Putschversuch in der Türkei

Ein Putschversuch des Militärs hat in der Nacht auf Samstag die Türkei erschüttert. Laut Hoteldirektor Gerhard Struger war der Putschversuch örtlich sehr begrenzt, vor allem Ankara und Istanbul seien betroffen. Viele oö. Urlauber stornierten den geplanten Urlaub.

Der gebürtige Linzer ist seit Jahren Direktor eines großen Hotels in Istanbul, hält sich derzeit aber an der Küstenstadt Bodrum, wo die Lage ruhig sei. In Bodrum war weder Polizei noch Militär zu sehen, die ersten Information in türkischen Medien seien widersprüchlich gewesen „je nachdem, welchen Sender man schaute oder hörte“, so Struger. „Jeder ist gespannt, was jetzt passiert.“

Gerhard Struger im Gespräch mit ORF-Redakteurin Stephanie Mittendorfer

Luftangriffe auf Medien, Parlament

Begonnen hat der Aufstand einiger Teile des Militärs Freitagabend. Mit Luftangriffen auf Medien, Parlament und Präsidentenpalast versuchen sie, die Macht zu übernehmen. Schwerpunkte sind die Hauptstadt Ankara und Istanbul. Bei dem Putschversuch sind nach Angaben eines Regierungsvertreters mindestens 190 Menschen ums Leben gekommen. Mehr dazu auf Tausende Militärs festgenommen (news.ORF.at)

Flughafen Hörsching, Urlauber

ORF

Der Blue Danube Airport um 6.00 Uhr

Jeder zweite Oberösterreicher stornierte

Von einer Achterbahn der Gefühle unter den Urlaubern am Flughafen Linz-Hörsching sprach ORF-Redakteur Wolfgang Schnaitl im Radio Oberösterreich-Morgenjournal. Viele Urlauber erfuhren erst am Flughafen von den Vorfällen. Trotz der unsicheren Lage starteten dann um 8.00 Uhr 117 Urlauber von Flughafen Linz Hörsching nach Antalya. Ursprünglich waren auf der Maschine 170 Passagiere gebucht, 53 entschieden sich, den Flug kostenfrei zu stornieren. Um 10.30 Uhr eine Maschine aus Antalya mit Oberösterreichern in Linz angekündigt und soll dann auch wieder Passagiere in die Türkei bringen.

1.500 Verletzte, 265 Tote

Um 9.00 Uhr am Samstag sprachen türkische Regierungskreise vom offenbar niedergeschlagenen Putschversuch. Es sollen inzwischen fast 1.600 mutmaßliche Beteiligte aus den Reihen der Streitkräfte festgenommen worden sein. Fünf Generäle und 29 Oberste seien ihrer Posten enthoben worden. Beim Putschversuch sind laut dem amtierenden Armeechef Ümit Dündar 265 Menschen ums Leben gekommen, darunter 104 Putschisten und 161 Zivilisten. 1.500 weitere Menschen seien verletzt worden, meldete die staatliche Nachrichtenagenur Anadolu am Samstag.

Laut Außenministerium sind keine Österreicher unter den Verletzten. Für Angehörige wurde eine Beratungshotline eingerichtet, die Nummer lautet: 0043-1-90115-4411.

Kundgebung in Linz

Die Polizei teilte am Samstag mit, dass sich im Zusammenhang mit dem Putschversuch noch in der Nacht circa 150 Personen auf dem Linzer Hauptplatz zu einer Kundgebung versammelten. Sie gaben an, sich weder für die Putschisten noch für die türkische Regierung Partei zu beziehen, so die Polizei. Die Kundgebung verlief ruhig und löste sich um 2.30 Uhr wieder auf, hieß es. Die Polizei kündigte gleichzeitig für das Wochenende verstärkte Präsenz im Großraum Linz an.

Dönmez: „Tief gespaltenes Land“

Efgani Dönmez, ehemaliger Politiker und Konfliktberater, sagte gegenüber Radio Oberösterreich, dass das Ungewöhnliche an diesem Putschversuch sei, dass er von Militärangehörigen der mittleren und unteren Ebene durchgeführt wurde; nicht wie sonst von den obersten Führungsebenen. Aus seiner Sicht, seien keine Professionisten am Werk gewesen. „Dieser Putsch hinterlässt neben zahlreichen Toten und Verletzten ein tief gespaltenes Land.“

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„Putsch durch Überbleibsel der säkularen Militärs angezettelt“, so Dönmez

AKP beobachten

Dass in ganz Österreich innerhalb kurzer Zeit tausende Menschen auf die Straße gerufen worden seien, sei für Dönmez durch „AKP-Ableger“ (die Adalet ve Kalkınma Partei „Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung", die Staatspräsident Erdogan gegründet hat) möglich gewesen.

„AKP-Ableger agieren unter dem Titel des Vereinsrechts“, so Dönmez im Interview mit dem ORF OÖ

Seiner Meinung nach müsse der Verfassungsschutz diese Vereine beobachten.

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