ÖVP: Hummer verliert in Kampfabstimmung

Landesrätin Doris Hummer verliert ihren Sitz in der künftigen Landesregierung, das ist in einer Pressekonferenz nach der Landesparteivorstandssitzung Mittwochabend bestätigt worden. Damit ist erstmals seit 20 Jahren in einer oö. Regierung keine Frau.

Die künftige oberösterreichische Landesregierung wird damit Österreichs einzige sein, in welcher die Frauenquote bei null Prozent liegt. Hummer hat laut Landeshauptmann Josef Pühringer das Angebot erhalten, weiterhin in Spitzenfunktionen (etwa Klubobfrau) des Landes zu bleiben. Dafür hat sich Hummer Bedenkzeit erbeten. In jedem Fall habe Hummer ein Rückkehrrecht in die Landesregierung, erklärte er. Wenn ein ÖVP-Regierungsmitglied ausscheide, komme Hummer zum Zug.

Wolfgang Hattmannsdorfer, Josef Pühringer, Thomas Stelzer

fotokerschi.at/Kerschbaummayr

Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer, Landeshauptmann Josef Pühringer, Klubobmann Thomas Stelzer

Problem: Null-Prozent-Frauenquote

„Mir ist bewusst, dass wir da jetzt ein Problem haben“, so Pühringer angesichts der Null-Prozent-Frauenquote. Es sei „unangenehm“, dass Hummer gehen müsse. Aber eine geheime Abstimmung im Landesparteivorstand habe dieses Ergebnis gebracht. Wie knapp der Ausgang war, wollte er nicht sagen.

Wer in der künftigen - aller Voraussicht nach schwarz-blauen - Landesregierung die Frauenagenden übernimmt, wisse er noch nicht. Den ÖVP-Frauen sei es aber ein Anliegen, dass das Ressort bei der ÖVP bleibe.

Personaldebatte nach verlorenem Regierungssitz

Weil die ÖVP einen Regierungssitz verloren hat, musste einer aus der bestehenden Mannschaft gehen. Wackelkandidaten waren neben Hummer noch Agrarlandesrat Max Hiegelsberger und Wirtschaftslandesrat Michael Strugl. Da keiner verzichten wollte, wurde abgestimmt.

Geheime Abstimmungen

Weil sich die drei Landesräte einer Abstimmung stellen mussten, die Hummer verloren hat, wurde auch über Pühringer und den bisherigen Klubobmann und künftige LH-Stv. Thomas Stelzer votiert. Beide wurden einstimmig für diese Funktionen bestätigt. Sämtliche Wahlen waren geheim, betonte Pühringer bei der Pressekonferenz.

Doris Hummer verliert Regierungssitz

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Doris Hummer nach der Kampfabstimmung

Hummer 2009 von Pühringer geholt

Pühringer hatte Hummer 2009 überraschend aus dem Hut gezaubert. Die 42-Jährige war in den vergangenen sechs Jahren für die Bereiche Bildung, Wissenschaft, Forschung, Frauen und Jugend zuständig. Unterbrochen wurde diese Amtszeit durch eine dreimonatige Babypause - ihr Sohn Felix ist heute drei Jahre alt. In der Bildungspolitik setzte sie zuletzt durch, dass Oberösterreich heuer eine Sonderauswertung erhält.

TV-Hinweis

Der ORF OÖ überträgt die konstituierende Landtagssitzung am Freitag in einem Lokalausstieg in ORF2 ab 10.15 Uhr live.

Weitere Verhandlungen mit FPÖ zur Finalisierung

Neben der Personalfrage wurde dem Parteivorstand auch das bisherige Ergebnis der schwarz-blauen Koalitionsverhandlungen vorgelegt. Es seien zwar noch einige Punkte offen, erklärte Pühringer, aber: „Ich habe eine Abschlussermächtigung erhalten.“ Die letzten Details, die am Donnerstag - und vielleicht auch noch am Freitag - ausverhandelt werden, müssen somit nicht mehr durch den Parteivorstand. Die konstituierende Landtagssitzung findet am Freitag statt, dann tritt auch die neue Landesregierung zum ersten Mal zusammen.

Parteivorstand legte Sitze fest

Der Parteivorstand legte auch die Sitze im Landtag fest, wobei es einige Teilzeitlösungen - sprich Wechsel zur Halbzeit - geben soll, um eine Verjüngung zu erreichen. ÖVP-Jungfunktionär Gerhard Weilbuchner, der nach Pühringer und FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner die meisten Vorzugsstimmen bekommen hat und damit in den Landtag hätte einziehen können, muss noch zwei Jahre warten, bis er das Mandat von Franz Weinberger übernehmen kann. Der 24-jährige Innviertler war nach einer Wahlfeier mit 1,64 Promille am Steuer erwischt worden.

Bundesweit einziger Pakt

Die sich abzeichnende schwarz-blaue Landesregierung in Oberösterreich ist derzeit bundesweit der einzige Pakt zwischen ÖVP und FPÖ. Für Oberösterreich ist sie (fast) eine Premiere: Eine kleinere Ausgabe davon war der „Gleißner-Peter-Pakt“, im Rahmen dessen die Freiheitlichen der Volkspartei 1967 den LH-Sessel sicherten.

In Oberösterreich war die FPÖ bisher zwar dank Proporz mehrfach in der Landesregierung vertreten, aber nie richtiger Regierungspartner. Als bei der Landtagswahl 1967 die SPÖ knapp vor der ÖVP zu liegen kam, sicherten die Blauen den Schwarzen mit dem „Gleißner-Peter-Pakt“ dennoch den Landeshauptmann-Sessel. Die Freiheitlichen selbst waren aber zu schwach für einen Regierungssitz.

Ausschließlich schwarze Landeshauptleute

Sieht man von einem 1945 von der US-Besatzung eingesetzten Beamten ab, so gab es in Oberösterreich seit Ende des Zweiten Weltkrieges ausschließlich schwarze Landeshauptleute, insgesamt waren es nur vier an der Zahl. In neun der bisher zwölf zurückliegenden Legislaturperioden hatte die ÖVP die Mehrheit in der Landesregierung, auch wenn sie nur dreimal bei der Wahl über 50 Prozent kam und fünfmal die absolute Mandatsmehrheit hatte.

Pühringers erstes Schwarz-Grün 2003

Bevor Josef Pühringer 2003 die erste schwarz-grüne Koalition Österreichs auf Landesebene schmiedete, hatte er mit der SPÖ zusammengearbeitet. Durch die Proporzregierung waren aber zuletzt alle vier im Landtag vertretenen Parteien auch in Regierungsfunktionen, weshalb man streng genommen nicht von Koalition, sondern Arbeitsübereinkommen sprechen muss.

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