Schuldsprüche im „Objekt 21“-Prozess

Im Wiederbetätigungsprozess um das „Objekt 21“ sind in der Nacht auf Dienstag in Wels alle sieben Angeklagten schuldig gesprochen und zu Haftstrafen zwischen 18 Monaten und sechs Jahren verurteilt worden. Kein Urteil ist rechtskräftig.

Sieben Stunden dauerte die Beratung der Geschworenen, bis am Montag kurz vor Mitternacht die Urteile verkündet wurden. Die beiden Hauptangeklagten erhielten Haftstrafen von vier und sechs Jahren. Ihre Verteidiger kündigten Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Die übrigen Urteile lauteten zweimal 30 Monate, davon zehn unbedingt, einmal 24 Monate, davon acht unbedingt, sowie 18 bzw. 20 Monate bedingt. In diesen Fällen erbaten sich die Angeklagten Bedenkzeit, die Staatsanwaltschaft ebenso.

Nach der Urteilsverkündung verließen die Angeklagten schweigend den Gerichtssaal :

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Die Vorsitzende begründete die Strafen mit einer generalpräventiven Wirkung, die nach außen gehen solle. Milderungsgründe sah das Gericht kaum, Einsicht oder Umkehr seien „eher nicht“ zu erwarten. Die Angeklagten nahmen die Urteile gefasst auf.

Angeklagte beim Objekt 21 Prozess

APA/rubra

Auch am letzten Verhandlungstag betraten die Angeklagten den Gerichtssaal vermummt

Im Lauf der Verhandlung schilderte eine Reihe von Zeugen aus dem Umfeld der Gruppe „Objekt 21“ die Vorgänge im Vereinslokal. Demnach prangten dort Sprüche wie „Der Führer hat immer recht“ und die mit dem Vereinslogo versehene „Reichskriegsflagge“ an der Wand. Im mit Runen ausstaffierten Partyraum, der „Waffenschmiede“, sollen einschlägige Livekonzerte stattgefunden haben.

Angeklagte beim Objekt 21 Prozess

APA/rubra

„Live aus der Waffenschmiede“

Als Beweis wurde eine CD des in rechten Kreisen bekannten „Reichstrunkenbolds“ vorgelegt, auf der als Bonus ein Track „live aus der Waffenschmiede“ zu hören ist, Auflage: 500 Stück. Ein Video zeugt zudem von „Sieg Heil“-Rufen bei einer derartigen Veranstaltung. Allerdings will keiner der Angeklagten diese Rufe gehört haben, ebenso will niemand den Wandschmuck angebracht oder die Liederabende organisiert haben.

Letzter Verhandlungstag Objekt 21

salzi.at

Der Prozess war von strengen Sicherheitsvorkehrungen begleitet

Auffällig waren die zahlreichen Tätowierungen der Männer. So tragen beispielsweise zwei einen Reichsadler auf dem Hinterkopf - in einem Fall von Haaren verdeckt, im anderen offen zur Schau gestellt. Ein Zeuge berichtete, dass die Rangordnung an Runen-Tattoos ablesbar gewesen sei. Um in der Hierarchie aufzusteigen, habe man „kriminelle Sachen“ machen müssen, so ein ehemaliger Weggefährte, der mittlerweile zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde.

Kiste mit Nazi-Devotionalien und Waffen gefunden

Aufgeflogen war die Gruppe, als bei einer Polizeikontrolle 2009 eine Kiste mit Nazi-Devotionalien und verbotenen Waffen im Wagen der Hauptangeklagten gefunden wurde. Im Lauf der Ermittlungen stellte sich heraus, dass sich der laut Eigendefinition „Kultur- und Freizeitverein“ in einem Bauernhof im Bezirk Vöcklabruck eingenistet hatte. Das Haus gehörte ausgerechnet dem Vater von Regisseur Stefan Ruzowitzky, der für sein KZ-Drama „Die Fälscher“ einen Oscar erhielt. Er wurde die unliebsamen Mieter erst mit einer Delogierung los.

Ankläger: „Rechte Szene in ihrer Brutalität“

„Sie wollten nach außen hin einen Deckmantel als Freizeit-und Kulturverein und waren im Inneren die rechte Szene in ihrer Brutalität“, hatte der Staatsanwalt in seinem Schlussplädoyer gesagt. Er ging auf die Vielzahl an Symbolen, die im Vereinslokal angebracht waren und die einige Angeklagte auf die Haut tätowiert haben, ein. Jedes Zeichen habe eine Bedeutung und stehe für „Brutalität und Gewalt im Dritten Reich“.

Beklebter Kopierer im Objekt 21

ORF

Fünf der sieben Beschuldigten seien im Vereinsvorstand gewesen und würden somit für die Aktivitäten der Gruppe haften. In Zusammenhang mit dem „Objekt 21“ steht auch ein kriminelles Rotlichtnetzwerk, dem zahlreiche Straftaten zugeordnet werden. Die beiden Hauptangeklagten gehören in diesem Verfahren ebenfalls zu den wichtigsten Beschuldigten.

Verteidiger verlangten Freisprüche

Ein Verteidiger kritisierte, dass im Prozess Dinge als nicht erlaubt dargestellt worden seien, die nicht unter das Verbotsgesetz fallen würden. „Eine Heroisierung des Soldatentums ist nicht tatbildlich“, führte er als Beispiel an. Bestraft könne nur werden, was ausdrücklich verboten sei. „Man sollte Andersdenkende nicht kriminalisieren“, so ein weiterer Verteidiger. Kein Zeuge habe politische Agitation beschrieben. „Sie haben niemandem eine Gesinnung aufs Aug’ gedrückt, sie haben niemandem Leid zugefügt“, und es gebe „keine stichhaltigen Beweise.“

Nur einer der Angeklagten war bisher unbescholten. Der Staatsanwalt wies darauf hin, dass der Erstangeklagte bereits zweimal einschlägig verurteilt worden sei, und verlangte für ihn eine Haftstrafe jenseits von fünf Jahren. Die Angeklagten hatten sich zur Wiederbetätigung nicht schuldig bekannt, zwei gaben Verstöße gegen das Waffengesetz zu. Ein Beschuldigter bat um ein faires Urteil, die übrigen schlossen sich den Ausführungen ihrer Anwälte an. Die Verteidiger hatten für alle sieben Männer einen Freispruch verlangt

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