Schlagabtausch wegen Mindestsicherung

Je näher die Landtagssitzung rückt, in der die Kürzung der Mindestsicherung beschlossen werden soll, umso heftiger wird der Schlagabtausch in der Landespolitik. SPÖ, Grüne und das UN-Flüchtlingshochkommissariat lehnen Kürzungen ab.

Die geplante Änderung sieht vor, künftig Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten nur mehr 365 Euro für eine erwachsene Einzelperson plus einen an Auflagen gebundenen Integrationsbonus von 155 Euro auszuzahlen. Dazu kommen noch zusätzliche Leistungen für Kinder.

Beschluss am Donnerstag geplant

ÖVP und FPÖ werden die Kürzung der Mindestsicherung für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte am Donnerstag mit ihrer Stimmenmehrheit im Landtag kürzen - daran besteht kaum ein Zweifel. SPÖ und Grüne warnen aber bis zuletzt vor dieser Maßnahme. Soziallandesrat Reinhold Entholzer (SPÖ) spricht sogar von einer reinen Symbolpolitik, bei der nichts von dem, was schwarz-blau ankündigen, halten werde.

FPÖ-Klubobmann Herwig Mahr spricht am Mittwochvormittag davon, dass das System ohne Kürzungen nicht mehr finanzierbar sei: „Wir sind verpflichtet, jetzt Maßnahmen zu setzen, dass wir uns auch in Zukunft dieses System leisten können. Wenn ich bedenke, dass Niederösterreich, das Burgenland und Salzburg mit Stimmen von SPÖ und Grün 365 Euro beschlossen haben und wir in Oberösterreich 520 Euro beschließen, dann ist das überhaupt keine soziale Kälte. Außerdem gibt es eine Reihe von Oberösterreichern und Oberösterreicherinnen, die diese Beträge nicht haben.“

Kaum Einsparungseffekte

Fachgutachten zeigten deutlich, dass die Einsparungseffekte deutlich niedriger ausfallen werden, als ÖVP und FPÖ immer angeben. Die sprechen von 70 Millionen bis Ende 2019. Tatsächlich seien es wohl nur 17, rechnet Entholzer vor. Und das zu dem Preis, dass die Gesetzesnovelle mehr Armut, mehr Obdachlosigkeit und weniger Integration mit sich bringen werde. Außerdem werde das Ganze auch rechtlich nicht halten, zeigt sich Entholzer überzeugt. Zum einen werde gerade eine neue Vereinbarung zwischen Bund und Länder in dieser Causa ausverhandelt, der sich nur Ober- und Niederösterreich verweigern würden. Und dort sei auch klargelegt, dass keine Personengruppe schlechter gestellt werden darf.

Grüne fordern geheime Abstimmung

Wie also gehe das mit dem Beschluss am Donnerstag zusammen, fragt sich Entholzer. Er erwarte sich von ÖVP und FPÖ dahingehend auch eine Klarstellung, wie mit diesem Widerspruch umgegangen wird. Die Grünen wollen überhaupt geheim über diese Causa im Landtag abstimmen lassen - wohl auch in der Hoffnung, dass manche ÖVP-Abgeordnete eine andere Meinung als die von der Partei vorgegebene haben.

Am Mittwochvormittag zeigte sich ÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer einer geheimen Abstimmung nicht abgeneigt, man werde sich einer solchen auch nicht verwehren. Ein Abspringen einzelner Mandatare fürchtet Hattmansdorfer nicht, er hofft dafür eher auf einen Richtungswechsel bei manchen SPÖ-Abgeordneten.

Entholzer für FPÖ und ÖVP unglaubwürdig

ÖVP und FPÖ werten auch die Aussagen Entholzers und der Grünen als „unglaubwürdig“, wenn gleichzeitig rote und grüne Regierungsmitglieder im Burgenland oder in Salzburg Kürzungen bei der Mindestsicherung auf 365 Euro mittragen. So werde mit Aktionismus von der politischen Verantwortung abgelenkt, heißt es. Beide Parteien stellen auch klar, dass die Kürzung der Mindestsicherung für alle gleich gelte, für Einzelpersonen genauso wie für befristetet Asyl- und Schutzberechtigte.

ÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer betonte am Mittwoch noch einmal die Wichtigkeit der Integrationserklärung: „Die Integrationserklärung ist bindend. Wer bei uns die Mindestsicherung erhalten möchte, muss 1. Wertekurse besuchen, muss 2. Sprachschulungen absolvieren und muss 3. bereit sein, arbeiten zu gehen. Wer das nicht einhält, dem wird die Mindestsicherung gekürzt.

UNHCR appelliert gegen Kürzungen

Anlässlich der Landtagssitzung appelliert das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR erneut, die geplante Kürzung nicht zu beschließen. „Mit der geplanten Kürzung würden Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte weit unter die Armutsgrenze rutschen und könnten kaum ihren Lebensunterhalt bestreiten“, befürchtet Christoph Pinter, Leiter von UNHCR Österreich.

Negative Konsequenzen für die Integration

Die Kürzung hätte aus Sicht von UNHCR daher auch negative Konsequenzen für die Integration der Betroffenen. Statt die Schutzberechtigten am Anfang bei ihrer Integration zu unterstützen, werden sie vielmehr an den Rand der Gesellschaft gedrängt. „Spracherwerb, Ausbildung und Jobsuche werden auf der Strecke bleiben, wenn die Betroffenen nicht mehr wissen, wie sie ihre Mieten zahlen sollen“, befürchtet Pinter.

Belastung des Grundversorgungssystems

Durch die geplanten Maßnahmen ortet UNHCR auch eine Belastung des Grundversorgungssystems. Durch die massiven Kürzungen bei der Mindestsicherung wird es für Schutzberechtigte immer schwieriger werden, aus den organisierten Quartieren, die für Asylsuchende konzipiert sind, den Sprung in die Selbständigkeit zu schaffen.

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