Neuer Onlinebetrugsversuch bei FACC

Flugzeugzulieferer FACC mit Sitz in Ried im Innkreis ist erneut Ziel eines Betrugs via Internet geworden. „Es gab einen Versuch, die FACC wieder zu penetrieren“, so die Geschäftsführung. Dabei sei ähnlich vorgegangen worden, wie bei dem Vorfall im Jänner.

Der Betrugsversuch vom Juni wurde bei der Präsentation der Quartalszahlen am Mittwoch in Wien bekannt. „Der Fall war ähnlich gelagert wie der im Jänner, mit einem Versuch, eine Beziehung aufzubauen - man wollte versuchen, Kontakt zu knüpfen“, berichtete der interimistische Vorstandschef Robert Machtlinger. Nach den Vorfällen der vergangenen Monate war die Sensibilisierung im Unternehmen allerdings geschärft genug, um nicht darauf einzusteigen.

Mit Trick 50 Millionen Euro ergaunert

Im Jänner war das Unternehmen Opfer eines sogenannten „Fake President Fraud“ (Geschäftsführer-Trick-Betrugs) geworden. Im Namen des CEO wurde verlangt, über 50 Mio. Euro für ein angebliches Geschäft zu überweisen. Dem wurde Folge geleistet. Vier Monate später musste dann der Unternehmensgründer und langjährige FACC-Chef Walter Stephan überraschend seinen Sessel räumen. Er hat bereits Klage gegen seine Entlassung eingereicht.

Auch zwei bis drei Monate vor dem tatsächlichen Betrugsfall heuer im Jänner habe es bereits einen Versuch gegeben.

„An Schadensbegrenzung wird gearbeitet“

„In dieser nicht ganz leichten Zeit seit dem Jänner haben wir in den vergangenen Wochen und Monaten an der Schadensbegrenzung bzw. Rückholung der Gelder gearbeitet“, berichtete Machtlinger. Derzeit habe die FACC Mittel in Höhe von 10,8 Mio. Euro auf Konten geblockt. „Wir arbeiten nachhaltig und intensiv an der Rückholung der Accounts.“

Der Großteil des Schadens, 42 Mio. Euro, wurde bereits in der Bilanz des vergangenen Geschäftsjahres 2015/16 als Aufwand negativ verbucht. Der operative Verlust verfünffachte sich dadurch gegenüber dem Jahr davor von 4,5 auf 23,4 Mio. Euro. „Ohne ‚Fraud‘ war die FACC auf einem guten Weg“, so der Zwischen-Chef.

Verhandlungen mit Versicherer

Für die 42 Mio. Euro habe die FACC einen Versicherungsschutz. Um das Geld wird noch gestritten: „Hier wird derzeit mit den Versicherern verhandelt und diskutiert“, sagte Machtlinger. „Wir sind bemüht, eine außergerichtliche Regelung zu finden.“ Das Ergebnis dieser Verhandlungen „könnte sich in Zukunft positiv im Ergebnis widerspiegeln“. Das werde allerdings „nicht vor dem vierten Quartal, möglicherweise auch erst im Geschäftsjahr 2017/18“ sein.

Die Rolle der chinesischen Mehrheitseigentümer „ist nach wie vor die der Investorenrolle“, sagte der Interimschef auf Nachfrage.

„FACC in jedem Neuflugzeug eingebaut“

FACC profitiert von der weltweit boomenden Luftfahrtindustrie. „Bis 2034 gibt es 31.400 Neuflugzeuge und die FACC ist auf jedem Flugzeug vertreten“, so Machtlinger. Im laufenden Jahr vergrößert sich der Auftragspolster den Angaben zufolge um 150 bis 170 Mio. Euro auf insgesamt 4,5 Mrd. Euro. „Wir haben einen sehr hohen ‚Order-Backlog‘ - unsere Werke sind sieben bis acht Jahre ausgelastet“, so der Vorstandsvorsitzende. Mehr als die Hälfte der Aufträge kommt von Airbus, weitere knapp 30 Prozent kommen von Boeing, unter den restlichen 20 Prozent finden sich Konzerne wie Bombardier als Besteller.

