Kritik an Ausforschung „Arbeitsunwilliger“

Die Kampagne der Wirtschaftskammer OÖ, die Mitglieder zum Melden „Arbeitsunwilliger“ aufrufen will, damit jenen das Arbeitslosengeld gekürzt oder gestrichen wird, stößt beim Arbeitsmarktservice (AMS) nicht nur auf Gegenliebe.

Es geht um Menschen, die arbeitslos gemeldet, aber gar nicht wirklich an Arbeit interessiert sind. Diese will die Wirtschaftskammer OÖ jetzt stärker kontrollieren. Mit einem Brief werden die Kammer-Mitglieder dazu aufgerufen, vermeintlich Arbeitsunwillige der Kammer zu melden. Die Daten werden dann dem AMS weitergeleitet, das wiederum das Arbeitslosengeld streichen könnte.

„Viele Unternehmer haben bereits resigniert“

Laut Walter Bremberger, Direktor der Wirtschaftskammer OÖ, hätten viele Unternehmer bereits resigniert und aufgegeben, beim AMS wegen dieser „Arbeitsunwilligen“ anzurufen. Deshalb sei man auf diese Idee gekommen, so Bremberger. Die Aktion wird derzeit nur in Oberösterreich und Tirol durchgeführt.

„AMS schreitet bei Bedarf selbst ein“

Beim AMS stößt die Kampagne der Wirtschaftskammer OÖ nicht nur auf Gegenliebe. Der aktuelle Geschäftsführer Gerhard Straßer begrüßt zwar, Missbrauch des Arbeitslosengeldes zu vermeiden, die Wirtschaftskammer habe jedoch bisher gerade einmal drei Fälle gemeldet. Das AMS schreite bei Bedarf ohnehin auch selbst ein, so wurde im ersten Halbjahr dieses Jahres über 1.100 Arbeitssuchenden das Geld gestrichen. Zum Vergleich: Derzeit suchen etwa 60.000 Menschen einen Job.

AMS-Vorstand Kopf: „Dankbar“

AMS-Vorstand Johannes Kopf nimmt das Angebot der Wirtschaftskammern in Tirol und Oberösterreich dankbar an, dass unmotivierte Arbeitssuchende gemeldet werden, sagte er im Ö1-„Mittagsjournal“ im Gespräch mit ORF-Redakteur Arnim-Ellissen am Montag. Man brauche die Rückmeldungen der Betriebe auch. Denn es sei personell nicht möglich, jedem der zwei Millionen Vermittlungsvorschläge, die jedes Jahr ausgeschickt werden, händisch nachzugehen.

Und Kopf betonte, die Arbeitslosen, die nicht arbeiten wollen, seien viel weniger, als viele Betriebe behaupten würden. „Die wollen nicht prinzipiell nicht arbeiten, die wollen diesen Job nicht“, so Kopf - mehr dazu in oe1.ORF.at.

„Streichung, wenn ‚gute Gründe‘ fehlen“

AMS-Geschäftsführer Straßer sagte dazu gegenüber dem ORF Oberösterreich: „Man sieht an dieser Größenordnung, dass es sich nicht um ein riesig dimensioniertes Problem handelt. Aber, man darf es auch nicht herabspielen, diesen Fällen gehen wir nach. Wenn uns der Betrieb sagt, dass der Arbeitslose nicht zur Vorstellung dort war, oder er sich bei der Vorstellung so verhalten hat, dass eine Einstellung nicht zustande kommt, dann laden wir diese Person ein, und sie muss sich bei uns rechtfertigen. Gibt es gute Gründe – wie gesundheitliche oder nicht erfüllbare Kinderbetreuungspflichten –, dann ist eine Streichung des Arbeitslosengeldes nicht vorgesehen. Liegen diese Gründe nicht vor, streichen wir das Geld. Aber es gibt auch viele Streitfälle, bei denen wir entscheiden müssen, ob das Geld gestrichen wird oder nicht.“

Arbeiterkammer spricht von Vernaderungskampagne

Die oberösterreichische Arbeiterkammer (AK) spricht wörtlich von einer Vernaderungskampagne der Wirtschaftskammer. Andererseits werden bei vielen Bewerbungen nicht einmal Absagen der Unternehmen an die Bewerber geschickt. Die Fälle von arbeitsunwilligen Jobsuchenden bezeichnet die AK als Einzelfälle.

Kritisch sehen die Grünen die aktuelle Lage auf dem Arbeitsmarkt, sie fordern vor allem für arbeitslose Frauen und über 50-Jährige Weiterbildungsmaßnahmen, um leichter wieder zu einem Job zu kommen.