LRH: Gemeindeamt St. Wolfgang ist Schwarzbau

Ein vernichtendes Urteil hat der Landesrechnungshof (LRH) nach einer Sonderprüfung der Gemeinde St. Wolfgang gefällt. Der LRH fand zahlreiche Ungereimtheiten in der Gemeindeverwaltung, selbst das Gemeindeamt ist ein Schwarzbau.

Die Sonderprüfung war von der Landesregierung in die Wege geleitet worden, nachdem bekannt geworden war, dass über Jahre hinweg fast 1.000 Bauakte unerledigt geblieben waren. Der Landesrechnungshof geht davon aus, dass die Mängelliste sogar noch erweitert werden muss. In der Gemeindeverwaltung von St. Wolfgang (Bezirk Gmunden) sei nur wenig so gelaufen, wie es sollte - die Summe an Mängel und Problemen kam aber selbst für die Prüfer überraschend.

St. Wolfgang, Ortsansicht

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Ortsansicht St. Wolfgang

Seit 2006 fehlen z.B. Erschließungsbeiträge

Zuallererst gehe es natürlich um die Probleme in der Bauverwaltung: Der Landesrechnungshof prüfte stichprobenartig und fand heraus, dass viele Baubewilligungen fehlen, obwohl die Gebäude schon errichtet sind; seit 2006 wurden offenbar keine Aufschließungs- und Erhaltungsbeiträge für Umwidmungen eingehoben. Für die Gemeinde bedeutete diese Praxis den Entgang von Einnahmen - in welcher Höhe, darüber wollen die Prüfer keine Hochrechnung anstellen. Viele Ansprüche seien zudem verjährt.

Verfahren gegen Bürgermeister

In seinem Prüfbericht spricht der Landesrechnungshof auch davon, dass die langjährig geübte Praxis in der Gemeinde zu einer eigenen Rechtskultur geführt habe, und kritisiert wörtlich die „konsequente Untätigkeit“ der Gemeinde. Die Staatsanwaltschaft habe inzwischen gegen den früheren Bürgermeister und zwei Gemeindemitarbeiter ein Strafverfahren eingeleitet.

Erst die seit Herbst 2015 im Amt befindliche neue Gemeindeführung versuche, die Situation zu verbessern, betonten die Prüfer in ihrem Bericht - der noch einige andere brisante Punkte umfasst. Die Haushalts- und Finanzsituation sei angespannt - Hauptursache sei die gesetzwidrige Vorgangsweise der Marktgemeinde bei der Abwicklung von Investitionsvorhaben.

Mehrere Schwarzbauten

Bauprojekte wurden zum Beispiel begonnen, ohne dass die nötigen Einnahmen vorhanden oder gesichert waren. Laut Prüfern besonders pikant sei, dass es selbst für die von der gemeindeeigenen Gesellschaft betriebenen Projekte - der Umbau des Amtshauses und der Volksschule - keine Baubewilligung, es handelt sich also um Schwarzbauten.

Weil die Verantwortlichen in dieser Gesellschaft, die eigentlich wegen der Steuerersparnis gegründet worden war untätig gewesen seien und jahrelang keine Abrechnung stellten, verpasste die Gemeinde die Chance, 100.000 Euro an Zinsen zu sparen. St. Wolfgang müsse nun nicht nur rasch die Verwaltung auf Vordermann bringen - sie müsse sich intensiv auch um eine Sanierung des Haushaltes kümmern, hieß es.

FPÖ, Grüne und SPÖ fordern Konsequenzen

Der für die Gemeindeaufsicht verantwortliche Landesrat Elmar Podgorschek (FPÖ) verlangte, die aufgezeigten Mängel sollten rasch behoben werden. Das im Prüfbericht erwähnte Sanierungskonzept sollte ehestmöglich realisiert werden.

Die Dritte Landtagspräsidentin Gerda Weichsler-Hauer (SPÖ) sprach im Pressedienst ihrer Partei mit Bezug auf den Landesrechnungshofbericht von einem „Polit-Skandal“, der lückenlos aufgeklärt werden müsse. Die Vielzahl an aufgezeigten Verstößen lasse auf ein besonderes Ausmaß an politischer Sorglosigkeit in der ÖVP-geführten Gemeinde schließen.

Die Grünen kritisierten, dass es dem LRH nicht möglich war, bei der Sonderprüfung auch Landesabteilungen unter die Lupe zu nehmen. Der von Land erteilte Auftrag zur Sonderprüfung betraf nur das Handeln der Gemeinde, worauf der LRH auch hinwies, so die Grünen. Klubobmann Gottfried Hirz sprach von einem „kompletten Versagen auf allen Ebenen“.

Der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Wels Christian Hubmer teilte mit, den Bericht des LRH habe man erhalten. Er werde in die laufenden Ermittlungen einbezogen. Eine zeitliche Finalisierung sei noch nicht absehbar.