„Eisenstangen-Prozess“: Sieben Jahre Haft

Im Prozess um den tödlichen Streit in Leonding ist der 42-jährige Angeklagte, der seine Nachbarn mit einer Eisenstange erschlagen haben soll, zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Der Richterspruch ist nicht rechtskräftig.

Zwei Tage lang hatten Gericht und Geschworene die Frage abzuwägen, ob die tödliche Attacke des 42-Jährigen gegen das ältere Ehepaar Mord oder Totschlag war. Nach einem langen zweiten Prozesstag am Linzer Landesgericht, ist am Mittwoch um 1.00 Uhr das Urteil gefallen: kein Mord, sondern Totschlag - mit sieben Jahren unbedingter Freiheitsstrafe - mehr dazu in Wie man Geschworener und Schöffe wird (ooe.ORF.at).

Richterin Petra Oberhuber wertete die Unbescholtenheit und das Geständnis des gelernten Ingenieurs als strafmildernd. Erschwerend sah sie jedoch die Brutalität der Tat. Staatsanwalt und Verteidiger gaben keine Erklärung ab und haben drei Tage Bedenkzeit.

Anklage wegen Doppelmordes

Der Vater zweier Kinder, der am Dienstag 42 Jahre alt geworden ist, war ursprünglich wegen Doppelmordes angeklagt. Er hat am 13. Februar auf der Straße den 74-jährigen Nachbarn und dessen 72-jährige Ehefrau angegriffen und mit einer Eisenstange, die er von einer nahegelegenen Baustelle geholt hatte, attackiert. Beide starben später im Krankenhaus. Er bekannte sich seit Prozessbeginn nur des Totschlags schuldig. Der Tat sollen jahrelange Nachbarschaftsstreitigkeiten vorangegangen sein, weshalb auch viele andere Nachbarn als Zeugen in den zwei Prozesstagen befragt wurden.

Tochter der Opfer: „Hielt sich nicht an Regeln“

Die Tochter der Opfer, die ebenfalls eine Nachbarin ist, hatte bei ihrer Aussage Montagabend erklärt, dass es kein gutes Einvernehmen mit dem Mann, der 1999 in die Siedlung zog, gegeben habe. Er hielt sich nicht an die Regeln des „normalen Zusammenlebens“, meinte die Juristin. Als Jahre später dessen Kinder auf die Welt kamen, sei es auch öfters laut im Garten gewesen.

Vor allem nach der Geburt der Tochter 2010 wirkte die junge Mutter „zusehends niedergeschlagen“, erklärte am Dienstag ein Zeuge. Die zunehmenden Beschimpfungen der Kinder wie „Missgeburt“ hätten sie enorm belastet. „Wann ertränken sie denn endlich ihre Gfraster im Pool?“, soll etwa die Pensionistin der Frau zugerufen haben. Das berichtete eine befreundete Nachbarin vor Gericht.

Prozess Totschlag Mord Eisenstange Leonding

fotokerschi.at/Kerschbaummayr

„Angespanntes Verhältnis zu Opfern“

Ein anderer Anrainer erzählte ausführlich von seinem angespannten Verhältnis zu den Opfern. So wurden auch seine Enkel immer wieder wüst beschimpft, wenn sie bei ihm im Garten spielten. „Geh eini, sonst wird’s rengert“, habe er einmal der Stimme von der Straße gegenüber zurückgerufen.

Wenige Tage vor dem 13. Februar wirkte auch der Angeklagte „sehr bedrückt und in sich gekehrt“, erinnerte sich ein Zeuge. Er hatte den Mann auf einem Faschingskehraus getroffen. Dass der als ruhig und hilfsbereit beschriebene Mensch wenig später zwei Leute tötete, konnte er nur damit erklären, dass sich „über all die Jahre eine unglaubliche Wut aufgebaut“ haben müsse.

Zeugen erhärten Annahme des Verteidigers

Die Zeugenaussagen erhärteten die Annahme des Verteidigers Andreas Mauhart, dass sein Mandant aus einer allgemein begreiflichen Gemütslage heraus zur Tat geschritten war. Er plädierte auf Totschlag während die Staatsanwalt Reinhard Steine von Mord sprach, da die Tat zwar unbestreitbar im Affekt passiert sei, aber das allein aus „einem Mord keinen Totschlag macht“. Der Angeklagte habe „total übersteigert reagiert“, da sich die Konflikte mit dem Pensionistenehepaar für ihn keineswegs so bedrohlich darstellten, wie kommuniziert wurde.

„Familie systematisch niedergemacht“

Am Montag erklärte Verteidiger Andreas Mauhart, der den Mandanten seit der gemeinsamen HTL-Zeit persönlich kennt, seine Sichtweise. Er sprach sehr wohl davon, dass die Getöteten dem unbescholtenen Mann seit Jahren das Leben mehr als schwer machten. Der eigentliche „Horror“ habe begonnen, als der Vater für sein erstgeborenes Kind eine Sandkiste im Garten aufstellte. Wenn der Bub darin gespielt habe, seien die Nachbarn häufig am Zaun gestanden und hätten sich gut hörbar über den Nachwuchs und die als labil geltende Mutter abfällig geäußert. Systematisch sei die junge Familie niedergemacht worden, so der Verteidiger. Am 13. Februar sei es dann zum „Knock-out“ gekommen, meinte Mauhart.

Gutachterin Kastner: „Wusste, was er tat“

Am Dienstagnachmittag war die psychiatrische Gutachterin Adelheid Kastner am Wort. Sie attestierte dem Angeklagten zum Zeitpunkt der Tat die volle Zurechnungsfähigkeit und „keine hochgradige Gestörtheit“. Somit „wusste er, was er tat“, stellte sie fest. Irgendetwas müsse aber „doch aus dem Lot geraten“ sein, wenn jemand zu Derartigem fähig ist, gab Kastner zu bedenken.

Aus psychiatrischer Sicht verfüge der Angeklagte über eine „akzentuierte Persönlichkeit“. Die Gutachterin beschrieb den Mann als „extrem stur, der starr seine Ziele verfolgt, emotionale Belange ausklammert und rein logisch, faktisch und vernünftig handelt“.

Kastner verglich Leben des Mannes mit einem Fluss

Diese Persönlichkeit heiratete eine sehr emotionale, eher ängstliche Frau. Als dann die Probleme mit den Nachbarn immer mehr die Ehefrau belasteten, begann in ihm nicht nur das Unverständnis, sondern auch der Druck auf ihn zu wachsen. Sein Leben, vergleichbar für die Expertin „mit einem langen Fluss, der ohne Turbulenzen in dem von ihm betonierten Bett dahinfließt“, geriet ins Wanken, als die Frau ausbrechen wollte.

Für ihn faktisch nicht nachvollziehbar, wollte sie mit den Kindern das gemeinsame Heim verlassen. Die Anspannung in dem Mann wuchs aufs Unermessliche. Die Wut auf die Verursacher der Situation, das Nachbarehepaar, versetzte ihn in einen „heftigen Affektzustand“. Wobei die Opfer nur die „mittelbaren Verursacher“ waren, führte die Gutachterin zum Schluss aus. Das eigentliche Problem sei eher das Verhältnis zu seiner Frau.

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