Kritik am „Datensammler“ Staat

Mit der Zentralisierung der Staatsbürgerschafts- und Personenstandsregister im Innenministerium haben Datenschützer wenig Freude. Die ARGE Daten findet vor allem die ungehinderten Suchmöglichkeiten für Behörden bedenklich.

Datenschutz und Privatsphäre gehörten in den vergangenen Jahren zu den großen Themen, besonders was die Sicherheit im Internet betrifft. Vor allem große Konzerne aus den USA, wie Facebook und Google, waren und sind wegen ihrer umfangreichen Sammlungen privater Nutzerdaten im Kreuzfeuer der Kritik. Dass aber auch der Staat zu den großen „Datensammlern“ gehört, geriet dabei fast ein wenig in Vergessenheit.

Zentrale Datenbestände

Geburt, Personenstand, Geschlecht, Partnerschaft, Eltern und Kinder, Herkunft und Staatsbürgerschaft - das Wissen über die Bürger sammelt in Österreich das Innenministerium in großen Datenbanken wie dem Zentralen Melderegister und seit 1. April auch im Zentralen Staatsbürgerschaftsregister und dem Zentralen Personenstandsregister.

Lokale Abfragen

Eigentlich handelt es sich dabei nur um harmlose Informationen, die sowieso bereits bei den Ämtern aufliegen - wo ist das Problem, fragt sich da der arglose Bürger. Das Problem sei, so sagen die Datenschützer, dass diese persönlichen Daten bisher nur bei den lokalen Ämtern bekannt waren und jetzt in einer großen Datenbank zusammengeführt werden. Und auf diese Datenbank könnte dann aus ganz Österreich zugegriffen werden.

Damit können demnächst ganze Familiennetzwerke und persönliche Zusammenhänge auf Knopfdruck abgerufen und angezeigt werden. Rasterfahndungen nach weltanschaulichen Anschauungen oder homosexuellen Paaren wären möglich, so Hans Zeger von der ARGE Daten im Gespräch mit dem ORF Oberösterreich.

Spekulieren von Behörden wird erleichtert

Endlose Spekulationen wären etwa bei gemischt-ethnischen oder Patchwork-Familien möglich, befürchtet Zeger : „Dass da etwa eine Zwangsehe drinnen ist, oder eine Scheinehe, dass irgendwelche Dinge missbraucht werden, obwohl das dann gar nicht der Fall ist.“ Das Spekulieren von Behörden werde erleichtert und gleichzeitig den Bürgern ein Neuanfang erschwert, wenn er aus einer Gemeinde wegzieht.

Restriktivere Abfragemöglichkeiten als Lösung

Das große Problem sei aber nicht unbedingt die Zusammenführung der Daten in Wien, sondern der Umstand, dass laut ARGE Daten die Ämter unbeschränkt darauf zugreifen können. Restriktivere Abfragemöglichkeiten wären hier die gewünschte Lösung, so Zeger: „Das heißt, dass es vielleicht schon ein zentrales Register gibt, in dem ich als Person meine Unterlagen anfordern kann. Dass aber zum Beispiel Abfragen über Eltern, Kinder und Familienverhältnisse nicht allgemein möglich sind, sondern erst durch einen konkreten Anlassfall, durch einen Gerichtsbeschluss, dass eben solche Spekulationen nicht mehr möglich sind.“

Am 1. April wurde begonnen, die neuen Staatsbürgerschafts- und Personenstandsregister mit Daten zu füllen, der vollständige Betrieb soll am 1. November dieses Jahres beginnen.

Thomas Riha, ooe.ORF.at

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