Freisprüche im Linzer Swap-Prozess

Im Linzer Swap-Untreue-Prozess sind am Mittwochnachmittag die Urteile gefällt worden. Der ehemalige Linzer Finanzstadtrat Johann Mayr (SPÖ) und Ex-Finanzdirektor Werner Penn wurden vom Vorwurf der Untreue freigesprochen. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

In seiner Urteilsbegründung kritisierte der Richter die verantwortlichen Beamten und die Politik und attestierte ihnen „erschreckende Unkenntnis“ bzw. „bloße Gleichgültigkeit“. Mayr wollte nach dem Spruch keine Stellungnahme abgeben: „Sie wissen schon, dass ich eine Privatperson bin“, sagte er zu den wartenden Journalisten und verließ das Gericht. Ein sichtlich bewegter Penn dankte, den Tränen nahe, allen, die ihn unterstützt hatten und wollte ebenfalls sonst nichts sagen.

Swap „sehr wohl wissentlich missbraucht“

Der Staatsanwalt hatte Penn vorgeworfen, eine spekulative Zinswette bei der BAWAG P.S.K. abgeschlossen und Ausstiegsangebote ausgeschlagen haben. Mayr wurde zur Last gelegt, den Deal genehmigt zu haben. Beide Angeklagten hatten sich nicht schuldig bekannt. Penn sagte, er sei damals nicht der Ansicht gewesen, ein Spekulationsgeschäft abzuschließen. Mayr will von dem Deal nichts gewusst haben.

Mayr und Penn bei Verhandlungseröffnung

ORF

Penn sei durch einen Gemeinderatsbeschluss ermächtigt worden, kurzfristig Finanzgeschäfte abzuschließen, so der Staatsanwalt. Er sei also ein „Machthaber mit entsprechender Entscheidungsbefugnis“ gewesen und habe diese durch den Abschluss des Swap „sehr wohl wissentlich missbraucht“.

Der Ankläger verwies auf Penns Aussage, dass ihm das theoretisch nach oben offene Risiko bewusst gewesen sei. „Penn hat sich keine Exit-Strategie zurechtgelegt, er hat auch kein Risikomanagement gemacht.“ Er habe die Stadt Linz einem unvorhersehbaren Wechselkursrisiko auf die nächsten zehn Jahre ausgesetzt.

Risiken nicht verstanden

Das Gutachten des Sachverständigen Christian Imo, wonach sich hinter dem Swap ein Optionsgeschäft verberge, lege nahe, dass Penn den Deal nicht durchschaut habe. Dieser Ansicht folge er aber nicht, so der Staatsanwalt. Die Risiken würden sich bereits aus der Formel ergeben und diese habe der Ex-Finanzdirektor verstanden. Zudem habe Penn später wissentlich den Finanzausschuss falsch informiert. Er habe eine Risikodeckelung vorgegaukelt, weil er sich sonst hätte rechtfertigen müssen.

Er gebe zu, dass der Kursverfall, der schließlich eingetreten sei, nicht zu erwarten gewesen sei, sagte der Ankläger. Aber allein der von Penn angenommene Kurskorridor habe bereits wesentliche Risiken enthalten. „Das zeigt, dass er die Möglichkeit von Verlusten in Millionenhöhe sehr wohl im Auge hatte“, auch wenn er vielleicht nicht mit einem Schaden von 500 Mio. Euro gerechnet habe. Dass Penn die Bewertungen des Swap nicht nachrechnen konnte, sei daher für den Schädigungsvorsatz nicht relevant.

Ex-Finanzstadtrat Johann Mayr (SPÖ)

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Ehemaliger Finanzstadtrat von Linz Johann Mayr (SPÖ)

Auch Mayr in der Verantwortung

Auch Mayr, der nur von den Aussagen des früheren Finanzdirektors belastet wird, steht für den Staatsanwalt in der Verantwortung. Mit Blick auf die mehrfach akademische Ausbildung des Ex-Stadtrats müsse man davon ausgehen, dass dieser das Risiko ebenfalls erkannt habe. Das einvernehmliche Herausnehmen von Negativbewertungen in den Berichten an den Finanzausschuss spreche für eine akkordierte Vorgehensweise der beiden Angeklagten.

Schaden für möglich gehalten

Der Staatsanwalt sagte, dass es nicht ausschlaggebend sei, ob den beiden Angeklagten klar gewesen sein könnte, wie groß der Schaden im schlimmsten Fall für die Stadt hätte werden können, sondern es gehe darum, dass einen Schaden in Kauf genommen hätten. Dadurch, dass sie sagten, sie hofften es wird schon gut ausgehen, hätten sie diesen Schaden für möglich gehalten und gebilligt.

Verteidiger forderten Freisprüche

Die Verteidiger von Mayr und Penn hatten im Vorfeld Freisprüche für ihre Mandanten gefordert. Die Beschuldigten schlossen sich ihren Anwälten an. Es sei „absurd“, dass Mayr das Geschäft fördernd genehmigt habe. Dafür gebe es keinen nachvollziehbaren Anhaltspunkt, so der Verteidiger von Mayr.

Penns Anwalt verwies auf den Gutachter, nach dessen Einschätzung der damalige Finanzdirektor die Wahrscheinlichkeit, dass das theoretische Risiko schlagend wird, nicht ausrechnen konnte. „Gescheiter als die Analysten hat der Magister Penn weder sein können noch sein müssen.“

Ex-Finanzdirektor Werner Penn

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Ehemaliger Finanzdirektor von Linz Werner Penn

Stadt Linz bleibt bei 100.000 Euro

Die Stadt Linz, die sich mit einer Schadenersatzforderung von 100.000 Euro pro Angeklagtem dem Swap-Strafverfahren angeschlossen hat, weitet ihre Ansprüche nicht aus. Das Gutachten habe eindeutig ergeben, dass das Geschäft nicht gültig zustande gekommen sei, begründete der Privatbeteiligten-Vertreter diese Entscheidung. Die 100.000 Euro würden sich auf den Aufwand, den die Stadt gehabt habe - etwa für Expertisen etc. - beziehen.

Keine Wechselwirkung mit dem Zivilverfahren in Wien

Der Staatsanwalt betonte in seinem Schlussplädoyer, dass es nur um die Beurteilung der strafrechtlichen Relevanz der Vorwürfe gegen Mayr und Penn gehe. Es gebe keine Wechselwirkung mit dem beim Handelsgericht Wien anhängigen Zivilverfahren und auch keinen Zusammenhang mit den Ermittlungen seiner Behörde gegen BAWAG-Mitarbeiter, sagte er in Richtung der Schöffen.

Bank zuversichtlich

Aus der Bank heißt es, man sei nach diesem Prozess besonders zuversichtlich, was den Ausgang des Zivilverfahrens betrifft. Nicht der Geschäftsabschluss, sondern die Untätigkeit und das Zaudern der Stadtverantwortlichen hätten den Schaden von inzwischen 520 Millionen Euro verursacht, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme der BAWAG P.S.K.

Lukas: „Kein Freibrief für Zocker“

Trotz des Freispruchs sagt der Rechtsdekan der Universität Linz, Meinhard Lukas, dass dies „kein Freibrief für Zocker sei“. Mehr dazu in Lukas: „Kein Freibrief für Zocker“ (ooe.ORF.at).

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