Swap: Linz soll notfalls privatisieren

Falls Linz den aktuell am Wiener Handelsgericht anhängigen Swap-Prozess gegen die BAWAG P.S.K. verliert, soll die Stadt Tochterfirmen privatisieren. Das verlangte Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP). Bürgermeister Franz Dobusch (SPÖ) sagte: „Es ist ungehörig, was sie hier macht.“

Der Bund werde nicht für die Schulden der Stadt zahlen. „Linz muss das zusammenkratzen, was verspekuliert worden ist“, verlangt die oberösterreichische Spitzenkandidatin der Volkspartei in einem Interview mit der Zeitung „Heute“ am Mittwoch.

„Gier von beiden Seiten“

Bei dem Deal habe es „Gier von beiden Seiten“ gegeben, so Fekter. „Die Stadt hat es nicht abgesichert und über Jahre damit Millionen gecasht. Das viele Geld war den Linzern das Risiko wert.“ Kosten nun dem Bund „umzuhängen“, gehe mit Sicherheit nicht. „Die Stadt hat eine Fülle von Unternehmungen, um mit den Erlösen diese Schulden zu begleichen“, so die Ministerin, als Beispiel nennt sie Beteiligungen im Energiebereich.

Linz AG mit 700 Mio. Euro Umsatz

In dieser Branche ist der wahrscheinlich größte Brocken im Unternehmensportfolio der Stadt tätig, der Infrastrukturversorger Linz AG mit zuletzt knapp 700 Mio. Euro Umsatz, um die 16 Mio. Euro EGT und rund 2.700 Beschäftigten. Das Unternehmen, das sich zu 100 Prozent im Linzer Eigentum befindet, bedient u.a. die Versorgung mit Strom, Gas, Wasser, die Abfallentsorgung und den öffentlichen Verkehr.

Laut ihrer Homepage ist die Stadt zudem alleinige Eigentümerin des Allgemeinen Krankenhauses, der SZL Seniorenzentren Linz GmbH, der Linzer Veranstaltungsgesellschaft LIVA, des Ars Electronica Centers, der ILG (Immobilien Linz), der IKT (Informations- und Kommunikations-Technologie), der Tabakfabrik und der Stadtwache. Dazu kommen Mehrheitsanteile an der gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft GWG, am Design Center, der Linzer Lokalbahn LILO sowie je 50 Prozent am blue danube airport und an der gemeinnützigen Creative Region, die die Kreativwirtschaft in der Region unterstützen soll.

Dobusch will nichts verkaufen

Dobusch hat am Mittwoch die Forderung von Finanzministerin Maria Fekter, die Stadt solle Unternehmensbeteiligungen verkaufen, wenn sie den Swap-Prozess verliere, vehement zurückgewiesen. „Es ist ungehörig, was sie hier macht. Sie suggeriert, ‚die Stadt verliert eh‘ und erweist Linz damit einen Bärendienst“, ärgerte er sich und versicherte, die Linz AG werde nicht verkauft.

Bürgermeister gibt sich zuversichtlich

„Ich nehme an, dass wir gute Karten haben“, gibt sich Dobusch nach wie vor zuversichtlich, den Prozess gegen die BAWAG rund um den Swap-Deal, bei dem es um knapp eine halbe Mrd. Euro geht, zu gewinnen. Aus dem Mund einer Finanzministerin seien solche Äußerungen daher „unerträglich“. Fekter führe Wahlkampf „ohne Rücksicht auf Verluste“ und stärke nur der BAWAG den Rücken, so der Bürgermeister.

„Die Linz AG ist ein super Unternehmen“, sie werde schon alleine deshalb nicht privatisiert, weil man sich den öffentlichen Verkehr sonst nicht leisten könne, versicherte Dobusch. Aber auch bei anderen Beteiligungen der Stadt, etwa den 10 Prozent an der Energie AG, den 28 Prozent an der Ferngas oder den 64 an der LiWeSt, sehe er keine, die er verkaufen wolle.

„Wir haben kein Familiensilber verkauft“

„Es ist der ÖVP anscheinend ein Dorn im Auge, dass die Unternehmen in meiner Amtszeit gut gewachsen sind“, so Dobusch weiter. Die Stadt habe zwar Schulden gemacht, räumte er ein, aber „wir haben kein Familiensilber verkauft, sondern ausgebaut“. Das Land Oberösterreich habe hingegen in den vergangenen 15 Jahren Vermögen im Wert von drei Mrd. Euro veräußert. „Darüber wird nicht geredet.“ Auch zu Spekulationsgeschäften in Niederösterreich oder Salzburg habe Fekter nichts gesagt. Der Stadtchef wirft der Ministerin zudem vor, sich nicht einmal um die Unterlagen der Finanzmarktaufsicht in der Causa bemüht zu haben und nichts zur Aufklärung beizutragen.

„Fekter macht Linz schlecht“

Auch SPÖ-Landesgeschäftsführer Christian Horner konterte mit scharfer Kritik an Fekter: „Sie steht nicht zu ihrer Landeshauptstadt, weil sie die untragbaren Geschäftspraktiken der Banken vor 2008 nicht einmal untersuchen lässt. Statt dessen tritt sie immer wieder dafür ein, dass unser Land alles verkauft, was nicht niet- und nagelfest ist.“ Er warf der Ministerin vor, Linz schlecht zu machen.

FPÖ: „Peinliche Wahlkampfrhetorik“

Für den freiheitlichen Klubchef im Gemeinderat, Markus Hein, ist der Vorschlag Fekters „peinliche Wahlkampf-Rhetorik“. „Bevor lebensnotwendige Infrastruktur verkauft wird, soll der Sparstift bei Prunkbauten wie dem teuren Musiktheater angesetzt werden“, schlägt er vor, betonte aber, dass ein Ende des Verfahrens weit entfernt und die „zumindest teilweise Mitverantwortung der BAWAG offenkundig“ sei.

Hein hält sowohl „SPÖ-Politiker, die für nichts verantwortlich sein wollen“, als auch „ÖVP-Politiker, die das Eigentum des ‚feindlichen‘, weil derzeit noch roten, Linz womöglich eilig und daher billig verkaufen wollen“, gleichermaßen für deplatziert. „In erster Linie müssen unsere Politiker über Parteigrenzen hinweg zusammenstehen und verhindern, dass sich ein US-amerikanischer Investmentfonds auf unsere Kosten als lachender Dritter die Hände reibt“, appellierte er in einer Aussendung an beide Seiten.

Grüne: „Nebelgranaten im Wahlkampf“

„Finanzministerin Fekter wirft mit ihren Privatisierungsgelüsten Nebelgranaten in den Wahlkampf“, kritisierte die Spitzenkandidatin der oberösterreichischen Grünen, Gabriela Moser, am Mittwoch in einer Aussendung. Sie solle stattdessen die Kontrollinstrumente der Finanzmarktaufsicht so ausstatten, „dass in Zukunft solche Katastrophen frühzeitig erkannt und verhindert werden können“. Es sei höchst an der Zeit, dass sowohl die Linzer SPÖ als auch die Ministerin in Sachen Swap klaren Tisch machen.

SPÖ: „Fekter aus dem Wahlkampf zurückzuziehen“

SPÖ-Landeschef Landeshauptmannstellvertreter Josef Ackerl forderte ÖVP-Landeschef Landeshauptmann Josef Pühringer auf, die oberösterreichische Spitzenkandidatin Fekter „aus dem Wahlkampf zurückzuziehen“. „Statt die Rolle der BAWAG P.S.K. zu hinterfragen, fällt sie Linz in den Rücken“, kritisierte er in einer Aussendung. Die Ministerin habe „schon so viel an Porzellan zerschlagen“, in der Causa Swap lasse sie jede Objektivität vermissen und schade damit Oberösterreich, so Ackerl.

Mayr will „gänzliches Entschlagungsrecht“

Mayr, der sich in der Zwischenzeit auch mit einer Strafanzeige im Zusammenhang mit der Linzer Swap-Affäre konfrontiert sieht, strebt laut seinem Anwalt Josef Weixelbaum bei seiner Befragung am Mittwoch am Handelsgericht Wien ein „gänzliches Entschlagungsrecht“ an.

Die österreichische Zivilprozessordnung (ZPO) sehe nach Meinung einiger Experten zwar nur ein Entschlagungsrecht zu einzelnen Punkten der Befragung vor, die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) sehe aber ein vollständiges „Selbstbeschuldigungsverbot“ vor, so sein Anwalt Josef Weixelbaum unmittelbar vor Beginn der Einvernahme von Mayr. „Mayr sollte ein gänzliches Entschlagungsrecht zugestanden werden. Entscheiden wird der Richter“, meinte Weixelbaum.

„Keine Stellungnahme“

Mayr selbst wollte vor seiner bevorstehenden Einvernahme keine Stellungnahme abgeben. „Ich bin Privatperson“, betonte der Ex-Finanzstadtrat (SPÖ).

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