Kitzmüller fordert Schonfrist für Regierung

Die Dritte Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller (FPÖ) fordert eine Schonfrist für die neue ÖVP-FPÖ-Regierung. „Jeder bekommt die 100 Tage Schonfrist, die diese Regierung jetzt nicht bekommen hat“, sagte die Mühlviertlerin im APA-Interview.

„Wir haben im Regierungsprogramm sehr viel erarbeitet. Das muss jetzt alles in Gesetze gepackt werden. Wenn die Ergebnisse am Tisch liegen, dann kann man das kritisieren oder für gut heißen“, so Kitzmüller, die ihre Partei in der Regierung angekommen sieht.

Anneliese Kitzmüller, Dritte Nationalratspräsidentin

Parlamentsdirektion/Thomas Jantzen

Anneliese Kitzmüller am Rednerpult, Nationalratssitzung 13.12.17

Regierungsprogramm mitverhandelt

Ihr Amt als Dritte Nationalratspräsidentin möchte die FPÖ-Politikerin, die das Regierungsprogramm mitverhandelt hat, „überparteilich und ausgleichend“ anlegen, und sie wolle weiter ihre Themenschwerpunkte Vertriebene und Familie im Fokus behalten.

Die 59-Jährige war in ihrem Wohnort Kirchschlag bei Linz (Bezirk Urfahr Umgebung) im Gemeinderat, stellvertretende FPÖ-Obfrau und ist seit 2008 im Nationalrat. Sie ist im Zuge der Regierungsbildung anstelle von Norbert Hofer ins Nationalratspräsidium eingezogen.

„Burschenschaften keine FPÖ-Vorfeldorganisationen“

Die jüngste Debatte um Verbindungen zwischen den Freiheitlichen und rechten Burschenschaften sieht Kitzmüller, die selbst Mitglied in der Mädelschaft Iduna zu Linz sowie der pennalen Mädelschaft Sigrid zu Wien ist und in ihrem Kabinett auch Burschenschafter beschäftigt, gelassen. "Die FPÖ hat nicht die Schirmherrschaft über die Burschenschaften. Eine Burschenschaft ist auch keine Vorfeldorganisation der FPÖ.

Die Burschenschafter, mit denen ich zu tun hatte, waren alles normale Leute." Einen „Narrensaum“, wie es der oberösterreichische FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner formulierte, habe sie nicht festgestellt. Auch antisemitische oder rassistische Lieder habe sie nicht erlebt. „Die gab’s in den Verbindungen und in meiner Gegenwart nicht.“

„Psychohygiene“ hält aber auch Kitzmüller für angebracht. „Man muss natürlich schauen, welche Verquickungen es im dritten Lager und bei den Burschenschaften gibt. Es versteht sich von selbst, dass diese Gedanken, die da verbreitet wurden, bei uns nichts zu suchen haben“, so die Präsidentin in Anspielung auf die NS-Liedgut-Affäre um die Wiener Neustädter Burschenschaft Germania und den niederösterreichischen FPÖ-Spitzenkandidaten Udo Landbauer.

„Bin glühende Österreich-Patriotin“

Die von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache angekündigte Historikerkommission zur Aufarbeitung der Geschichte des dritten Lagers und der FPÖ hält Kitzmüller für „per se nichts Schlechtes. Das ist sicher eine gute Ausgangslage, um allen linken Kräften entgegenzuwirken, die uns immer wieder Böses wollen.“ Zwischen dem inszenierten Österreich-Patriotismus der FPÖ und den deutschnationalen Traditionen der Burschen- und Mädelschaften sieht Kitzmüller übrigens keinen Widerspruch. „Ich bin eine glühende Österreich-Patriotin und liebe mein Heimatland, vor allem mein Oberösterreich und mein Mühlviertel. Das spricht aber nicht dagegen, dass ich mich dem deutschen Kulturkreis zugehörig fühle.“

Für die als rechtsextrem eingestufte „Aula“ würde Kitzmüller heute aber nicht mehr schreiben. Ein Artikel in der weit rechts stehenden Zeitschrift, die in der Vergangenheit mit antisemitischen und rassistischen Inhalten für Aufsehen gesorgt hatte, brachte Kitzmüller einige Kritik und Zuschreibungen wie „rechtes Mädel“ oder „völkische Verhandlerin“ ein. „Ich hab damals für die ‚Aula‘ geschrieben, weil man mich gebeten hat, meinen Standpunkt zu Familie zu vermitteln, und das habe ich gemacht. Ich muss ja, wenn ich einen Artikel für eine Zeitung schreibe, nicht mit dem Inhalt dieser Zeitschrift einverstanden sein. Auch viele Leserbriefe werden von Leuten geschrieben, die mit dem Inhalt der Zeitung nicht einverstanden sind. Aber ich würde es heute nicht mehr machen.“

Kritik an Medien

Kritik übte Kitzmüller an der Rolle mancher Medien. „Meine Erfahrung ist, dass viele Medien - ich möchte nicht alle über einen Kamm scheren - komplett unreflektiert Meinungen oder Themen verbreiten, die Fake News sind. Ich bin ja selbst Opfer einer absoluten Falschmeldung geworden.“ Die Freiheitliche spielt damit auf Medienberichte an, in denen fälschlicherweise behauptet wurde, dass sie vor einigen Jahren an einem Rechtsextremen-Treffen teilgenommen haben soll, bei dem auch der verurteilte Neonazi Gottfried Küssel zugegen war.

„Weder kenne ich den Herrn, noch war ich zu der Zeit dort, noch bin ich die Frau auf dem Foto“, sagte Kitzmüller. Das sei auch schnell klar gewesen, „aber dann noch provokant solche Falschmeldungen zu bringen, bringt glaube ich alle Medien in Misskredit“. Ein medienrechtliches Verfahren sei deshalb im Laufen. „Es ist ja nicht mal eine Entschuldigung gekommen. Man kann sich nicht alles gefallen lassen. Das geht nicht.“

Vorfahren aus Westukraine vertrieben

Kitzmüllers Vorfahren haben Flüchtlingshintergrund. Sie lebten einst als Buchenlanddeutsche in Czernowitz in der heutigen Westukraine und wurden vertrieben, weil sie Alt-Österreicher waren. Ein „echter Flüchtling“ ist für die Nationalratspräsidentin „ein Flüchtling, der aufgrund religiöser oder rassistischer Verfolgung die Heimat verlassen hat“. Und Flüchtlinge „sollten in ihrem Kulturkreis und in der Nähe ihrer Heimat betreut werden, von wo sie flüchten mussten, um dann, wenn der Fluchtgrund wegfällt, ihre Heimat wieder aufzubauen“, so Kitzmüller. „Flüchtlinge sollten gar nicht so weit reisen müssen. Denen tut man ja nichts Gutes. Die haben einen Kulturschock und kommen mit dem Leben, das wir hier führen, gar nicht zurecht. Sie kennen die Sprache nicht, kennen die Gewohnheiten nicht, kennen die Sitten nicht. Dass die dann verwirrt sind, ist ja kein Wunder.“