„Zu laute Glocken“ schlagen seltener

Nach einem außergerichtlichen Gespräch über den für einen Anrainer zu lauten Glockenschlag des Linzer Doms haben sich die Streitparteien am Dienstag darauf geeinigt, den sogenannten Stundennachschlag probeweise zwischen 23.00 und 5.00 Uhr schweigen zu lassen.

An dem Gespräch hatten Dompfarrer Maximilian Strasser und Anwalt Wolfgang Graziani-Weiß sowie Kläger Wolfgang Lassy mit Anwalt Wolfgang List teilgenommen. Laut Diözese Linz hieß es, es habe ein „gutes und konstruktives“ Klima geherrscht.

Kein „Stundennachschlag“ mehr

Geeinigt habe man sich darauf, dass der sogenannte Stundennachschlag – das ist jenes Schlagen zu jeder vollen Stunde, das die Stundenanzahl wiederholt – von 23.00 Uhr bis 5.00 Uhr ausgesetzt werden soll. In den nächsten Tagen soll ein Techniker das Schlagwerk umprogrammieren. Nach einem Zeitraum von zwei bis drei Monaten werde man sich dann ansehen, welche Auswirkungen diese Maßnahme bringe, so die Diözese.

Läutordnung des Doms

Um zu verstehen, was da ausgehandelt wurde, muss man die Läutordnung des Mariendoms verstehen. Drei Glocken zeigen nämlich die Zeit. Glocke Nummer eins schlägt einmal zur Viertelstunde, zweimal zur halben, dreimal zur Dreiviertelstunde und viermal zur vollen Stunde.

Bei der vollen Stunde ertönt nach den vier Schlägen Glocke Nummer zwei mit dem Stundenschlag. Einmal um 1.00 oder 13.00 Uhr, zwölfmal um 12.00 oder 24.00 Uhr. Aber das reicht noch nicht. Denn nach der Glocke zwei mit dem Stundenschlag kommt zu jeder vollen Stunde auch Glocke drei mit dem sogenannten Nachschlag, und der zeigt noch einmal die Zahl der Stunden.

Also bedeutet das am Beispiel 10.00 beziehungsweise 22.00 Uhr: vier Schläge zur vollen Stunde, zehn Schläge für die Stundenzahl und noch einmal zehn Schläge als Nachschlag. Und genau dieser Nachschlag soll in Kürze zwischen 23.00 und 5.00 Uhr ausgesetzt werden.

Alte Türmertradition

Dieser Nachschlag geht auf eine alte Tradition zurück, als es auf den Kirchtürmen noch die Türmer gab, die Ausschau nach Feinden oder Bränden halten mussten. Um zu kontrollieren, ob der Türmer noch wach ist und seiner Aufgabe, nämlich dem Ausschauhalten nachkommt, musste er zu jeder vollen Stunde in die Glockenstube gehen und den Stundenschlag der Turmuhr händisch wiederholen.

So wusste man: Der Türmer ist wach und auf seinem Posten. Diesen Stundennachschlag gibt es heutzutage aber nur noch in großen Stadtkirchen oder Domen – wie dem Mariendom.

Verhandlung soll verschoben werden

Die für April angesetzte Verhandlung soll um mindestens zwei Monate verschoben werden, um eine endgültige Vergleichslösung zu erzielen. „Das Grundrecht von Leben und Gesundheit steht über allem“, hatte List im Vorfeld des Prozesses argumentiert. Die Glocken würden seinem Mandanten den Schlaf rauben, sein Wohlbefinden sei gefährdet. Privat beauftragte Lärmmessungen hätten gezeigt, dass von Montag bis Samstag täglich insgesamt rund eine Stunde geläutet wird, am Sonntag sogar eineinhalb Stunden - mit einer Lautstärke von bis zu 77 Dezibel.

Die Diözese wiederum argumentierte, dass es sich um „eine gewachsene Tradition mit eigenständiger und kultureller und religiöser Bedeutung“ handle, die seit 112 Jahren zum „akustischen Stadtbild“ gehöre. Die Verhandlung Anfang Februar wurde vertagt.

Links: