Große Trauer um Barbara Prammer

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer ist Samstagnachmittag nach schwerer Krankheit im Kreise ihrer Familie in ihrem 61. Lebensjahr in Wien verstorben. Trotz ihrer Krebserkrankung, die sie im September 2013 öffentlich machte, übte die Oberösterreicherin ihre Amtsgeschäfte bis Juli aus.

Barbara Prammer hinterlässt einen Sohn und eine Tochter sowie deren Partner, ihre Eltern und Geschwister und ihre erst im Juni geborene Enkeltochter.

Seit 1. Juli in stationärer Behandlung

Bis zuletzt hatte Barbara Prammer gegen den Krebs gekämpft und oft das persönliche Befinden hintangestellt, um ihre Aufgaben als Nationalratspräsidentin zu erfüllen. Nur wenn es gar nicht mehr ging, ließ sie sich vertreten. Ihre Krebserkrankung hat die Nationalratspräsidentin im September des Vorjahres öffentlich gemacht, Details zu ihrer Erkrankung nannte sie allerdings nicht, um ihre Privatsphäre zu schützen.

Barbara Prammer

APA/Helmut Fohringer

Am 1. Juli waren Komplikationen aufgetreten, Prammer musste sich wegen einer Infektion in stationäre Spitalsbehandlung begeben und den Zweiten Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf (ÖVP) ersuchen, die Amtsgeschäfte zu führen. Ihren 60. Geburtstag am 9. Jänner hatte Prammer noch mit einem Festakt im historischen Sitzungssaal des Parlament mit 470 Gästen gefeiert.

Enkelkind war Ablenkung und Trost

Ablenkung und Trost in den letzten Wochen war ihr die Geburt ihres ersten Enkelkindes Sophie wenige Wochen vor dem Beginn ihres Krankenhausaufenthalts. Auch am Krankenbett war Prammer noch kämpferisch und optimistisch. Dennoch kam ihr Tod für ihr näheres Umfeld nicht gänzlich überraschend.

Barbara Prammer

APA/Georg Hochmuth

„Sie war eine Kämpferin“

Für Oberösterreichs SPÖ-Chef Reinhold Entholzer war die Nachricht vom Tod der Nationalratspräsidentin „nicht wirklich überraschend, nachdem sie in letzter Zeit mehrfach das Krankenhaus aufsuchen und bereits länger dort verweilen hatte müssen“. Man habe vermuten müssen, dass die Krankheit schwerer war, als Prammer es selbst wahrhaben wollte, so Entholzer im Gespräch mit dem ORF Oberösterreich: „Aber sie war eine Kämpferin, das war sie immer, daher war die Hoffnung immer vorhanden.“

„Die Nachricht erfüllt uns mit tiefster Traurigkeit“

Die im September öffentlich gemachte Erkrankung tat der Beliebtheit keinen Abbruch, im Gegenteil. Trotz ihrer Erkrankung blieb die als diszipliniert geltende Parlamentschefin im Amt. Bis zur Bekanntgabe ihrer Erkrankung galt Prammer lange Zeit - neben Sozialminister Rudolf Hundstorfer - als logische SPÖ-Kandidatin für die nächste Hofburg-Wahl. Bundespräsident Heinz Fischer zeigte sich erschüttert. „Die Nachricht erfüllt uns mit tiefster Traurigkeit“, wurde Fischer am Samstagabend in einer Aussendung der Präsidentschaftskanzlei zitiert.

Barbara Prammer und Heinz Fischer

APA/Roland Schlager

Barbara Prammer und Bundespräsident Heinz Fischer

„Eine absolut integre Politikerin“

„Barbara Prammer war eine der großen Frauenpersönlichkeiten im öffentlichen Leben unseres Landes und auch über die Grenzen unseres Landes hinaus bekannt und geschätzt. Sie war eine engagierte und unbestrittene Präsidentin des österreichischen Nationalrats, eine führende Sozialdemokratin und eine absolut integre Politikerin, der ich mich auch persönlich sehr verbunden fühlte“, so der Bundespräsident.

Barbara Prammer

APA/Georg Hochmuth

„Wir verlieren eine große Oberösterreicherin“

Betroffen zeigte sich auch Landeshauptmann Josef Pühringer in seiner Reaktion auf das Ableben der Nationalratspräsidentin: “Wir verlieren mit Barbara Prammer eine große Oberösterreicherin, eine Politikerin, die sich für unsere Gesellschaft und unser Land sehr verdient gemacht hat. Sie war eine Kämpferin gegen jede Form von Gewalt. Sie war eine große Demokratin. Sie war eine Politikerin, die sich für faire Chancen für die Frauen in der Gesellschaft ausgesprochen hat.“ Sie war immer eine aufrechte Demokratin“, betonte Pühringer, „eine Politikerin, wo das Reden und das Tun im Einklang standen“.

„Immer für die Schwächeren eingetreten“

Als „Kämpferin für die Demokratie und die Anliegen der Frauen“ würdigte Reinhold Entholzer, Landesvorsitzender der SPÖ in Oberösterreich und Landeshauptmann-Stellvertreter, Barbara Prammer: „Sie hat immer gesagt ‚Wir haben zwar eine Demokratie, aber sie ist keine Selbstverständlichkeit und wir müssen uns mit ihr auseinandersetzen und vorsichtig mit ihr umgehen, damit nicht schleichend eine Selbstverständlichkeit aus ihr wird und es nicht irgendwann einmal umschlägt‘. Das war ihr ganz, ganz wichtig.“

Barbara Prammer

APA/Robert Jaeger

Prammer habe auch immer darauf verwiesen, wie wichtig es sei, gegen den Faschismus anzukämpfen. „Menschlich darf ich sagen, dass ich mich sehr gut mit ihr verstanden habe und sie mir, in der Zeit in der ich die Führung der Partei in Oberösterreich übernommen habe, auch mütterlichen Rat gegeben hat.“ Die Zusammenarbeit mit Prammer sei immer sehr offen und immer auf Augenhöhe verlaufen, aber nie bevormundend, so Entholzer, vor allem sei sie aber immer für die Schwächeren eingetreten.

„Sterben vor der Zeit“

Sehr bestürzt zeigt sich auch Josef Ackerl, der frühere SPÖ-Vorsitzende Oberösterreichs und Vorgänger Entholzers, vom „Sterben vor der Zeit“ Barbara Prammers, denn nicht nur sie, sondern auch die Art, wie sie Politik gemacht hatte, hätte noch viel Zeit vor sich gehabt: „Wir verlieren eine Frau und Politikerin, die in vielen wichtigen Phasen immer sowohl der Partei als auch der Bevölkerung für Aufgaben zur Verfügung gestanden ist. Ihr ist die gelebte Demokratie am Herzen gelegen. Für mich war das Herausragende, dass sie selbst sehr dialogfähig war, aber auch den anderen den Dialog ermöglich hat.“

Barbara Prammer

APA/Robert Jaeger

Tief betroffen ist auch Oberösterreichs Soziallandesrätin Getraud Jahn von der SPÖ, nicht zuletzt, „weil die Barbara eine war, die überall hingeschaut hat, wo andere lieber weggeschaut haben“. Mit Barbara Prammer werde „auf jeden Fall die Frage der Gleichberechtigung der Frauen“ und ihr Auftreten gegen den Rechtsradikalismus und den Faschismus in Verbindung bleiben, so Jahn.

„Österreich verliert eine herausragende Demokratin“

Betroffen zeigte sich auch Johann Kalliauer, AK-Präsident und ÖGB Vorsitzender in Oberösterreich: „Österreich verliert eine herausragende Demokratin und Kämpferin für den Parlamentarismus. Die engagierte Frauenpolitikerin war auch eine überzeugte und aktive Gewerkschafterin, wenn immer es ihre Zeit ermöglicht hat war sie bei Veranstaltung der Arbeiterkammer Oberösterreich und ÖGB OÖ dabei.“

„Sie war die Netzwerkerin“

Er habe sie „sehr, sehr gemocht und sehr wertgeschätzt als Mensch und als Politikerin“ sagt Landesrat Rudi Anschober von den Grünen über Barbara Prammer: „Viele Veränderungen in unserer Gesellschaft, hin zum Positiven, im Sinn von Gleichstellung und Gleichberechtigung werden erhalten bleiben. Die hat sie ganz wesentlich durchgesetzt, obwohl es überhaupt nicht ihr Stil war, das groß auf die Plakate zu schreiben und vor sich herzutragen. Sie war die Netzwerkerin, die mit viel Engagement und einer hohen Sensibilität versucht hat, unsere Gesellschaft, ein bisschen positiver zu gestalten und das ist ihr in diesen großen Fragen sehr, sehr gut gelungen.“

„Sehr, sehr große Lücke hinterlassen“

Vom Verlust einer herausragenden Persönlichkeit und Politikerin, einer große Demokratin und Repräsentantin Österreichs und Oberösterreichs, einer unermüdliche Vorkämpferin und einem standhaftes Vorbild in jeder Hinsicht, spricht der Klubobmann der Grünen, Gottfried Hirz, in einer ersten Reaktion: "Barbara Prammer wird in Politik und Gesellschaft eine sehr, sehr große Lücke hinterlassen.“

„Eine sehr starke Frau“

Am wenigsten politische Übereinstimmung gab es für Prammer wohl mit den Freiheitlichen. Dennoch war das Arbeitsverhältnis im Parlament korrekt. Auch in Oberösterreich zollt ihr der Dritte Landtagspräsident, Adalbert Cramer von der FPÖ, Respekt. Er sei sehr betroffen von der Nachricht gewesen und es sei schon ein Schock gewesen, vom Tod Barbara Prammers zu erfahren: „Frau Präsidentin Prammer hat bis zum letzten Tag gearbeitet. Eine sehr starke Frau, das muss man schon sagen.“

Barbara Prammer

APA / Helmut Fohringer

Auch die SPÖ Frauen Oberösterreich zeigen sich von Prammers Ableben tief erschüttert: Wir verlieren eine herausragende Sozialdemokratien und Frauenpolitikerin, heißt es. Prammer war von 1990 bis 2005 Vorsitzende der SPÖ Frauen Oberösterreich. Ebenfalls mit Betroffenheit reagieren Bischof Ludwig Schwarz, die Caritas und auch das Mauthausen Komitee Österreich.

Tiefe Betroffenheit bei allen politischen Parteien

Der Tod von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer hat am Samstag quer durch die politischen Parteien tiefe Betroffenheit hervorgerufen. Bundeskanzler Werner Fayman (ebenfalls SPÖ) erklärte: „Ihr früher Tod hinterlässt große Betroffenheit und Trauer.“ Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) sagte: „Die österreichische Politik verliert eine starke Persönlichkeit“.

„Für ein Miteinander in der Gesellschaft eingetreten “

„Barbara Prammer war eine bedeutende Sozialdemokratin, engagierte Frauenpolitikerin, große Demokratin und seit 2006 eine hervorragende Nationalratspräsidentin“, so Faymann laut Aussendung in einer ersten Stellungnahme. „Ganz besonders stark war ihr Eintreten für ein Miteinander in der Gesellschaft, gegen Verhetzung, Rassismus und Antisemitismus. Barbara Prammer war es ein großes Anliegen, dass die Gräuel des Nationalsozialismus, auch und besonders von jungen Menschen, nicht vergessen werden“, meinte der Bundeskanzler.

„Überzeugte Demokratin und Österreicherin“

Der ÖVP-Bundesparteiobmann unterstrich: „Barbara Prammer hat stets klare Positionen bezogen und sich als überzeugte Demokratin und Österreicherin durch ihre sachpolitische Arbeit ausgezeichnet.“ Die Nationalratspräsidentin hinterlasse eine große Lücke in der österreichischen Politik.

In Ottnang am Hausruck geboren

Barbara Prammer wurde am 11. Jänner 1954 in Ottnang am Hausruck, einer Bergarbeitergemeinde mit langer sozialdemokratischer Tradition, geboren. Dieses Umfeld und die politische Aktivität ihrer Familie trugen schon bald zur politischen Sozialisierung Prammers bei, ihr Engagement in der Jungen Generation der SPÖ begann in den 70er Jahren. Nach ihrer Matura an der Handelsakademie Vöcklabruck begann Barbara Prammer 1973 ihre Ausbildung beim Gemeindeamt Ottnang. Neben anderen Zuständigkeitsbereichen übte sie auch die Aufgabe als Standesbeamtin aus. 1978 verließ sie ihre Heimatgemeinde, um an der Johannes-Kepler-Universität Linz ein Studium der Soziologie zu absolvieren.

Erstes weibliches Mitglied der Landesregierung

Nach ihrem erfolgreichen Abschluss arbeitete sie als Sozial- und Berufspädagogin im Beruflichen Bildungs- und Rehabilitationszentrum (BBRZ). Anschließend war sie bei der AMS Landesgeschäftsstelle Oberösterreich tätig. Ab 1991 war sie zunächst als Landtagsabgeordnete und Zweite Landtagspräsidentin in der oberösterreichischen Landespolitik tätig. 1995 wurde sie als Landesrätin für Wohnbau, Naturschutz und Verwaltungspolizei das erste weibliche Mitglied der oberösterreichischen Landesregierung und von der Bundes-SPÖ als eine der stellvertretenden Parteivorsitzenden gewählt.

1997 Berufung in die Bundesregierung

1997 wurde Barbara Prammer in die Bundesregierung berufen, drei Jahre lang führte sie als Bundesministerin das Ressort Frauenangelegenheiten und Konsumentenschutz. Im gleichen Jahr übernahm sie auch – bis 2009 - den Vorsitz der SPÖ-Frauen. Nach der Nationalratswahl im Oktober 1999 wurde Prammer Abgeordnete zum Nationalrat, am 16. Juni 2004 wurde sie zur II. Präsidentin gewählt.

Barbara Prammer

APA/Robert Jaeger

2006 Erste Nationalratspräsidentin

Am 30. Oktober 2006 wurde Prammer Nationalratspräsidentin und damit die erste Frau an der Spitze des österreichischen Nationalrates. Erst am 29. Oktober 2013 wurde sie für weitere fünf Jahre in ihrem Amt bestätigt.

Links: