Überraschungscoup gegen Kraftwerksplan

Einen Knalleffekt gibt es jetzt rund um ein umstrittenes Kraftwerksprojekt in Steyr. Ein Teil des Grundstücks, auf dem das Kraftwerk mitten im Stadtgebiet hätte errichtet werden sollen, wurde an die Naturschutzorganisation WWF verkauft.

Mitten im Stadtgebiet, zwischen der Altstadt und dem Stadtteil Münichholz bei der Rederinsel, soll das neue Ennskraftwerk gebaut werden. Das ist zumindest der Wunsch des Betreibers Ennskraftwerke AG. Seit die ersten Pläne in der Stadt bekanntgeworden waren, teilte das Projekt die Meinungen der Steyrer.

Steyr am See

Auf der einen Seite stehen die Befürworter, die schon im aufgestauten Wasser vor dem Kraftwerk einen See inklusive Naherholungsgebiet mitten in der Stadt vor sich sahen. Auf kleinen Elektrobooten hätten Besucher die malerische Altstadt vom Fluss aus bewundern und Steyr einen lange ersehnten touristischen Impuls geben können. Natürlich wäre auch Strom erzeugt worden, wenn auch viel weniger als in den deutlich größeren Kraftwerken entlang der Enns.

Steyr Zwischenbrücken

Thomas Riha

Das bekannte Stadtbild von Steyr hätte sich durch den Rückstau verändert

Zerstörtes Stadtbild?

Auf der anderen Seite stehen die Kraftwerksgegner, die sich kein Steyr am stillen Wasser vorstellen konnten. Vor einem zerstörten Stadtbild wurde gewarnt, wenn die Enns nicht mehr an der Altstadt entlangfließt. Das wichtigste Argument für die Kraftwerksgegner, die sich inzwischen zur Bürgerinitiative „Rettet die fließende Enns“ formiert hatten, war aber der Naturschutz. Der vier Kilometer lange Flussabschnitt in Steyr ist das letzte frei fließende Stück der Enns in Oberösterreich und mit seinen Schotterbänken für viele Tiere ein wichtiger Lebens- und Rückzugsraum. Vor allem für Fischarten wie Äschen und Nasen sei das Stück Enns besonders wichtig, weil deren Laichplätze bei den Schotterbänken liegen.

Die Ennskraftwerke AG machte indessen mit den Plänen für das Kraftwerksprojekt weiter. Ein wichtiges Stück fehlte aber noch im Puzzle. Um das Kraftwerk bei der Rederinsel bauen zu können, musste auch der Grund dort gekauft werden, der im Privatbesitz einer Steyrer Familie ist. Von der Familie war nur zu hören, dass man nicht daran denke, den Grund für das Kraftwerk zu verkaufen.

Überraschendes Immobiliengeschäft

Jetzt wurde zwar ein Teil des Grundstücks verkauft - aber es kam ganz anders, als sich die Kraftwerksbefürworter das vorgestellt hatten: Etwa die Hälfte der Insel gehört jetzt der Naturschutzorganisation World Wildlife Fund for Nature (WWF), was einen Kraftwerksbau an dieser Stelle wohl völlig ausschließt. Der Kauf wurde noch im November abgewickelt, kam aber erst jetzt an die Öffentlichkeit. Über den Preis wurde Stillschweigen vereinbart.

Die Rederinsel in Steyr

WWF/Mohl

Ein Teil dieser Insel wurde an den WWF verkauft

Man sei nicht gegen die Nutzung der Wasserkraft zur Stromerzeugung, sagen die Naturschützer des WWF, aber dieses Flussstück sei für viele Tierarten zu wichtig. Es sei nicht nur darum gegangen, das Kraftwerk zu verhindern, sondern man wolle vor allem der Landesregierung empfehlen, diesen Abschnitt unter Naturschutz zu stellen, sagte Christoph Waldner, Experte für fließende Gewässer beim WWF.

Jubel bei Bürgerinitiative

„Auf der sicheren Seite zu sein ist sehr angenehm“, sagte Kurt Prack, der Sprecher der Steyrer Bürgerinitiative. Er sieht für das Kraftwerk keine Chance mehr und kritisiert, dass die Ennskraftwerke AG das Geld der Stromkunden für die Planung eines Projekts verschwendet habe, für das es von Anfang an nicht viel Chance gegeben habe.

Denkpause bei Ennskraftwerken

Bei den Ennskraftwerken will man sich dagegen erst einmal auf den neuen Sachverhalt einstellen. Eine Entscheidung, wie es mit den Steyrer Kraftwerksplänen weitergehen wird, soll frühestens bei der nächsten Aufsichtsratssitzung Mitte Februar fallen.

Thomas Riha, ooe.ORF.at

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