht über Freistadt war zunächst kritisch

In Freistadt rückten die Landesprüfer der Abteilung Inneres und Kommunales im Winter 2013 an. Vermutlich auch, weil es kurz zuvor eine Aufsichtsbeschwerde der SPÖ gegen den damaligen Bürgermeister gegeben hatte, der wegen einer zuerst angeblich von Firmen gesponserten, später dann plötzlich „privat bezahlten“ Reise zum Song Contest unter Druck geraten war. Fast drei Monate wurde die Gemeinde geprüft. Danach ein in vielen Punkten durchaus kritischer Bericht verfasst.

Wesentliche Kritikpunkte fehlten plötzlich

Einer der beiden Prüfer war jener, der jetzt Anzeige erstattet hat. Im November, acht Monate später, wurde dieser Bericht gemeinsam mit dem Bürgermeister, dem Amtsleiter und Vertretern der Gemeinderatsfraktionen im Rathaus von Freistadt präsentiert und - wie man hört - heftig diskutiert. Die Prüfer fuhren wieder - und ab da begann eine Reihe bemerkenswerter Vorgänge, auf die es wenig oder nur unzureichende Antworten gibt. Denn als der Endbericht im Jänner 2014 veröffentlicht wurde, fehlten plötzlich wesentliche Kritikpunkte aus der ursprünglichen, im Freistädter Rathaus diskutierten Version.

Vergleich: Ursprünglicher vs. veröffentlichter Bericht

Einige Beispiele aus einem Vergleich des ursprünglichen mit dem veröffentlichten Prüfbericht:

  • Die gesamte Passage, die sich mit Sponsoring und möglichen dadurch entstehenden Abhängigkeiten der Gemeinde oder des Bürgermeisters von Sponsoren ergibt, ist auf einmal ersatzlos gestrichen. Das ist mehr als erstaunlich, vor allem vor dem Hintergrund der gerade damals so umstrittenen Song Contest-Reise des Bürgermeisters.
  • Dass die Kosten für Gemeindeveranstaltungen über Jahre hinweg regelmäßig überzogen wurden, ist aus dem Endbericht einfach gestrichen.
  • Dass beim Einbau von Heizungen in öffentliche Gebäude der Stadt die Kosten dieser Heizformen zu wenig, falsch oder gar nicht verglichen worden seien, dass zu hohe Anschlusskosten bezahlt wurden - all das ist plötzlich verschwunden.
  • Genauso verschwunden ist die Kritik an einer Querfinanzierung des Tourismusvereins, am finanziellen Aufwand für ein Stadtmarketing oder an Doppelstrukturen.
  • Zu guter Letzt: Auch die Tatsache, dass beim Verkauf von Baugründen in Freistadt nicht die ertragreichste Verkaufsvariante genommen wurde, sondern ohne ersichtlichen Grund deutlich günstiger an eine Bank verkauft wurde und dadurch der Stadt mindestens 150.000 Euro an Einnahmen entgangen sind, ist zwar im ursprünglichen Bericht zu lesen. Diese Passage findet man aber im Endbericht auch nicht mehr.

Wer ließ die Passagen streichen?

Eventuelle im Nachhinein beigebrachte Unterlagen der Stadt, die die Beanstandungen entkräften und so den Inhalt des Prüfberichts verändern hätten können, gab es laut den Prüfern nicht. Und so stellen sich einige entscheidende Fragen: Warum wurden all diese Passagen meist ersatzlos gestrichen? Wer hat sie gestrichen? Und auf wessen Anweisung hin?

Nur „kleinere formelle Änderungen“

Hinterfragenswert sind zumindest die Umstände: In dem für die Prüfung von ÖVP-Gemeinden damals zuständigen Büro von SPÖ-Gemeindelandesrat Josef Ackerl wusste man schon vor der Schlussbesprechung mit der Stadt, dass der Bericht viele Kritikpunkte beinhaltet. Nach der Schlussbesprechung - so sagen damalige Mitarbeiter - kam dann aus der Abteilung Inneres und Kommunales die Information, dass es im Zuge der Schlussbesprechung nur „kleinere formelle Änderungen“ gebe und der so korrigierte Bericht im Internet veröffentlicht werden könne. Kontrolliert hat man diese „kleinen formellen Änderungen“ aber nicht mehr, stand doch genau in diesen Tagen der Wechsel von Ackerl zu seinem Nachfolger Reinhold Entholzer an.

Streichungen im Freistadt-Bericht „einzigartig“

Entholzer kannte den kritischen Erstbericht nicht, wusste auch nicht, was im Vorfeld geschehen war. Und fragt man ehemalige Mitarbeiter aus dem Ackerl-Büro von damals, dann sagen die, dass es zwar durchaus normal gewesen sei, dass kleinere Änderungen in solchen Prüfberichten vorgenommen worden seien, etwa juristische Formulierungen. Die massiven Abweichungen und Streichungen im Freistadt-Bericht seien aber einzigartig gewesen, heißt es.

Niemand will von Streichungen gewusst haben

Und noch etwas fällt auf: Die Änderungen, Streichungen und die Veröffentlichung des Prüfberichts erfolgte genau in jenen Wochen, in denen der Hauptprüfer, der sich mit all den heiklen und entsprechend diskutierten Kritikpunkten beschäftigt hatte, auf Urlaub war. Die zuständigen Politiker - egal welchen Couleurs - beteuern seit Wochen, nichts von den Vorgängen und den Streichungen gewusst zu haben. Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass Landesbeamte von sich aus diese Streichungen und Veränderungen durchgeführt hätten. Und da stellt sich schon die nächste Frage, ohne derzeit eine Antwort parat zu haben: Warum hätten sie das tun sollen?

Gernot Ecker; ooe.ORF.at