Gedenkfeier im ehemaligen KZ Mauthausen

Im ehemaligen KZ in Mauthausen fand am Sonntag zum 70. Tag der Befreiung des Lagers durch US-Soldaten die traditionelle Befreiungsfeier statt zu der 22.000 Menschen kamen. Die Gedenkfeier wurde in ORF2 live übertragen.

Zur offiziellen Befreiungsfeier zogen, begleitet von Chören aus aller Welt und der oö. Militärmusik, die Abordnungen dann über den Appellplatz ein. Die traditionelle Befreiungsfeier stand heuer unter dem Thema „Steinbruch und Zwangsarbeit“. In Mauthausen und seinen 49 Außenlagern wurden von 1938 bis 1945 rund 100.000 Juden, Roma und Sinti sowie politische Häftlinge aus vielen europäischen Ländern ermordet. Anfang Mai 1945 konnte das Lager von US-Soldaten befreit werden. 70 Jahre danach gedachten am Sonntag der Überlebenden und deren Angehörige gemeinsam mit vielen anderen der Opfer der NS-Herrschaft.

Unter den Ehrengästen waren Bundespräsident Heinz Fischer, Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ), ein großer Teil der Bundesregierung mit Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) an der Spitze, EU-Kommissar Johannes Hahn sowie etliche ausländische Staatsgäste. Man werde die Verbrechen nicht vergessen, so Bundespräsident Heinz Fischer im Gespräch mit ORF-Redakteurin Helma Poschner.

"... wird für alle Zeiten im Gedächtnis sein"

Auf die Frage, ob der Holocaust in Vergessenheit gerät, wenn Zeitzzeugen nicht mehr sind wie manche befürchten, sagte Fischer, dass ein Zeitzeuge, der sagen kann „ich habe gesehen wie …“ unersetzlich sei, aber andererseits sei die Literatur, Forschung und Dokumentation dessen, was in den Konzentrationslagern passierte, so intensiv wie nie zuvor in der Vergangenheit.

Der Holocaust könne nicht in Vergessenheit geraten, und so wie man heute noch über den 30-jährigen Krieg und andere Ereignisse der Geschichte spricht, so wird dieser Holocaust für alle Zeiten im Gedächtnis der Menschheit sein, so Fischer. Das könne niemand auslöschen.

Regierungsvertreter bei der Gedenkfeier im KZ Mauthausen

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V.l.: Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP), Bundesministerin für Inneres Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ), Bundespräsident Heinz und seine Frau Margit, Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP), Alois Stöger (SPÖ)

Bundeskanzler Werner Faymann betonte, dass das Gedenken bedeute, das Versprechen abzugeben, dass man nie vergesse, welche Grausamkeit, welche Unmenschlichkeit möglich ist. Und die richtige Konsequenz daraus zu ziehen, neben dem Respekt für die Opfer und Ehre für die Überlebenden sei, für ein Europa zu sorgen, dass friedlich zusammenlebt. Nur so würden auch die nächsten Generationen in Frieden leben können.

Pühringer: Verantwortung aller

Für Landeshauptmann Josef Pühringer ist Mauthausen „das in Stein gehauene ‚nie wieder Krieg‘, ‚nie wieder Faschismus‘, ‚nie wieder Rassenwahn‘“, und daher ein Bekenntnis zur Demokratie, auch wenn sie ihre Schwächen hat, es gebe dazu keine Alternative. Das Schreckliche, das Unfassbare, was in Mauthausen geschah, dürfe sich nie mehr auch nur in Ansätzen wiederholen. Da sei in der Verantwortung aller, so Pühringer.

Entholzer: „Mauthausen als Lernstätte“

Landeshauptmann-Stv. Reinhold Entholzer sieht die Gedenkstätte Mauthausen auch als Lernstätte. Nur wenn wir uns mit unserer Geschichte auseinandersetzen und die daraus nötigen Schlüsse ziehen, könne derart Grausames künftig verhindert werden. Er halte es auch für wichtig, dass Schulen die Gedenkstätte besuchen, damit es gelinge, den Kindern künftiger Generationen auf die Wichtigkeit der Werte Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität zu vermitteln.

Mernyi: Solidarität mit Verfolgten

Der Vorsitzende des Mauthausen Komitee Österreich Willi Mernyi erinnerte in seiner Ansprache an den Ausbruchsversuch von 500 russischen Offizieren aus dem KZ im Februar 1945. Nur elf überlebten diese „Hasenjagd“, der Rest wurde „erschossen, erschlagen, erstochen von SS und Polizei, aber auch von der Hitlerjugend und der normalen Bevölkerung“. „Die Unmenschlichkeit von damals bekämpfen wir am Besten, indem wir die Unmenschlichkeit von heute bekämpfen“, forderte Mernyi Solidarität mit jenen ein, die „heute nicht aus Europa sondern nach Europa flüchten und im Mittelmeer ihr Leben riskieren“.

Gedenkfeier im ehemaligen KZ Mauthausen

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Ehemalige Insassen warnen

In eine ähnliche Kerbe schlug auch Max R. Garcia, ein Überlebender, der sich Journalisten stellte: „In Afrika erschießen sie jeden, Frauen, Kinder, Männer“, bezweifelt er, dass die Menschheit aus der Geschichte gelernt hat. Es sei aber wichtig, immer wieder über die Geschehnisse von damals mit der Jugend zu reden, ist er überzeugt: „Wenn die Leute kommen, das freut mich, deshalb bin ich als Zeitzeuge hier.“

Aba Lewit, ebenfalls ehemaliger Mauthausen-Insasse, schilderte, wie er mit 16 in ein Arbeitslager und über mehrere Stationen schließlich nach Mauthausen kam, wo er bis 1945 interniert war, nur „weil ich Jude bin“. Was es für ein Gefühl sei, wieder hier zu sein? „Ausdrücken kann ich es nicht.“ Er erzählt er, wie er Zeuge wurde, dass Menschen getötet wurden und wie ihm nach einer Schusswunde die Kugel mit einem Taschenmesser entfernt und er sechs Monate im KZ versteckt wurde. Seine schlimmste Erinnerung sei aber, „dass ich überlebt habe und andere nicht“.