300 Millionen Euro investiert

In den vergangenen Jahren habe die FACC 300 Mio. Euro in ihre Standorte investiert. „Die hohen Investitionen in neue Produkte wie etwa für den A-380 haben den Peak überschritten“, räumte Machtlinger ein. Heuer fließen noch einmal 50 Mio. Euro in die Produktentwicklung und die Standorterweiterung. „In den nächsten vier Jahren sehen wir einen Investitionsbedarf von 45 bis 50 Mio. Euro“, umriss der CEO den weiteren Plan.

„Bis zu 25 neue Mitarbeiter pro Woche“

Neben dem millionenschweren Investitionsprogramm inklusive Ausbau der Produktion wird auch laufend Personal aufgestockt: „In den ersten Monaten haben wir den Mitarbeiterstand heuer erheblich erhöht - wir stellen 20 bis 25 Mitarbeiter pro Woche ein“, sagte Machtlinger. Derzeit beschäftigt FACC rund 3.100 Arbeitnehmer, 2.900 davon in Österreich. Bis Ende August gebe es heuer 250 Neueinstiege quer durch die gesamte Belegschaft - vom Einkauf über den Vertrieb bis hin zur Technik.

Personelle Veränderungen

Der Rauswurf des Firmengründers und Chefs Stephan „war eine Entscheidung der Shareholder“, so Machtlinger, der eigenen Angaben zufolge in der FACC 20 Jahre lang an der Seite Stephans tätig war. Der Abberufung Stephans sei eine sehr lange Diskussion vorausgegangen, die mehrere Stunden gedauert habe.

Machtlinger: „Stephan hat einzigartiges geschaffen“

Die aktuelle Position der Führungsmannschaft: „Das Management selber hat sich seinen Aufgaben zu widmen und der Weg geht eindeutig nach vorne - die Thematik Walter Stephan wird einer Lösung zugeführt, die Klage ist eingereicht“, so Machtlinger. „Ohne Herrn Walter Stephan gäbe es das Unternehmen wahrscheinlich gar nicht - was da geschaffen worden ist, ist einzigartig“, betonte der Vorstandsvorsitzende.

„Wenn eine Karriere so endet, ist das menschlich eine Tragödie.“ Das Unternehmen sei aber in den vergangenen Jahren auf einem Weg gewesen, „der den Erwartungen des Marktes nicht entsprochen hat“, setzte Machtlinger unter Bezugnahme auf die Ergebnis- und Aktienkursentwicklung nach. „Das eine ist das Wachstum und das andere das Ergebnis dahinter“, meinte er.

Ales Starek wird neuer Finanzvorstand

Nachbesetzungen stehen auch im Vorstand und im Aufsichtsrat an: „Ales Starek wird per 1. Oktober als Finanzvorstand zur Verfügung stehen“, so Machtlinger. Der 45-jährige Tscheche soll die Nachfolge der chinesischen Ex-Finanzchefin Minfen Gu antreten. „Der Vorstand ist europäisch-westlich besetzt - man kann davon ausgehen, dass das so bleiben wird“, meinte der CEO auf Nachfrage.

Als Ersatz für Gregory Peters, der sein Aufsichtsratsmandat Ende Mai unmittelbar nach der Abberufung des FACC-Gründers Walter Stephan kurzfristig zurücklegte, George Maffeo vorgeschlagen worden, der erstens aus der Luftfahrtbranche und zweitens aus dem kanadisch-amerikanischen Raum komme. Der Die Entscheidung fällt auf der Hauptversammlung kommenden Freitag.

Machtlinger selbst, der auch Technik-Vorstand ist, hat die Stelle des Ex-Konzernchefs Stephan im Mai als Interims-CEO angetreten. „Ich bin auch vom Aufsichtsrat eingeladen, mich für die Stelle langfristig zu bewerben“, gab er heute bekannt. Derzeit werden aber auch noch andere mögliche Kandidaten angesehen. Die Entscheidung werde „definitiv noch heuer“ getroffen.

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