„Erlebnisurlaube“ ins Elend boomen

Immer mehr junge Menschen ziehen in die Welt, wegen Auslandserfahrungen und weil sie Gutes tun wollen, vor allem in armen Regionen. Doch der Wunsch zu helfen, treibt absurde Blüten. Kurztrips ins Elend inklusive „Erlebnisurlaub“ boomen.

Mal eben die Welt retten inklusive „Erlebnisurlaub“ boomt: Internationale Agenturen und Reisebüros sind längst auf den Zug aufgesprungen. Die Trips ins Elend dauern mal zehn Tage, auch mal mehrere Wochen und können schon mehrere Tausend Euro kosten. Mit nur einem Klick kann man aus unzähligen Angeboten wählen, vorausgesetzt man ist bereit, für die gute Tat zu zahlen.

Bewegungstherapie für Löwenbabys

Der Soziologe und Buchautor Daniel Rössler hält diese Entwicklung für problematisch: „Wenn man das nötige Kleingeld mitbringt, kann man fast alles machen. Der Kreativität sind da kaum Grenzen gesetzt: Vom Englisch lehren in äthiopischen Grundschulen, über Bewegungstherapien für Löwenbabys bis hin zu ghanaischen Waisen ist für jeden Geschmack etwas dabei. Wem damit geholfen ist, das steht noch in Frage.“

„Beziehung aufbauen in zehn Tagen ist unmöglich“

Rafael Schmalzel aus Garsten und Stefan Kranawetter aus St. Marien brechen demnächst nach Ghana und Indien auf. Sie werden dort ein Jahr lang in Don-Bosco-Hilfsprojekten bedürftigen Kindern auf Augenhöhe zur Seite stehen. Möglich macht das der Verein „Volontariat bewegt“ vom Hilfswerk „Jugend eine Welt“. Die Burschen halten nicht viel von Kurztrips ins Elend, wie sie einige internationale Agenturen und Reisebüros anbieten. Rafael Schmalzel: „Ich glaube das ist nicht wirklich sinnvoll. Man kann kaum eine Beziehung in zehn Tagen aufbauen.“

„Zwei Wochen vorbeischauen ist voyeuristisch“

Johannes Ruppacher, der Geschäftsführer von „Volontariat bewegt“ warnt vor spontanen „Weltrettungsaktionen“: „Für uns ist es ganz wichtig, einen respektvollen Umgang mit den Menschen in den Projekten zu pflegen. Dort nur zwei Wochen vorbeizuschauen, hat etwas Voyeuristisches und bringt für die Projekte ganz wenig. Außer der finanziellen Unterstützung entsteht kaum ein langfristiger Nutzen für die Projekte.“ Generell gilt bei Hilfseinsätzen: je länger desto besser. Erst ab drei Monaten bringt man dem Projekt tatsächlich einen Nutzen, heißt es.

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