Hitler-Geburtshaus: Weiter Debatte um Abriss

Die Enteignung hat der Ministerrat am Dienstag zwar beschlossen, aber um den Abriss des Hauses in Braunau am Inn gibt es weiter Debatten. Die Regierungsspitze unterstützt den Abrissplan des Innenministers offenbar nicht.

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) sprach nach dem Ministerrat von praktischen Problemen, die sich durch den Denkmalschutz ergäben. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) stellte überhaupt gleich fest, dass das Gebäude aus diesem Grund nicht abgerissen werden könne. Ihm schwebt nach der heute vom Ministerrat beschlossenen Enteignung der derzeitigen Eigentümerin ein Projekt mit „pädagogischem Wert“ vor, etwa ein Museum.

Bedenken wegen des Denkmalschutzes

Diesbezüglich waren in den vergangenen Wochen Bedenken in Sachen Denkmalschutz aufgekommen. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) teilt diese nicht. Seines Wissens sei dies ein Denkmalschutz, der in der Nazizeit verfügt worden sei: „Die Denkmalwürdigkeit ist nicht gegeben.“

Entschieden ist freilich noch nichts. Sobotka verwies darauf, dass schon seit einiger Zeit eine Kommission tage, die sich mit einer möglichen Nutzung der Immobilie beschäftige. Sobald die Enteignung rechtskräftig ist, müssten von dieser Seite Vorschläge auf den Tisch kommen. Bei seinem Wunsch nach einem Abriss sieht sich Sobotka jedenfalls breit unterstützt, beispielsweise von der jüdischen Gemeinde.

„Pilgerstätte für Neonazis“

Der Leiter des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstands (DÖW), Gerhard Baumgartner, forderte indes im Ö1-„Morgenjournal“, dass der Platz, auf dem das Hitler-Haus steht, völlig entpolitisiert und zum Beispiel ein Supermarkt an der Stelle gebaut wird. Der Verlust durch einen Abriss sei ein minimaler, außerdem müsse verhindert werden, dass das Haus zu einer Pilgerstätte für Neonazis wird. Zum Ö1-Beitrag „Hitler Geburtshaus vor Enteignung“

ICOMOS gegen Abriss

Der internationale Denkmalpflege-Beirat ICOMOS, der das UNESCO-Welterbe-Komitee berät, hat sich am Dienstag gegen einen Abriss des Hitler-Geburtshauses in Braunau ausgesprochen. Die Republik Österreich solle alle Anstrengungen unternehmen, um das Objekt als authentischen Erinnerungsort der Aufklärung und Entmystifizierung nationalsozialistischer Ideologie bewahren, teilte ICOMOS Österreich mit.

ICOMOS-Präsident Wilfried Lipp verwies auch auf den Bescheid, mit das Haus 1993 unter Denkmalschutz gestellt wurde. Demnach sei die Liegenschaft Salzburger Vorstadt Nr. 15 in Braunau ein bedeutendes Biedermeierhaus im Kontext der Braunauer Altstadt. „Die in § 2 des Gesetzesentwurfs denkmögliche Variante einer Liquidation des Gebäudes und damit der Tilgung des materiellen Trägers von Gedächtnis und Geschichte stellt eine fatale Fehlleistung dar“, so Lipp.

Grüne: „Längst überfälliger Beschluss“

Sehr positiv reagieren die Grünen auf den Ministerratsbeschluss zur Enteignung, der für sie längst überfällig war. Sie fordern, die Stadt Braunau am Inn miteinzubeziehen was mit dem Geburtshaus Hitlers passieren soll.

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